Russlands Auslandssender RT gilt als Verbreiter von Desinformationen. Foto: AFP/Lionel Bonaventure

Das Sendeverbot für RT DE und Deutsche Welle sorgt für deutsch-russische Spannungen. Wurden da wirklich jeweils Propagandasender der Gegenseite geblockt?

Berlin/Moskau - Mit deutlichen Worten kritisieren westliche Politiker das von Russland verhängte Sendeverbo t für die Deutsche Welle. Die Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sprach von einem „Anschlag auf die Pressefreiheit“, der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner nannte die Moskauer Maßnahmen völlig unbegründet. Auch die EU protestierte. Ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell geißelte die Reaktion der russischen Behörden als Zeichen, dass sie „die Medienfreiheit anhaltend verletzen und die Unabhängigkeit der Medien missachten.“

Die am Donnerstag ausgesprochene Schließung des DW-Büros in Moskau nebst Entzug der Akkreditierungen der Journalisten ist die Vergeltung für ein Sendeverbot, das deutsche Medienregulierer am Donnerstag ausgesprochen hatten. Sie untersagten das bundesweite deutschsprachige TV-Programm des russischen Staatssenders RT, der bislang ohne Rundfunklizenz operiert hat.

Legitime Anfänge

Manchen Kommentatoren vor allem in den sozialen Netzwerken scheint Moskaus Reaktion zumindest angemessen. Wie die Deutsche Welle erfülle RT DE lediglich den legitimen Auftrag, Informationen über das Herkunftsland zu verbreiten. In der zynischen Variante wird behauptet, da finde eben ein deutsch-russischer Medienkrieg statt: Man habe jeweils einem Propagandasender des Kontrahenten den Saft abgedreht.

Diese Darstellung verquickt Tatsachen und verquere Deutung so geschickt, wie es lange schon das Markenzeichen von RT ist. Dieser TV-Zweig des Staatssenders Rossija Sewodnja (Russland heute) ist 2005 tatsächlich mit dem nominellen Auftrag gestartet, ein vielfältigeres, vertiefteres Bild Russlands ins Ausland zu liefern, als Medien wie die BBC, CNN oder ARD und ZDF zu zeichnen fähig oder willens seien.

Auf dem Papier hätte man gut und gerne Passagen jenes Bundesgesetzes, das Struktur, Finanzierung und Aufgaben der 1953 ins Leben gerufenen Deutschen Welle regelt, für RT anpassen können. Zu den DW-Angeboten heißt es dort etwa: „Sie sollen deutschen und anderen Sichtweisen zu wesentlichen Themen vor allem der Politik, Kultur und Wirtschaft sowohl in Europa wie in anderen Kontinenten ein Forum geben mit dem Ziel, das Verständnis und den Austausch der Kulturen und Völker zu fördern.“

Waffe im Medienkrieg

Früh aber hat RT seine Schwerpunkte verlagert. RT Deutschland berichtet wenig über Russland, sondern vor allem über die Bundesrepublik und die westliche Allianz. Dabei werden gezielt Desinformationen gestreut, Verschwörungstheorien gefüttert, Filterblasen bedient, virale Kampagnen angestoßen. In zunehmend martialischem Ton hat die Chefredakteurin Margarita Simonjan selbst RT wiederholt als Instrument des Kremls in einem Informationskrieg beschrieben.

Die Deutsche Welle gleicht in ihrer Struktur öffentlich-rechtlichen Sendern mit einem 17-köpfigen Rundfunkrat als Aufsicht, in dem Vertreter gesellschaftlicher Gruppen sitzen. Es wäre aber blauäugig, die DW als genau so unabhängig zu sehen. Ihre journalistischen Inhalte bestimmt sie selbst, ihre Finanzmittel aber weist ihr der Bundestag zu. Hier könnte sie leichter als ARD und ZDF indirekt eingegrenzt werden.

Sie ist auch zur Abstimmung ihrer Programme mit Außen-, Wirtschafts- und Verteidigungspolitik aufgerufen, was de facto aber nicht zu Propaganda führt, sondern eher zu Selbstzensur, zu weniger kräftiger Betonung rechtsstaatlicher Werte im Umfeld von Diktaturen. In der Kritik stand die DW eher dann, wenn sie mal allzu brav mit straff staatsgelenkten Medien wie in China kooperierte, statt sich deutlich abzugrenzen.