In Nieby östlich von Flensburg steht der gelungene Umbau einer alten Bauernkate. Foto: p.222-223 José Campos, Upgrade Your House / Das Upgrade Fürs Haus, gestalten 2023/José Campos

Ein neuer Bildband über vorbildlich sanierte Wohnbauten zeigt in eindrücklichen Beispielen, wie das Umbauen und Wohnen von morgen schon heute gelingt.

Wohnen ging schon mal leichter, sagt einem das Gefühl. Gerade in einem Land wie Deutschland, wo mehr als die Hälfte der Menschen zur Miete wohnt. Vorbei die Zeiten, als man seine sieben Sachen packte und einfach von A nach B zog, weil ebenda eine neue Liebe oder eine besser bezahlte Arbeit auf einen wartete.

Selbst Gutverdiener finden heute kaum noch bezahlbaren Wohnraum, nicht selten müssen Familien in den Großstädten die Hälfte ihres Budgets für die Miete und die Nebenkosten abknapsen. Der Immobilienmarkt ist völlig durcheinandergeraten, glücklich können sich nur jene schätzen, die in einem abbezahlten Eigenheim leben, eine größere Erbschaft erwarten oder einen mildtätigen Vermieter haben.

Dabei gäbe es genügend Wohnraum in diesem Land, man muss gar nicht so viel neu bauen, was ja ohnehin nicht gut fürs Klima ist. Gebäudesanierung ist das Zauberwort, kein sehr poetisches, aber ein überaus wirksames, wenn die Fachleute es richtig einzusetzen wissen.

Wie das Umbauen, Renovieren und Sanieren von Bestandsbauten auf der ganzen Welt beispielhaft gelingen kann, hat der Verlag Gestalten nun in einem eindrucksvollen Bildband illustriert und verständlich betextet, auch mit wertvollen Tipps für die eigene Planung.

Beispiele aus Kyoto und an der Ostseeküste

Dass der üppige Band mit dem etwas zu modisch ausgefallenen Titel „Das Upgrade fürs Haus“ des Autorenduos Marsha Erman und Robert Klanten keine Heimwerkerfibel geworden ist, liegt vor allem am komplexen Thema und den 45 überzeugenden Beispielen etwa aus Kyoto, London oder auch an der deutschen Ostseeküste.

Oder anders gesagt: Hinter so einem harmlos tönenden „Upgrade“ verbirgt sich in der Regel viel Arbeit, Risikobewusstsein und reichlich Kenntnis über Stoff und Material.

Im Kern steht die Vorstellung, den ursprünglichen Charakter eines Hauses zu erhalten und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man sich mit guten Ideen, etwas Eigenleistung und Stilbewusstsein ein Zuhause erschafft, das wirklich zu einem passt. Klingt erst einmal gut. Tatsächlich aber müssen sich Bauherrschaften überlegen, wie man Anbauten, Durchbrüche, Dachaufbauten oder Umwidmungen von stillgelegten Gewerbeimmobilien statisch sicher, geschmackvoll und am besten bezahlbar umsetzt.

Falls es gelingt, ist der Effekt meist atemberaubend. So hat ein Paar in Antwerpen in einem brutalistischen Wohnhochhaus mit 21 Stockwerken mit Hilfe des Architekturstudios Okami die Wände einer 5-Zimmer-Wohnung eingerissen, um ein offenes Loft zu schaffen. Plötzlich sieht man die Welt am Stadtrand mit anderen Augen, Wohnen zwischen Betonwänden im Hochhaus birgt ungeahnte Qualitäten, nicht zuletzt wegen der exponierten Aussicht.

Überraschungen beim Renovieren

Und ökologischer als ein Abriss ist so eine Revitalisierung einer eigentlich verpönten Wohnform allemal. Das gilt auch für ehemalige Gewerbeviertel mit hohem Leerstand. In Tokio verwirklichte eine Familie in einer stillgelegten Druckerei aus den 80er Jahren ihren Traum von einem schönen Zuhause samt Büro.

Nicht nur in diesem Gebäude bewiesen die Eigentümer Flexibilität: Bei der Freilegung zugemauerter Ecken und Wände kamen Stahlarmierungen für die Treppe zum Vorschein, die man einfach aufbereitete. Ein Glücksfall. Nicht selten kommen nach dem Einreißen auch neue Probleme und Kosten an den Tag.

Ein nahezu perfekter Umbau in ein Ferienhaus ist wiederum in Mecklenburg-Vorpommern zu bewundern. Das „Haus Dr. Funk“ befindet sich schon seit drei Generationen in Familienbesitz: Die kleine Laube wurde 1958 von ihrem Namensgeber errichtet und nun den Enkelinnen vermacht, die sich nach vielen Jahren intensiver Nutzung für die Sanierung des Hauses entschieden.

Unter dem Reetdach empfängt die Besucher heute eine leichte wie luftige Raumkomposition in einer berückenden Farbwelt aus frischen Pastellakzenten. Die Seenlandschaft und das Lichtspiel werden nun durch große Fenster eingefangen, ist Teil der Architektur. Endless Summer, kann man da nur sagen – und das auf lediglich 38 Quadratmetern Grundfläche!

Der Bau von Kessler Plescher Architekten – einem jungen Planungsbüros aus Köln – landete völlig zurecht auf der Nominiertenliste des renommierten DAM-Preises, der vom Deutschen Architekturmuseum (DAM) im Frankfurt ausgelobt wird und wurde vom DAM im Wettbewerb um die besten Häuser des Jahres 2023 als eines der 50 besten Projekte gewählt. Davon und von solchen inspirierenden Büchern bitte mehr.

Info

Das Buch
Das Upgrade fürs Haus – Besser umbauen, renovieren und sanieren, Marsha Erman und Robert Klanten, 256 Seiten mit zahlreichen Fotografien und Skizzen, alle Texte auf Deutsch, Gestalten Verlag, 45 Euro. www.gestalten.com