Neun Wochen alte Katzenbabys liegen in der Quarantänestation vom Katzenhaus im Tierheim in Hannover (Archivbild) Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Stuttgart hinkt noch hinterher. Doch Mannheim und viele kleine Gemeinden in Baden-Württemberg haben sie – eine Katzenschutzverordnung. Tierhalter werden darin verpflichtet, ihre Stubentiger registrieren zu lassen. Doch Tierschützern gehen die Regelungen nicht weit genug, weil anders als etwa in Berlin eine Kastrationspflicht fehlt.

Streunerkatzen sind scheue Tiere. Deshalb bekommt man sie auch so selten zu Gesicht. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht in Scharen vor allem in Städten dahinvegetieren. Streunerkatzen sind überall. Nach Angaben von Tierschutzverbänden gibt schätzungsweise zwei Millionen herrenlose Katzen in Deutschland, die früher einmal Hauskatzen waren oder deren Nachkommen sind.

Das traurige Leben von Streunerkatzen

Streunerkatzen sind immer auf der Suche nach Futter - ausgemergelt und verwahrlost, geschwächt und ungeimpft, von Parasiten geplagt. Unheilbare Krankheiten wie der Feline Immunodeficiency Virus (FIV, auch Katzenaids genannt) breiten sich unter streunenden Katzen schnell aus. Auch vor Hauskatzen, die mit Streuern in Kontakt kommen, machen Krankheitserreger nicht Halt.

Die Zahl der Streunerkatzen nimmt stetig zu - auch weil verantwortungslose Katzenbesitzer ihre Freigänger nicht kastrieren lassen (wollen) und viele Kommunen nicht willens sind, die gesetzlich vorgeschriebene Kastrationspflicht umzusetzen.

Mannheim: Registrierung, aber keine Kastrationspflicht

In Mannheim, Baden-Württembergs zweitgrößter Stadt, gilt seit dem 22. Juni 2023 eine Katzenschutzverordnung. Seitdem müssen Katzenhalter ihre Tiere registrieren lassen. Ziel ist eine unkontrollierte Vermehrung der Tiere und damit einhergehendes Leid einzudämmen. Kritikern fehlt allerdings eine Kastrationspflicht. Zudem monieren sie, dass es keine Konsequenzen hat, wenn man sein Tier nicht registrieren lässt.

Dies können Besitzer entweder über elektronisch lesbare Mikrochips machen, die mittels einer Injektionsnadel seitlich am Hals der Katze eingesetzt werden, oder über Ohrtätowierungen durch einen Tierarzt. Halter und Halterinnen müssen ihre Tiere darüber hinaus in das Haustierregister des Vereins Tasso oder des Deutschen Tierschutzbundes (Findefix) eintragen lassen. Das kostet nichts.

Nur Streuner sind von der Neuregelung betroffen. Wenn diese gefangen werden und sich innerhalb von 48 Stunden kein Halter meldet, kann die Stadt sie kennzeichnen, registrieren, kastrieren und an den Ort des Auffindens zurückbringen lassen. Wird danach noch ein Halter ermittelt, muss er die Kosten erstatten.

Stuttgart hinkt hinterher

Auch in Karlsruhe ist vor kurzem eine solche Verordnung vom Gemeinderat einstimmig beschlossen worden. So weit ist Stuttgart noch nicht. Die CDU-Gemeinderatsfraktion hat einen Antrag eingereicht, der eine Katzenschutz-Verordnung zum Ziel hat.

Schon vor zwei Jahren hat es einen solchen Vorstoß gegeben, der allerdings an der Stadtverwaltung scheiterte. Dabei sei die Situation der streunenden Katzen in Karlsruhe „grundsätzlich auf Stuttgart übertragbar“, heißt es im CDU-Antrag.

Kastrationspflicht ist gesetzlich vorgeschrieben

Generell ist die Kastration von frei laufenden Hauskatzen bundesweit verpflichtend. 2013 wurde das Tierschutzgesetz um den Paragrafen 13b, die sogenannte Verordnungsermächtigung für die Landesregierungen, ergänzt. Wenn davon Gebrauch gemacht werde, entspricht die Regelung „de facto einer Kastrationspflicht für Haus- und Hofkatzen mit Freigang“, heißt es im Tierschutzbericht der Bundesregierung.

