Verbraucherinnen und Verbraucher müssen beim Gas künftig tiefer in die Tasche greifen. Foto: imago/Rudolf

Wegen des Krieges in der Ukraine hatte der Bund die Mehrwertsteuer für Erdgas von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Ende März läuft das Gesetz aus. So viel mehr müssen Verbraucher in Baden-Württemberg zahlen.

Mit der geplanten Rückkehr des alten Mehrwertsteuersatzes auf Erdgas müssen sich Verbraucherinnen und Verbraucher in Baden-Württemberg wieder auf teurere Heizkosten einstellen. Die Mehrbelastung der privaten Haushalte liege von April an im Schnitt bei rund elf Prozent, teilt das Vergleichsportal Verivox auf Anfrage mit. Im Südwesten belaufen sich die erhöhten Kosten für ein Einfamilienhaus beziehungsweise für einen Haushalt mit vier Personen mit einem Gasverbrauch von 20 000 Kilowattstunden auf durchschnittlich 236 Euro pro Jahr.

Auf dem Höhepunkt der Energiepreiskrise im Oktober 2022 hatte die Bundesregierung eine Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes auf Erdgas von 19 auf sieben Prozent beschlossen. Spätestens von April an soll wieder der alte Mehrwertsteuersatz gelten. Sollte die Anhebung auf Ende Februar vorgezogen werden, erhöhen sich die Heizkosten für den Beispielhaushalt den Angaben zufolge um zusätzlich rund 20 Euro. Der Bundesrat muss den Termin für die Steueranhebung noch final beschließen.

Preisschock beim Gas

Erst kürzlich hatte der große Energieversorger EnBW aus Baden-Württemberg beim Strom massive Preissteigerungen von 15,9 Prozent angekündigt. Mehrkosten für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2900 Kilowattstunden (kWh): 16 Euro im Monat. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft rechnet damit, dass auch andere Versorger ihre Preise erhöhen werden. Nun kommt auf Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher auch beim Gas eine deutliche Kostenerhöhung zu.

Die EnBW hat die betroffenen Gaskunden bereits schriftlich informiert und eine entsprechende Abschlagserhöhung angekündigt, wie eine Sprecherin auf Anfrage sagt. Aktuell zahle ein Haushalt mit 100 Quadratmeter Wohnfläche und einem Verbrauch von 14 000 Kilowattstunden in Stuttgart rund 1346 Euro pro Jahr. Durch die Steueranhebung von sieben auf 19 Prozent sind in Zukunft rund 151 Euro mehr fällig.

Mehrkosten in dreistelliger Höhe

Auch Kunden anderer Gasversorger trifft die Erhöhung: „Die Stadtwerke Stuttgart müssen die Steueranhebung leider eins zu eins weitergeben“, sagt Sprecherin Karoline von Graevenitz. 9000 Abnahmestellen beliefert der kommunale Energieversorger mit Gas. Ein Vierpersonenhaushalt mit einem Gasverbrauch von 20 000 Kilowattstunden zahlt in der Landeshauptstadt aktuell 2243 Euro im Jahr. Durch die Steueranhebung müssen Kundinnen und Kunden von April an rund 252 Euro mehr zahlen.

Der Gaspreis in Baden-Württemberg liegt aktuell bei 10,53 Cent pro Kilowattstunde – und damit rund 3,6 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt von 10,37 Cent pro Kilowattstunde. Bei einem Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden entspreche dies 2106 Euro. Bundesweit zahlen Kundinnen und Kunden für die gleiche Menge Gas im Mittel 2033 Euro.

Heizkosten bleiben wohl langfristig hoch

Laut Verivox wird das Heizen mit Erdgas langfristig teurer bleiben als noch vor drei Jahren. Zwar sind die durchschnittlichen Gaspreise in den vergangenen zwölf Monaten stark gefallen, dennoch liegt das Preisniveau deutlich höher als vor dem Beginn des Krieges in der Ukraine. Im Verlauf des Jahres 2022 wurden zeitweise mehr als 300 Euro je Megawattstunde fällig, nachdem Russland seine Gaslieferungen nach Europa stark gedrosselt hatte.

Zum Wochenbeginn allerdings ist der Preis für europäisches Erdgas auf den tiefsten Stand seit über einem halben Jahr gefallen. Der richtungweisende Terminkontrakt zur Auslieferung in einem Monat an der Börse in Amsterdam rutschte unter 26 Euro je Megawattstunde – und war damit so günstig wie seit Juli nicht mehr. Nach Beginn des Krieges im Nahen Osten hatte der Gaspreis im vergangenen Oktober die Marke von 50 Euro überschritten. Im November setzte allerdings eine Trendwende ein: Seit Beginn des Jahres hat sich der Rohstoff um etwa 20 Prozent verbilligt. Am Markt wird der Rückgang unter anderem mit der eher schwachen Konjunktur in der EU erklärt. Diese bremse die Gasnachfrage auch in Deutschland.

Gaspreis auf tiefstem Stand seit Juli

Diese Entwicklung spiegelt sich aber nicht sofort auf der Gasrechnung wider. „Die aktuell günstigen Beschaffungspreise wirken sich zeitversetzt auf unsere Tarife aus“, sagt die Sprecherin der Stadtwerke Stuttgart. Kommunale Unternehmen verfolgen eine langfristige Beschaffungsstrategie. Das Gas werde in zeitlich versetzen Tranchen gekauft, „um das Risiko von starken Preisausschlägen zu minimieren“. Ende 2021 hatten viele Discountanbieter mit einer kurzfristigen Beschaffungsstrategie ihre Strom- und Gaskunden reihenweise gekündigt. Diese mussten dann in die teure Grundversorgung wechseln.

Vergleichen lohnt sich

Preisunterschiede
 Wegen der gesunkenen Großhandelspreise könnte sich ein Wechsel des Gasanbieters lohnen: Wer Gastarife vergleicht, findet dieser Tage günstigere Angebote als vor einem Jahr. Wer im Januar 2024 einen Neukundenvertrag abgeschlossen hatte, zahlte halb so viel wie vor zwölf Monaten. Kostenabfall
Entsprechend kosteten damals 20 000 Kilowattstunden Gas für ein Einfamilienhaus mit vier Personen im günstigsten verfügbaren Tarif mit Preisgarantie im Durchschnitt noch rund 3202 Euro im Jahr. Zu Jahresbeginn kostete die gleiche Menge Gas nur noch 1646 Euro, das ist ein Kostenabfall von 1556 Euro.

Anbieterwechsel
Wer für Strom mehr als 40 Cent und für Gas mehr als zwölf Cent je Kilowattstunde zahlt, sollte über einen Anbieterwechsel nachdenken, rät die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Vor Vertragsabschluss sollte man im Internet recherchieren, ob das Unternehmen zuvor negativ aufgefallen ist.