Donald Trump lieferte sich mit Nikki Haley ein weiteres Duell um die Nominierung seiner Partei für die Präsidentenwahl (Archivbild). Foto: Andrew Harnik/AP/dpa

Biden und Trump haben die Vorwahlen ihrer Parteien im Bundesstaat Michigan klar gewonnen. Doch ihre Siege sind nicht ungetrübt. Beide dürften sich die Ergebnisse sehr genau anschauen.

Lansing/Washington - US-Präsident Joe Biden hat bei der Vorwahl der Demokraten im Bundesstaat Michigan zwar wie erwartet einen klaren Sieg eingefahren - das Ergebnis dürfte dem faktisch konkurrenzlosen Amtsinhaber aber dennoch Sorgen bereiten. Denn die Abstimmung hat gezeigt, dass dem 81-Jährigen seine Unterstützung für Israel im Gaza-Krieg gefährlich werden kann.

Rund 100.000 Wählerinnen und Wählern verweigerten Biden die Stimme und votierten bei der Vorwahl für die Präsidentschaftskandidatur für "unentschieden". Das sind deutlich mehr als bei vergangenen Vorwahlen der Demokraten. In Michigan leben verhältnismäßig viele Muslime, mehrere Gruppen hatten vor der Wahl dazu aufgerufen, aus Protest gegen Bidens Nahost-Politik für unentschieden zu stimmen.

Auch der ehemalige US-Präsident Donald Trump liegt bei der Vorwahl der Republikaner klar vor seiner Konkurrentin Nikki Haley. Nach Auszählung von etwa 99 Prozent aller Stimmen kommt Trump auf gut 68 Prozent, Haley auf 26,5 Prozent. Trotz der mehr als 40 Prozentpunkte Vorsprung kann der 77-Jährige sich nicht zurücklehnen.

Michigan ist ein wichtiger Swing State

Wer in den Vereinigten Staaten Präsidentschaftskandidat werden will, muss sich zunächst in parteiinternen Abstimmungen in den verschiedenen Bundesstaaten durchsetzen. Ein Duell zwischen Trump und Biden bei der Präsidentenwahl am 5. November gilt als sehr wahrscheinlich. Trump liegt in parteiinternen Umfragen bei den Republikanern weit vor Haley und hat bereits bei Vorwahlen in Iowa, New Hampshire und South Carolina klar gegen die ehemalige US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen gewonnen, die einst Trumps Außenpolitik auf internationaler Bühne zu vertreten hatte. Bei den Demokraten hat Biden keine ernst zu nehmende Konkurrenz. Die Republikaner küren ihren Kandidaten auf einem Parteitag Mitte Juli, die Demokraten Mitte August.

Michigan liegt im Norden der USA und zählt rund 10 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Der industriell geprägte Bundesstaat gilt als sogenannter Swing State, der weder Demokraten noch Republikanern fest zugerechnet werden kann. Viele Bewohner Michigans arbeiten für Autokonzerne oder deren Zulieferer, Gewerkschaften haben eine große Bedeutung. Die einflussreiche Gewerkschaft der Automobilarbeiter (UAW) unterstützt Amtsinhaber Biden. Doch bei der Vorwahl lag das Augenmerk auf einem außenpolitischen Thema.

Große muslimische Gemeinde in Michigan

Die Abstimmung in Michigan galt als Stimmungstest dafür, wie sich Bidens Politik im Nahen Osten auf die Wahlen im November auswirken könnte, denn Muslime sind in dem Bundesstaat eine bedeutende Wählergruppe. Nach Angaben der Interessengruppe Emgage leben dort etwa 200.000 muslimische Wählerinnen und Wähler. Sie könnten im November einen merklichen Einfluss auf das Wahlergebnis haben. Bei der Präsidentenwahl 2020 gewann Biden in dem Bundesstaat mit rund 155.000 Stimmen Vorsprung vor Trump. 

