Die EU will das Asyl- und Migrationsrecht verschärfen. Dazu zählen auch bessere Kontrollen an den Außengrenzen. Foto: epd/Thomas Lohnes

Die EU streitet seit vielen Jahren über ein Asyl- und Migrationspaket. Kurz vor dem Ziel droht nun doch noch das Scheitern.

Das Ziel ist klar: Das Thema Migration soll noch vor der Europawahl Anfang Juni entschärft werden. Die EU-Parlamentarier wollen den extrem-rechten Parteien auf keinen Fall die Möglichkeit geben, sich im Wahlkampf mit populistischen Forderungen zu profilieren. Aus diesem Grund will das Parlament in Brüssel auf den letzten Drücker am Mittwoch final über das über Jahre ausgehandelte Asyl- und Migrationspaket abstimmen. Die Abgeordneten wollen den Kompromiss ihren Wählern als den lange erhofften europäischen Erfolg verkaufen.

Knappe Mehrheiten im Parlament

Doch die Mehrheiten sind knapp, weshalb Manfred Weber (CSU) vor einem möglichen Scheitern warnt. Der Chef der christdemokratischen EVP-Fraktion im EU-Parlament macht mit dieser Aussage vor allem Druck auf SPD und Grüne. Denn die müssen angesichts des vorgelegten Kompromisses in manchen sauren Apfel beißen. Es wird erwartet, dass einige Grüne am Mittwoch gegen einige Punkte stimmen werden.

„Erneut zeigen die Grünen damit ihr doppeltes Gesicht: Zustimmung in Berlin, Boykott in Europa“, sagte der CSU-Politiker Weber der „Bild am Sonntag“. „So kann man keine verantwortungsvolle Politik machen.“ Der EU-Abgeordnete und Grünen-Migrationsexperte Erik Marquardt hält dagegen: „Diese Reform wird weder die Migration begrenzen noch die Verteilung verbessern und erst recht nicht die Verfahren vereinfachen. Im Gegenteil.“ Die meisten Europaparlamentarier sind nicht glücklich über diesen scharfen Ton so kurz vor der Abstimmung. Es heißt, dass die Mehrzahl froh sei, dass nach den jahrelangen Verhandlungen da „endlich ein Knopf drankommt“.

Die Basis der Grünen ist empört

Als die ersten Details des möglichen Kompromisses durchsickerten, war aber vor allem die Basis der Grünen empört. Nach den Vorschlägen der EU-Kommission, das Asyl- und Migrationsrecht deutlich zu verschärfen, hatte sie auf grundlegende Nachbesserungen durch das Europaparlament gehofft. Das war aber eine Fehleinschätzung, denn die Parlamentarier links der Mitte konnten sich in zentralen Punkten nicht gegen ihre konservativen Kollegen und auch die Vertreter der EU-Mitgliedsländer durchsetzen. Cornelia Ernst, die asyl- und migrationspolitische Sprecherin der Linken im Europaparlament, sagte geradezu empört, das individuelle Recht auf Asyl werde zu Grabe getragen. Was am Mittwoch zur Abstimmung im Parlament steht, sei ein „Kniefall vor den Rechtspopulisten in der EU“.

In Deutschland besonders umstritten waren die einheitlichen Grenzverfahren an den Außengrenzen. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen die Menschen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können. Asylanträge sollen künftig schneller bearbeitet werden. Deutschland scheiterte mit seiner Forderung, Familien mit Kindern aus humanitären Gründen davon auszunehmen.

Schärfere Kontrollen den den EU-Außengrenzen

Zudem sollen ankommende Menschen mit Fingerabdrücken und Fotos registriert werden, um zu überprüfen, ob sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sind. Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig leichter in sichere Drittstaaten abgeschoben werden. Kritiker befürchten, dass auf diesem Weg das Recht auf Asyl und auch die Menschenrechte in Europa ausgehöhlt werden.

Die Europaparlamentarierin Lena Düpont geht davon aus, dass der Kompromiss am Mittwoch trotz aller Differenzen von den Abgeordneten beschlossen wird. „Natürlich hat die Nervosität kurz vor dem Ende zugenommen“, räumt die CDU-Politikerin ein und hofft: „Wir werden einen Pakt bekommen, der das bisherige Hangeln von Notlösung zu Notlösung beenden soll.“

Allerdings macht Düpont auch im Falle eines Erfolges wenig Hoffnung auf schnell sichtbare Effekte. Denn sollte das Asyl- und Migrationspaket vor der Europawahl beschlossen werden, haben die Staaten noch zwei Jahre Zeit, die Vorgaben umzusetzen. Wie sie dies tun, hänge dann von den jeweiligen Regierungen ab, betont die CDU-Politikerin. Sie hegt offensichtlich große Zweifel, dass alle Staaten mit demselben Eifer ans Werk gehen werden.