Außenministerin Baerbock bei der Konferenz in London. Foto: AFP/HENRY NICHOLLS

Wie unterstützt man die Ukraine beim Wiederaufbau des Landes? Die Bundesregierung hat bei einer Konferenz in London Zusagen gemacht. Auch die Privatwirtschaft soll sich stärker beteiligen – doch die stellt Bedingungen.

Deutschland gehört zu den wichtigsten Verbündeten der Ukraine, seit das Land von Russland völkerrechtswidrig überfallen wurde. Geld, Waffen und militärische Ausbildung bekommt die Ukraine bislang von Deutschland. Bei einer Konferenz in London geht es um den wirtschaftlichen Aufbau der Ukraine, auch die Bundesregierung ist vertreten. Was Deutschland schon leistet und worauf es künftig ankommt:

Wie ist die wirtschaftliche Lage der Ukraine seit Ausbruch des Krieges?

Wie ist die wirtschaftliche Lage der Ukraine seit Ausbruch des Krieges?

Desaströs. Schon im Jahr 2022 ist das Bruttoinlandprodukt der Ukraine um knapp ein Drittel eingebrochen. Die Inflation betrug im Mai 15 Prozent, im vergangenen Jahr betrug sie teilweise fast 27 Prozent. Russische Truppen haben Gebäude und Infrastruktur zerstört, die Kaufkraft sinkt, acht Millionen Menschen haben das Land verlassen. Wohnhäuser, Brücken, Kraftwerke, Kliniken, Schulen – das alles aufzubauen dürfte mehr als 411 Milliarden Dollar (376 Milliarden Euro) kosten, geht aus einer Schätzung der Weltbank hervor. Die wurde allerdings erhoben, bevor der Kachowka-Staudamm zerstört wurde – sodass die Zahl inzwischen noch höher ausfallen dürfte.

Wie hat Deutschland bislang geholfen?

Wie hat Deutschland bislang geholfen?

Die materielle Unterstützung aus Deutschland konzentriert sich bislang auf drei Säulen: militärische, finanzielle und humanitäre Hilfe. Dazu gehören Waffenlieferungen, direkte Zahlungen und die Versorgung mit medizinischen Gütern. Zählt man alle Felder zusammen, hat Deutschland bislang 16,8 Milliarden Euro an die Ukraine gezahlt. Vor allem drei Häuser der Bundesregierung sind besonders stark beteiligt: 6,24 Milliarden kamen aus dem Finanzministerium, das der Ukraine etwa einen Zuschuss von einer Milliarde Euro zahlte – über ein Konto, das der Internationale Währungsfonds verwaltet. Stark beteiligt war auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit 4,4 Milliarden Euro. Das war aber Geld, das in Deutschland ausgezahlt wurde: Damit übernahm die Bundesregierung die soziale Absicherung der ukrainischen Geflüchteten. Zudem gab es gut 3,3 Milliarden Euro aus dem Etat des Verteidigungsministeriums, darunter sind etwa 600 Millionen Euro an Material.

Was kann die Privatwirtschaft tun?

Was kann die Privatwirtschaft tun?

Ein zentraler Punkte der Konferenz in London ist es, privates Geld zu mobilisieren, um der Ukraine zu helfen – auch aus Deutschland. Der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft war ebenfalls in London vertreten. „Der Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes ist eine gemeinsame Kraftanstrengung. Wir brauchen eine optimale Abstimmung zwischen Wirtschaft und Politik“, sagte die Vorsitzende Cathrina Claas-Mühlhäuser. Die größten Hürden sehen Wirtschaftsvertreter in der allgemeinen Unsicherheit. Wer will in ein Land investieren, wo Bomben fallen? Ein Problem ist laut Ost-Ausschuss, dass sich westliche Versicherungen vom ukrainischen Markt zurückgezogen haben. Das macht es schwierig, Mitarbeiter zu entsenden. Der Ost-Ausschuss fordert daher einen Garantiefonds, der bestimmte Risiken absichert. Gelobt wird, dass Deutschland in Europa ein Vorreiter bei der Exportabsicherung sei. 2022 seien Exporte im Wert von 144 Millionen Euro abgesichert worden. Darunter waren vor allem Rüstungsgüter. Klar ist: Damit die Privatwirtschaft investiert, braucht es staatliche Garantien.

Welche Zusagen hat Deutschland in London bislang gemacht?

Welche Zusagen hat Deutschland in London bislang gemacht?

Eine Zusage, die sich in Zahlen fassen lässt, machte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Mittwoch. Die Ukraine soll 2023 zusätzliche humanitäre Unterstützung in Höhe von 381 Millionen Euro erhalten. Darüber hinaus gab es politische Unterstützung: „Deutschlands Unterstützung für die Ukraine ist felsenfest. Heute, morgen und übermorgen“, sagte sie. Ziel sei es, die Ukraine so wiederaufzubauen, dass sie fit für einen EU-Beitritt sei. Baerbock mahnte aber auch an, dass das Land mehr tun müsse, um Korruption zu bekämpfen. Wie sich diese Hilfen auswirken, können die Unterstützerstaaten spätestens in einem Jahr überprüfen. Dann ist eine weitere Geberkonferenz geplant – unter deutschem Vorsitz.