Für Biden war der Sieg bei der Vorwahl in Michigan zwar Formsache - er lag am Mittwoch mit 81 Prozent der Stimmen eindeutig vorn. Doch er dürfte vor allem auf die Zahl derer schauen, die "unentschieden" gewählt haben. Bei den vergangenen drei Vorwahlen der Demokraten in Michigan stimmten jeweils rund 20.000 Demokraten "unentschieden". Nun waren es gut 100.000 - das entspricht gut 13 Prozent der Stimmen. Weitere Stimmen fielen auf zwei aussichtslose Kandidaten. 

Biden wegen Unterstützung für Israel in der Kritik

Mehrere Gruppen riefen vor der Vorwahl eine Kampagne gegen Biden ins Leben und forderten einen sofortigen Waffenstillstand im Gaza-Krieg und ein Ende der US-Militärhilfe für Israel. Besonders deutlich wurde der Protest gegen Biden in der Stadt Dearborn, Heimat einer großen arabisch-amerikanischen und muslimischen Gemeinde - in der Stadt steht die größte Moschee der USA. Dort stimmten mehr Menschen für "unentschieden" als für Biden.

Doch nicht nur Muslime dürften Biden in Michigan ihre Stimme verwehrt haben. Auch jüngere, progressive Demokraten kritisieren den Präsidenten angesichts der vielen zivilen Opfer im Gazastreifen. Biden verschärfte zwar in den Wochen nach dem beispiellosen Massaker am 7. Oktober, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen im Süden Israels verübt hatten, seine Tonart gegenüber der israelischen Regierung. Die US-Regierung betont aber gleichzeitig immer wieder Israels Recht auf Selbstverteidigung und lässt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach Empfinden vieler weiterhin gewähren. Der Sender CNN zitierte einen Berater aus Bidens Wahlkampfteam mit den Worten, dass Biden sich für ein Ende der Gewalt und einen gerechten und dauerhaften Frieden einsetze.

Eigentlich sind Muslime als Wählergruppe in den USA tendenziell eher den Demokraten als den Republikanern zugewandt. Es gilt als unwahrscheinlich, dass Muslime, die wütend über Bidens Unterstützung für Israel sind, bei der Präsidentenwahl zu den Republikanern abwandern. Für Biden könnte es in einem wichtigen Swing State wie Michigan jedoch auch dann eng werden, sollten viele Wählerinnen und Wähler für einen unabhängigen Drittkandidaten stimmen oder zu Hause bleiben.

Haley will nicht aufgeben

Wie Biden konnte auch Trump mit einem klaren Sieg bei den Vorwahlen seiner Partei in Michigan rechnen. Doch Haley holte nach Auszählung fast aller Stimmen nahezu 27 Prozent, während der Rest für unentschieden stimmte oder sich auf aussichtslose Kandidaten verteilte. Die Frage wird sein, wie viele dieser Haley-Anhänger bei der Präsidentenwahl im November am Ende für Trump stimmen werden, falls er antreten sollte. Einige von ihnen schließen nicht aus, sogar Biden zu wählen, um eine zweite Amtszeit Trumps zu verhindern. Dies dürfte zwar nicht für die Mehrheit der Haley-Unterstützer gelten. Aber sollte diese Gruppe nicht zur Wahl gehen oder einen dritten, unabhängigen Kandidaten unterstützen, könnte das zum großen Problem für Trump werden.

Nun liegt ein besonderes Augenmerk auf dem 5. März, dem sogenannten Super Tuesday. An diesem Tag finden in 15 Bundesstaaten gleichzeitig Vorwahlen der Republikaner statt. Haley hatte am Dienstagabend in einem Interview mit dem Sender CNN deutlich gemacht, mindestens bis zum Super Tuesday im Rennen bleiben zu wollen. Trump hat sich in der Vergangenheit darüber echauffiert, dass die ehemalige Gouverneurin von South Carolina trotz mangelnder Erfolgsaussichten nicht aus dem parteiinternen Rennen aussteigen wollte. Denn solange die 52-Jährige nicht aufgibt, kann er sich nicht ausschließlich auf seinen politischen Gegner Biden konzentrieren. Stattdessen muss Trump weiterhin Geld und Zeit aufwenden, um Wahlkampf gegen Haley zu machen.