Baden-Württemberg hatte 2013 als erstes Bundesland eine Kastrationspflicht beschlossen. Es folgten weitere Länder wie Bayern, Hessen und Sachsen-Anhalt. Allerdings kann jede Kommune im Südwesten selbst entscheiden, ob sie einen solchen Schritt für notwendig erachtet oder nicht. Bisher nutzen diese laut Landestierschutzbund mehr als 30 kleine Gemeinden von Aidlingen (Kreis Böblingen) bis Wurmberg (Enzkreis).

Berlin ist Vorreiter beim Katzenschutz

Im Mai 2021 beschloss der Berliner Senat eine Katzenschutzverordnung, die auch eine Kastrationspflicht für alle frei laufenden Katzen (und nicht nur für Streuner) einschließt. Seitdem dürfen Tierhalter ihre Kater und Katzen nur noch frei herumlaufen lassen, wenn diese kastriert sind. Außerdem müssen die Tiere gekennzeichnet und registriert sein.

Info: Kastration von Katzen

Gebärfreudigkeit
Katzen können zwei- bis drei Mal pro Jahr durchschnittlich fünf bis sechs Kitten zur Welt. Man kann sich also leicht vorstellen, dass eine Population ohne Eingriff des Menschen in nur wenigen Jahren stark anwächst. Sorgenkinder sind vor allem Kater, deren Besitzer oft nur wendig Interesse an einer Kastration haben. Das liegt zum einen an den Kosten: Die Kastration eines Katers kostet rund 100 Euro, die einer Kätzin 150 bis 200 Euro. Zum anderen ist es vielen Kater-Besitzern schlicht egal, ob ihre Tiere unkontrolliert Nachwuchs zeugen.

Kastration
Für verantwortliche Katzenbesitzer ist es selbstverständlich, ihre Tiere, wenn sie geschlechtsreif werden – je nach Rasse ab dem fünften bis zwölften Monat –, kastrieren zu lassen. Das beugt nicht nur ungewollten Schwangerschaften vor , sondern schützt die Katzen auch vor Infektionen, Krankheiten und Verletzungen. Bei einer Kastration wird die weitere Produktion von Geschlechtshormonen unterbunden. Dies geschieht durch die Entfernung der „Keimdrüsen“. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um männliche Keimdrüsen (beide Hoden) oder aber um weibliche Keimdrüsen (Eierstöcke) handelt. Sowohl männliche als auch weibliche Katzen werden kastriert.

Sterilisation
Bei einer Sterilisation bleiben Hoden und Eierstöcke dort, wo sie sind. Es wird nur verhindert, dass Samen- oder Eizellen weiter transportiert werden können. Da die Keimdrüsen nicht entfernt werden, sind Katzen weiterhin rollig und Kater bleiben kampfeslustig und markieren weiterhin mit ihrem übel riechenden Urin.

Rolligkeit
Katzen, die nicht befruchtet oder kastriert werden, sind dauerrollig. Sie sind dann quasi permanent paarungsbereit und großen hormonellen Belastungen ausgesetzt. Wenn sie Freigänger sind, können sie sich – genauso wie Kater – auf der Suche nach einem Geschlechtspartner weit von Zuhause entfernen. Dabei dringen sie nicht nur in die Reviere anderer Katzen ein – was bedeutet: Kampf und Gefahr von Verletzungen –, sondern müssen auch viele gefährliche Straßen queren. Die meisten Katzen werden während der Paarungszeit überfahren.

Verletzungsgefahr
Unkastrierte Kater legen nach Einsetzen der Geschlechtsreife mit fünf, sechs Monaten auf der Suche nach einem Weibchen oft viele Kilometer zurücklegen. In Katerkämpfen kommt es häufig zu Infektionen mit FIV (Katzen-Aids) oder FeLV (Feline Leukämie, auch Leukose genannt) und zu schweren, bisweilen tödlich Verletzungen.