An der Vorstellung der Nationalen Sicherheitsstrategie nahmen ungewöhnlich viele Ministerinnen und Minister teil. Foto: Michael Kappeler/dpa/Michael Kappeler

Endlich hat die Bundesregierung ihre Nationale Sicherheitsstrategie vorgelegt. Sie wird seit Monaten erwartet – und soll Antworten auf einige der wichtigsten Fragen dieser Zeit geben.

Einen Witz wird man sich wohl mal erlauben dürfen. Oder ein Schmunzeln. Und ein Kichern. Vor allem, wenn der Kanzler Geburtstag hat – und am selben Tag die Nationale Sicherheitsstrategie vorstellen kann. Das lang erwartete Papier ist am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet worden. Anschließend stellten Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) vor – und zeigten sich dabei überraschend heiter.

Es ist das erste Mal, das die deutsche Bundesregierung eine Nationale Sicherheitsstrategie beschließt. Eigentlich sollte sie Ende vergangenen Jahres fertig sein. Doch das Projekt verzögerte sich. Angeblich waren vor allem das Kanzleramt und das Außenministerium nicht über alle Punkte einig. Nun aber liegt die Strategie endlich vor – zufällig genau zum 65. Geburtstag von Olaf Scholz.

Integrierte Sicherheit

Die Nationale Sicherheitsstrategie soll die Grundlage für die sicherheitspolitische Arbeit der Bundesregierung sein. Sie setzt auf die Idee der integrierten Sicherheit. Damit ist gemeint, dass alle zuständigen Akteure eng miteinander zusammenarbeiten und ihre Mittel aufeinander abstimmen. Aus diesem Grund nahmen so viele Ministerinnen und Minister an der Vorstellung teil.

Zusammenarbeit vieler Ministerien

Federführend war das Ministerium von Annalena Baerbock. Sie betonte, dass sämtliche Ressorts an der Strategie mitgewirkt hätten. „Die Herausforderungen für Sicherheit ziehen sich durch alle Lebensbereiche“, sagte Baerbock und nannte Beispiele: dass die Versorgung mit Medikamenten sichergestellt sei, dass man chatten könne, ohne dabei überwacht zu werden oder dass man mit sauberem Wasser duschen könne. Die Strategie befasst sich also sowohl mit äußerer als auch mit innerer Sicherheit. Drei Ziele nennt sie für Deutschland: Es solle wehrhaft, resilient und nachhaltig agieren.

Bekenntnis zum 2-Prozent-Ziel

Im Zusammenhang mit der Wehrhaftigkeit bekennt sich die Bundesregierung auch zum 2-Prozent-Ziel: also dem Vorhaben, jährlich zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben – allerdings im mehrjährigen Durchschnitt. Soll heißen: Deutschland kann zum Beispiel in einem Jahr auch mal unter den zwei Prozent liegen, wenn es zwei Jahre später dann einen entsprechend höheren Anteil investiert.

Die Nationale Sicherheitsstrategie stieß auf verschiedene Reaktionen. CDU-Chef Friedrich Merz kritisierte, dass das Papier nicht vorsieht, einen Sicherheitsrat einzurichten. Das hatte die FDP ursprünglich gefordert. Er nannte die Strategie „inhaltlich blutleer, strategisch irrelevant, operativ folgenlos und außenpolitisch unabgestimmt“

Freudiger Konsens nach viel Streit

„Ohne Floskeln und ewig lange Texte“

Innerhalb der Regierungsparteien gab es hingegen Unterstützung für das Grundsatzpapier. Agnieszka Brugger, Verteidigungspolitikerin und stellvertretende Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, sagte dieser Zeitung: „Anders als in früheren Grundlagendokumenten wurde hier ohne Floskeln und ewig lange Texte sehr viele Themen behandelt und dabei konkrete Antworten beschrieben.“ Die Strategie lege einen Grundstein, um Sicherheitsfragen gemeinsam von allen Ministerien her zu denken und um eine öffentliche Diskussion darüber zu führen.

Für die Ampelregierung ist die Nationale Sicherheitsstrategie ein Erfolg, der gerade dringend nötig war. In den vergangenen Wochen war die Regierungsarbeit von Streits und dem Konflikt um das Gebäudeenergiegesetz geprägt. Bei der Vorstellung der Nationalen Sicherheitsstrategie betonten nun alle Beteiligten immer wieder, wie gut die Zusammenarbeit verlaufen sei. Wenn der Kanzler redete, nickte die Außenministerin zustimmend. Scholz sprach von einer „klasse Arbeit“, Lindner machte Witze und Baerbock sagte, die Strategie sei getragen von „dem Geist, den wir am Anfang dieser Koalition vielleicht gehabt haben.“

Offen blieb die Frage, wann die Bundesregierung ihre China-Strategie vorlegen will – ein weiteres Projekt, das sich seit Monaten verzögert. „Das ist der Cliffhanger für die nächste Pressekonferenz“, sagte Baerbock.