Ein mutmaßliches Meteoritenteil von Asteroid 2024 BX1: Das Bruchstück wurde von vier polnischen Meteoriten-Suchern auf einem Feld bei Ribbeck, einem Ortsteil der Stadt Nauen im Landkreis Havelland in Brandenburg, gefunden.Es stammt höchstwahrscheinlich von dem über Brandenburg niedergegangenen Asteroiden. Foto: dpa/Cevin Dettlaff

Im Januar verglüht ein Asteroid in der Nähe von Berlin im Havelland. Der Himmelskörper drehte sich vor seinem Eintritt in die Erdatmosphäre rekordverdächtig schnell, berichtet nun ein Forscherteam der Europäischen Weltraumorganisation Esa.

Der im Havelland in der Nähe von Berlin niedergegangene Asteroid 2024 BX1 drehte sich vor seinem Eintritt in die Erdatmosphäre außergewöhnlich schnell um sich selbst. Mit lediglich 2,6 Sekunden für eine Rotation habe er einen neuen Rekord für die schnellste bekannte Eigendrehung bei Asteroiden aufgestellt, schreibt ein Team um Maxime Devogèle von der europäischen Weltraumorganisation Esa im Fachblatt „Astronomy & Astrophysics“.

2024 BX1 war am 21. Januar rund um Berlin mit einem weithin sichtbaren spektakulären Feuerball zu sehen gewesen. Einige Tage später fand ein polnisches Suchteam in der Nähe von Nauen im Havelland Meteoritenstücke. Später wurden weitere Funde gemeldet.

2024 BX1 drehte sich alle 2,6 Sekunden einmal um sich selbst

Gemeinsam mit anderen Forschern hatte Maxime Devogèle ein neues Verfahren zur Bestimmung der Rotation kleiner Asteroiden getestet, als er auf 2024 BX1 aufmerksam gemacht wurde. Das Team beobachtete daraufhin die Ankunft des Himmelskörpers mit dem Spezialteleskop Trappist-Nord in Marokko.

Die Messungen der Astronomen zeigten starke Helligkeitsschwankungen von 2024 BX1 mit einer Periode von 2,6 Sekunden. Daraus schlossen sie, dass der Asteroid eine sehr unregelmäßige Form hatte und sich alle 2,6 Sekunden einmal um sich selbst drehte.

Der winzige Asteroid 2024 BX1 war in der Nacht zum 21. Januar 2024 über Berlin verglüht. Foto: dpa/Christoph Seidler

Neuer Dreh-Rekord für Asteroiden

„Kleine Objekte wie 2024 BX1 entstehen beim Zusammenstoß größerer Asteroiden“, erläutert Devogèle. „Dabei erhalten die Bruchstücke eine Menge Energie, die es ihnen erlaubt, sich extrem schnell zu drehen.“ Mit einer Periode von 2,6 Sekunden stelle 2024 BX1 einen neuen Rekord auf.

„Je kleiner ein Asteroid ist, desto schneller kann er auch rotieren“, so der Forscher. „Wenn wir also in der Lage wären, die Drehung noch kleinerer Objekte zu messen, würden wir wahrscheinlich auch auf noch schnellere Drehungen stoßen.“

Asteroiden über Europa

Entdeckt wurde der Asteroid mit etwa einem halben bis einem Meter Durchmesser dem Minor Planet Center (MPC) zufolge vom ungarischen Astronomen Krisztián Sárneczky. Der Himmelskörper erhielt die vorläufige Bezeichnung Sar2736. Inzwischen wird er als 2024 BX1 geführt.

In den vergangenen Jahren war es schon mehrfach gelungen, kleine Asteroiden noch vor dem Verglühen in der Atmosphäre auszumachen. Ende April 2023 hatte über Elmshorn in Schleswig-Holstein eine Feuerkugel aufgeleuchtet. Kurz darauf wurden Brocken des Meteoriten von einigen Hundert Gramm bis mehreren Kilogramm Gewicht gefunden.

In Frankreich war Mitte Februar 2023 ein Meteorit niedergegangen. Auch dieser ebenfalls etwa ein Meter große Asteroid war schon einige Stunden zuvor bemerkt worden. In den Tagen danach wurden in der Normandie etwa ein Dutzend Stücke gefunden.

4,5 Milliarden Jahre alter Aubrit

Ergebnisse der Untersuchungen von mehr als 20 Proben belegen, dass es sich bei dem Havelland-Asteroiden dem Museum für Naturkunde Berlin zufolge um einen seltenen Aubriten handelt. Er stammt wohl aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Er entstand vor mehr als 4,5 Milliarden Jahren zur Zeit der Bildung des Sonnensystems „durch fortschreitende Kollision und Zusammenballung von ursprünglich staubgroßen Partikeln“.

Aubrite sind seltene Stein-Meteorite, die nach dem ersten bekannten Fund im Jahr 1836 bei Aubres, einer südfranzösischen Gemeinde im Département Drôme in der Region Auvergne-Rhône-Alpesin, benannt worden sind. Sie ähneln grauem Granit und setzen sich vornehmlich aus den Magnesium-Silikaten Enstatit und Forsterit zuammen. Ihr Eisengehalt ist eher gering.

Aubrit-Gestein entsteht, wenn Asteroiden kollidieren. Die dabei entstehende hohe Temperatur von circa 1600 Grad Celsius lässt die Gesteinsbrocken und ihre Bruchstücke miteinander verschmelzen. Weltweit wurden bisher rund 12 000 Aubrite entdeckt und katalogisiert.

Eine der größten Meteoritensammlungen befindet sich im Berliner Museum für Naturkunde. So konnte anhand zahlreicher Vergleichsexemplare auch der Berlin- Meteorit 2024 BX1 schnell bestimmt werden.

Astronomische Kleinkörper

Als Asteroiden bezeichnen Weltraumexperten astronomische Kleinkörper, die einen Durchmesser mit einem Durchmesser ab einem Meter und maximal von 100 Kilometer haben. Sie bewegen sich um die Sonne, sind größer als ein Meteorit und kleiner als ein Zwergplanet.

Bisher sind rund 700 000 Asteroiden in unserem Sonnensystem bekannt. Allerdings dürfte ihre tatsächliche Zahl weit höher liegen. Weil ihre Masse geringer als die von Planeten ist, haben sie keine runde Form, sondern sind unregelmäßig geformt.

Ein-Meter-Objekte treffen die Erde mehrfach im Jahr. Große Asteroiden, die auch mal zehn Kilometer Durchmesser erreichen, werden als „Global killer“ („globale Zerstörer“) bezeichnet, Der Asteroid, der vor rund 65 Millionen Jahren den Dinosauriern den Garaus machte, war so einer. Alle 100 Millionen Jahre etwa tritt im Durchschnitt ein solch zerstörerisches Ereignis auf.