Auch der Zustand der Wälder macht den Klimaexperten Sorgen. Denn sie sollen CO2 speichern, leiden aber gleichzeitig unter den Klimaveränderungen. Foto: picture alliance/dpa/Julian Stratenschulte

Der Klimasachverständigenrat trifft ein hartes Urteil über die Klimapolitik des Landes. Dabei halten die Experten das Vorgehen nicht grundsätzlich für falsch.

Es ist die eigene Ambition, an der sich die Landesregierung messen lassen muss. „Baden-Württemberg soll deshalb das führende Klimaschutzland werden“, steht im Koalitionsvertrag, auf den sich Grüne und CDU 2021 geeinigt hatten. Ein weiter Weg nach dem Urteil des Klimasachverständigenrats: „Zum echten Klimaschutzland fehlt eine dynamische Transformationskultur, das klare und unumstößliche ‚Ja’ zum Klimaschutz, die Bereitschaft zur Veränderung und ‚das Machen’“, kritisierte Maike Schmidt, die Vorsitzendes Gremiums, das die Landesregierung bei dem Thema berät.

Maßnahmen nicht wirkmächtig, zu kleinteilig

Baden-Württemberg hat sich ambitionierte Ziele gesetzt. Schon 2040 – früher als Bund oder EU – soll das Land klimaneutral werden. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 65 Prozent sinken – bisher sind 21 Prozent erreicht. Dafür wurden Minderungsziele in einzelnen Sektoren wie Energie, Verkehr oder Landwirtschaft festgelegt. Die zuständigen Ministerien mussten im Frühjahr Maßnahmen definieren. Die seien aber „nicht wirkmächtig genug, oftmals viel zu kleinteilig, oder adressieren nicht oder nicht ausreichend“, so Schmidt, die im Hauptberuf das Fachgebiet Systemanalyse am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung leitet. Es brauche eine völlig neue Dimension der Emissionsminderung sowohl bei Mengen als auch bei Dynamik. Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) hatte selbst stets betont, dass es umfassendere und wirksamere Maßnahmen brauche und das Paket noch weiterentwickelt werden müsse.

Doch die erste Begutachtung des Klimasachverständigenrats fällt ernüchternd aus: Im Energiebereich waren die Treibhausgasemissionen infolge des Kriegs in der Ukraine zwar um 10 Prozent gestiegen. „Dies ist noch kein Indiz dafür, dass das Minderungsziel für Treibhausgasemissionen für 2030 seitens der Energiewirtschaft nicht erreicht werden kann“, so Schmidt. Voraussetzung sei aber der Kohleausstieg und der Umstieg erst auf Erdgas und dann hin zu grünem Wasserstoff. Den Rückgang der Emissionen in der Industrie um zehn Prozent sehen die Experten indessen nicht positiv. Er sei lediglich auf Produktionsrückgänge zurückzuführen.

Im Verkehrsbereich Niveau von 1990

Im Verkehrsbereich sind die Treibhausgasemissionen 2022 um 0,4 Prozent gestiegen und liegen wieder auf dem Niveau von 1990. Klimaneutrale Mobilität müsse noch konsequenter priorisiert werden, sagte Sven Kesselring von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erwiderte, die Verkehrswende sei nicht allein Sache des Landes.

In der Landwirtschaft gingen die Maßnahmen zwar in die richtige Richtung, ließen aber Konsequenz bei der Transformation vermissen, mahnte Schmidt. Im Gebäudebereich müssten Förderprogramme stärker auf Klimaschutzziele ausgerichtet werden, und bei der eigenen Landesverwaltung befinde man sich auf dem Reduktionspfad „in einem erschreckend frühen Stadium“.

Insgesamt fehle es im Klimamaßnahmenregister an einer konkreten Planung zur Deckung des Finanzierungsbedarfs, sagte Sabine Löbbe von der Hochschule Reutlingen. Die Finanzierungsspielräume von Land und Kommunen müssen zusammen mit dem Bund erweitert werden. Das grundsätzliche Vorgehen des Landes, wenn auch nicht die Umsetzung, bewertete Löbbe positiv. „Ich bin ein Fan des Klimamaßnahmenregisters“, sagte sie. Denn es delegiere die Verantwortung an die Ressorts. Das sei ein mutiger Schritt und ein wichtiger Weg, der in die Ministerien wirke.