Im „Maultaschen-Manifest“ hat Klenk 50 Rezepte niedergeschrieben – darunter ist auch der Maultaschensalat. Foto: Oma Lisbeth/Thomas Jupa

Man kennt sie als „Königin der schwäbischen Küche“ und „Herrgotts B‘scheißerle“: Volker Klenk hat in seinem Buch „Das Maultaschen-Manifest“ Geschichten, Kurioses und Wissenswertes über das schwäbische Nationalgericht zusammengetragen – und mit Rezepten angereichert.

Die Seele isst mit. „Maultaschen sind meine Leidenschaft“, sagt Volker Klenk. Diese Leidenschaft hat in seiner Kindheit, er ist Jahrgang 1962, in Winnenden begonnen. Dort ist Klenk als jüngster von drei Brüdern aufgewachsen. Seine sensiblen Geschmacksnerven für das schwäbische Leibgericht hat sich in der elterlichen Küche bei Mutter Lisbeth entwickelt.

Seit geraumer Zeit ist Klenk Exil-Schwabe und im Bundesland Hessen eher in einer Maultaschen-Diaspora gelandet. 1990 zog er mit der Familie nach Kronberg. Das „Maultaschen-Notstandsgebiet“, so Klenk, liegt 158 Kilometer nördlich von seinem Elternhaus. Da kann man nicht mal kurz hinfahren, wenn einen der Heißhunger überkommt.

Dick drin im Maultaschen-Business

Das Interesse und die Freude an der schwäbischen Spezialität wurden dadurch aber nicht geschmälert, ganz im Gegenteil. Wenn und wo auch immer Maultaschen angeboten werden, müsse er sie probieren, sagt Klenk. Er sei „verrückt“ nach Maultaschen. Im Brotberuf ist er als promovierter PR-Spezialist erfolgreich unterwegs und dazuhin mittlerweile dick drin im Maultaschen-Business.

Vor exakt zehn Jahren, 2014, hat der dreifache Vater und wortgewandte Schwabe den Blog „Oma Lisbeths Maultaschen“ gestartet, 2019 den Welt-Maultaschen-Tag ins Leben gerufen und vergangenes Jahr sein erstes Buch zum Thema Maultaschen geschrieben. Es geht über ein reines Kochbuch hinaus. Animiert dazu habe ihn der Christian Verlag, der ist auf Volker Klenk aufmerksam geworden und zugegangen. Eines Tages habe das Telefon geklingelt. Man habe ihm die Idee vom Maultaschenbuch unterbreitet. „Ich habe zugesagt“, ist Klenk stolz, sich darauf eingelassen und „Das Maultaschen-Manifest“ mit fast 170 Seiten, insgesamt 50 Rezepten und vielen Anekdoten, Geschichten und Wissenswertem über die Maultasche als Kult und Kulturgut verfasst zu haben. Ein solches Manifest in dieser Ausführlichkeit habe es bisher noch nicht gegeben, sagt er und zeigt sich darin durchaus als kritischer Fan und nach wie vor überzeugender Verfechter der klassischen Variante der typisch schwäbischen Teigtaschen.

„So wie sie meine Mutter macht, sind sie am besten.“ Damit ist er nicht alleine, dieses Urteil hört man oft, wenn sich Maultaschen-Freunde austauschen. Kein anderes Gericht sei so beleibt und berühmt wie die schwäbische Maultasche, auch über die Landesgrenzen hinaus. Das behauptet das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg. Mehrere Dutzend Maultaschen esse der Schwabe pro Jahr – das sollen statische Erhebungen ergeben haben.

Der Legende nach wurden die Maultaschen bekanntlich von trickreichen Mönchen im Kloster Maulbronn als Karfreitags-Fastenspeise erfunden. Längst haben sie sich von der vorösterlichen Speisekarte gelöst und werden das ganze Jahr aufgetischt. Es gibt unendlich viele verschiedene Rezepte, oft mündlich überliefert, ebenso die Geschichten und Vorlieben dazu. Beim Verfasser des Maultaschen-Manifests hat die Maultaschen-Liaison in „Lisbeths Küche im heimischen Winnenden begonnen“, erzählt Volker Klenk.

Lisbeth ist seine Mutter – und somit die Großmutter seiner drei Kinder, die der Vater mit seiner Maultaschen-Leidenschaft infiziert hat. Tochter Hannah ist Veganerin und lässt sich im Buch auf eine Diskussion mit ihrem Vater ein, der die Maultasche mit Fleisch verteidigt. „Da bin ich kategorischer Traditionalist.“ Schließlich sei „das Verstecken von Fleisch der Kern der Entstehungsgeschichte der Herrgotts B‘scheißerle“. Hannah, 30 Jahre alt, erwidert, dass sie nicht das traditionelle Familienrezept ihrer Großmutter ändern wolle, sondern „eine leckere, vegane Alternative zu den klassischen mit Fleisch daneben setzen.“ Sie durfte. Ganz am Ende des Buches gibt es das Rezept für „Hannahs vegane Maultaschen“.

Wenn es Maultaschen gab, ist Volker Klenk mit seinem Bruder „immer in der Küche herumgeschwänzelt“, um die ersten probieren zu können – „direkt aus dem Sud in die Hand“. Das Ritual ist Klenk geblieben – genauso wie das über Generationen überlieferte Familienrezept, das die Mutter in einer Kochkladde niedergeschrieben und etwa einmal monatlich zubereitet hat. Die Zutaten: Rind- und Schweinefleisch, frisches Brät, Eier, junger Blattspinat, Gemüsezwiebeln, Brötchen, Salz, Pfeffer, Majoran und Muskatnuss.

Eine Million überlieferte Rezepte

Klenks Rezepte basieren fast alle auf Maultaschen nach diesem Familienrezept. Nach seinen Schätzungen muss es etwa eine Million überlieferte Rezepte geben. „Über die Jahrhunderte sind verschiedene Varianten entstanden“, weiß der Experte. „Mal mit Speck, mal ohne, mal wird der Spinat weggelassen, mal kommt Petersilie mit rein.“ Das Wichtigste für den promovierten Kommunikationsfachmann ist die richtige Konsistenz: „Maultaschen müssen locker-fluffig sein.“ Genauso wichtig sei aber auch das Zusammenspiel der Zutaten: „Eine richtig gute Maultasche ist gut ausbalanciert“, sagt er. Zu viel Fleisch mache sie zu fest und im Geschmack zu fleischlastig, am Spinat dagegen müsse man nicht sparen.

In seine Leidenschaft investierte Klenk viel Zeit und sammelte viele Anekdoten rund um die „Königin der schwäbischen Küche“, die als „Herrgotts B‘scheißerle“ das Licht der Klosterküche erblickten. Im „Maultaschen-Manifest“ hat er 50 Rezepte niedergeschrieben – vom sauren Maultaschensalat über Omelett mit Maultaschen bis zum Schwaben-Burger mit Laugenweckle. Er „garniert“ und „verfeinert“ sie zudem mit der Historie und saisonalen Verortung der Teigtasche, einem Gedicht über die Maultasche, Zahlen zu Weltrekorden und bebilderter Step-by-Step-Anleitung für deren handwerklich perfekte Herstellung. Klenk liebt die Maultaschen seiner Mutter „mehr als jedes andere Essen.“ Dann gehe ihm das Herz auf.

Das „Maultaschen-Manifest“, ISBN 978-3-95961-778-9, ist in gebundener Form im Christian Verlag erschienen und kostet 26,99 Euro.