Der Fraktionsvorsitzende der SPD im baden-württembergischen Landtag, Andreas Stoch, sieht eine Absenkung des Wahlrechts im Südwesten positiv. Foto: dpa/Christoph Schmidt

War die Aufnahme neuer Schulden wegen der Coronapandemie in Ordnung? Und kommt in Baden-Württemberg das Wahlrecht ab 16 Jahren? SPD und FDP im baden-württembergischen Landtag haben ihre Positionen nach der Sommerpause deutlich gemacht.

Stuttgart - Debatten um neue Schulden wegen der Coronapandemie und weitgehende Einstimmigkeit in Bezug auf eine Reform des Landtagswahlrechts: Bei Fraktionsklausuren haben SPD und FDP im Landtag ihre Positionen für die nächsten Monate abgestimmt. Ein Überblick.

Der Landeshaushalt: Der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Stoch spricht von „Sandkastenspielen“, der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke von einem höchst unseriösen Ansatz: Die Oppositionsparteien im baden-württembergischen Landtag kritisieren die Haushaltspolitik der Landesregierung scharf. Konkret geht es darum, dass Grün-Schwarz in einem Nachtragshaushalt neue Schulden aufgenommen hat, im Etat für das kommende Jahr aber wieder Spielraum für neue Ausgaben sieht. Der Haushalt für 2022 soll am Freitag festgezurrt werden. „Die Frage ist, warum man nicht abgewartet hat, bevor man klarer sieht. Dieses Haushaltsgebaren verstößt gegen die Schuldenbremse und damit gegen die Landesverfassung“, so Rülke. Er sieht sich und seine Fraktion darin bestärkt, eine Klage gegen den letzten Landeshaushalt „baldmöglichst“ voranzubringen, für den die Regierung wegen der Pandemie erneut eine Ausnahme von der Schuldenbremse macht.

Das Landtagswahlrecht: Seit Monaten wird in Baden-Württemberg darüber diskutiert, ob oder inwiefern das Landtagswahlrecht reformiert werden kann. „Die SPD findet die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre positiv“, sagte der Vorsitzende der Landtagsfraktion Andreas Stoch. Auch eine Einführung des Zwei-Stimmen-Wahlrechts mit geschlossenen Landeslisten stünde schon lange im Parteiprogramm. „Es geht darum, den Frauenanteil im Landtag zu erhöhen und auch andere gesellschaftliche Gruppen stärker abzubilden“, so Stoch. Trotzdem müsse man noch Detailfragen klären. Ähnlich sieht das die FDP-Fraktion: „Wo wir mit Sicherheit mitgehen werden, ist bei der Absenkung des aktiven Wahlrechts auf 16 Jahre und bei der Einführung einer Zweitstimme“, sagte Rülke. Fragen gebe es allerdings noch im Hinblick auf die Einführung einer geschlossenen Landesliste. Rülke warnte vor einer Aufblähung des Landtags durch ein neues Wahlrecht. Die FDP wünsche sich hierzu Modellrechnungen von Grünen und CDU.

Die Coronapolitik: Unterschiedliche Corona-Auflagen für Geimpfte oder Genesene und Ungeimpfte – die SPD-Fraktion im Landtag hält das für vertretbar. „Rechtlich gilt: Ungleiches kann auch ungleich behandelt werden“, so Stoch. Die FDP-Fraktion sieht die sogenannte 2G-Regelung dagegen für „unverhältnismäßig“. Bei ihrer Klausurtagung hat sie zudem auch die Folgen der Pandemie in den Blick genommen. Zentrale Forderungen sind etwa die Stärkung der Innenstädte, Flexibilität für Unternehmen etwa im Hinblick auf Wochenarbeitszeiten und einen Schub bei der Digitalisierung im Land: „Nur an einer Stelle ist die Landesregierung da schnell: Beim Steuerprangerportal“, so Rülke.

Der Klimaschutz: Die SPD-Fraktion kritisiert ein „Umsetzungsdefizit“ der Landesregierung im Hinblick auf die Energiewende in den vergangenen Jahren – und fordert einen Schub etwa für neue Windkraftanlagen oder Freiflächen-Fotovoltaik. Auch Hans-Ulrich Rülke hält Investitionen in diesem Bereich für notwendig: „Wir können uns das leisten, wenn wir umsteuern im Landeshaushalt.“ Konsumptive Ausgaben etwa für Beamte in Ministerien, für Staatssekretäre müssten zurückgeführt werden, so Rülke.