Einen Bilderbuchstart legt Olaf Scholz wahrlich nicht hin. Seinen Erfolg an Auftritten zu messen, ist aber Quatsch, kommentiert Christopher Ziedler.
Berlin - Weder in der politischen Auseinandersetzung mit Russland noch in der Coronakrise gibt Bundeskanzler Olaf Scholz derzeit öffentlichkeitswirksam den Takt vor: Die ersten größeren pandemischen Öffnungsschritte in der Omikronwelle unternimmt Schleswig-Holstein, die sichtbarsten Signale gegenüber Moskau werden nicht aus Berlin, sondern aus Washington, London oder Paris gesetzt – obwohl Scholz’ Vorgängerin Angela Merkel das sogenannten Normandie-Format zum zentralen Gremium zur Befriedung der Ukrainekrise gemacht hatte.
Ein unpolitische Erregung
So sehr sich über die konkrete Politik streiten lässt, ist die Empörung der Union oder der Twitter-Gemeinde unter #WoistScholz dennoch eine völlig unpolitische. Gute Politik misst sich nicht an der Zahl öffentlicher Auftritte, die es zudem bald auch in Washington, Kiew und Moskau geben wird, sondern an Ergebnissen, in diesem Fall der Verhinderung eines Krieges. Zum Geschäft des Kanzlers gehört die Koordination unter den Verbündeten hinter den Kulissen sowie der Versuch, mit stiller Diplomatie Annäherung zu schaffen. Wie wäre erst die Reaktion, wenn Scholz ständig in Talkshows säße?