Die Busfahrer haben schon einige Streikerfahrung in den vergangenen Jahren gesammelt. Foto: dpa/Fabian Sommer

Verdi ruft zu Streiks im privaten Omnibusgewerbe auf. Landesweit fehlen 2500 Fahrer; höhere Löhne sollen Abhilfe schaffen. Auch der Verband der Busunternehmen im Südwesten sieht Handlungsbedarf.

Die Gewerkschaft Verdi ruft für diesen Dienstag zu einem zweiten Warnstreiktag bei den privaten Omnibusunternehmen in Baden-Württemberg auf, nachdem schon am 5. Mai eine Protestaktion im aktuellen Tarifkonflikt gestartet wurde.

Anlass sind die Tarifverhandlungen für rund 9000 Fahrerinnen und Fahrer mit dem Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO). Die Gewerkschaft erwartet gut 800 Streikende bei rund 25 Betrieben. Insgesamt vertritt der Verband um die 330 Betriebe im Land – oftmals handelt es sich um alteingesessene Familienunternehmen, wobei die größeren eine höhere dreistellige Beschäftigtenzahl erreichen.

Auch Realschüler und ihre Abschlussprüfungen betroffen

Der Streikaufruf betrifft etwa die Stadtverkehre in Göppingen, Waiblingen, Ludwigsburg, Backnang, Bietigheim-Bissingen, teilweise Geislingen, Böblingen und Plochingen – zudem den Überlandverkehr im Großraum Stuttgart, im Raum Schwäbisch Hall und Reutlingen/Tübingen. Dort heißt es zum Beispiel bei der Firma Kocher Lutz: „Der Tübinger und Reutlinger Stadtverkehr, die Linien 202, 203, sowie 826, 828 und alle Schulverkehre werden ganztägig bestreikt.“

Nach Verbandsangaben wurden schon am Montag Ausstände initiiert – etwa beim Unternehmen Pflieger, das für den Stadtverkehr Böblingen-Sindelfingen zuständig ist. Ebenso soll es am Mittwoch noch Aktionen geben. In Mitleidenschaft gezogen würden damit auch Realschüler, die derzeit ihre Abschlussprüfungen absolvieren. Einen Tarifkonflikt „auf dem Rücken der Schwächsten auszutragen ist nicht Ordnung“, kritisiert eine WBO-Sprecherin.

Arbeitgeber bieten 8,5 Prozent mehr Lohn über zwei Jahre

Nachdem am 9. Mai noch keine Einigung erzielt wurde, sind weitere Verhandlungstermine für den 20. Mai und den 30. Mai angesetzt. Verdi fordert eine Erhöhung der Monatsentgelte um mindestens 500 Euro. Zudem dringen die Arbeitnehmervertreter offenbar auf einen Bonus für Gewerkschaftsmitglieder. Der WBO bietet bisher eine Pauschale für alle Vollzeitkräfte von 750 Euro im Juli 2023 sowie von monatlich 150 Euro von August 2023 bis Oktober 2024 – was insgesamt eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro ergibt. Zudem soll es eine tabellenwirksame Lohnerhöhung in zwei Stufen zum Oktober 2023 in Höhe von 3,5 Prozent und zum Oktober 2024 in Höhe von fünf Prozent geben. Die Laufzeit soll jedoch 24 Monate betragen, weshalb Verdi das Angebot als „unzureichend“ ablehnt.

Einstiegsgehälter unter 3000 Euro

Der Arbeitgeberseite zeigt sich willens, die Entgeltlücke zum öffentlichen Dienst nicht zu groß werden zu lassen, um noch ausreichend Busfahrer zu bekommen. Schon heute fehlen 2500 Fahrer im Land – der Bundesverband rechnet bis 2030 sogar mit fehlenden 87 000 Fahrern. „Glauben die Arbeitgeber im Ernst, mit Einstiegsgehältern von weit unter 3000 Euro im Monat bei unattraktiven Arbeitszeiten die Fachkräftelücke schließen zu können?“, moniert Verdi-Verhandlungsführer Jan Bleckert. Der WBO hält dagegen, dass man mit rund 18,30 Euro bei 170 Stunden Einsatzzeit im Monat bundesweit mit die höchsten Stundenlöhne im privaten Omnibusgewerbe zahle.