Sylvia Rolke im Gespräch mit Hubert Aiwanger Foto: FW/Tobias Schoch

Sondersitzung im bayrischen Landtag: Die Freien Wähler in Baden-Württemberg stehen treu zu dem in die Kritik geratenen Politiker. „Er ist unser Aushängeschild“, sagt die Landeschefin – auch wenn seine Ausdrucksweise im Vorstand umstritten sei.

Auch in Baden-Württemberg haben sich Teile der Freien Wähler als Partei organisiert und streben in den Landtag. Ob die Diskussionen über das antisemitische Flugblatt im Schulranzen des heutigen bayerischen Freie-Wähler-Frontmanns Hubert Aiwanger dabei eher schaden oder nutzen werden, kann die Landesvorsitzende Sylvia Rolke aber noch nicht absehen.

Frau Rolke, wie sehen Sie den Fall Ihres Bundesvorsitzenden Hubert Aiwanger?

Bei einer Sitzung aller Landesparteichefs und des Bundesvorstands hat uns Herr Aiwanger erklärt, dass es unglücklich gelaufen ist. Er hat uns aber glaubhaft versichert, dass er das Flugblatt nicht verfasst hat. Ich kenne Herrn Aiwanger schon ein paar Jahre. Ich habe ihn durchweg positiv erlebt und habe keinen Grund, an seiner Erklärung zu zweifeln.

Sind Sie zufrieden mit seinem Krisenmanagement?

Ich weiß auch nicht, wie man eine solche Krise meistert. Viele sagen, er hätte schneller mit einer Entschuldigung an die Bevölkerung gehen sollen. Aber vielleicht kamen die Vorwürfe so plötzlich, dass es wie eine Schockstarre war.

Herr Aiwanger ist bekannt für populistische Aussagen. Man müsse sich das „Land zurückholen“, hat er mal gesagt. Das ist ein AfD-Ausdruck. Ist das auch die baden-württembergische Linie?

Ganz klares Nein! Wir sind nicht die AfD und grenzen uns in aller Deutlichkeit von ihr ab. Im Vorstand sind wir, was die Ausdrucksweise angeht, unterschiedlicher Auffassung. Manchen ist es ein bisschen zu viel. Andere sagen, das ist halt der Aiwanger. Er wird ja gerne mit Franz Josef Strauß verglichen. Ich selbst könnte vom Typ her nie solche Räume füllen. Ohne Papier Reden zu halten ist nicht so mein Ding.

Ist Herr Aiwanger die beherrschende Figur in Ihrer Partei, dass sich erst niemand traut, ihn auszuwechseln?

Er macht seine Arbeit eben gut. Er versucht, es allen recht zu machen, und er ist schon eine Schlüsselfigur unter uns Freien Wählern. Er repräsentiert uns. Zwar nicht mit jeder Aussage, aber ich tue mich schwer mit dem Wort Populismus, weil man damit die eigentliche Aussage einfach abqualifiziert.

Anders als andere Parteien haben die Freien Wählern bewusst keinen ideologischen Überbau. Ist man dadurch auch anfälliger für Populismus und das Abgleiten auf Stammtischniveau?

Das würde ich nicht sagen. Das eine sind die Bierzeltreden. Das andere sind die Inhalte. Wir Politiker der Freien Wähler kommen aus allen Gesellschaftsschichten und führen sachliche, ergebnisoffene Diskussionen, die dann letztlich unsere Positionen bestimmen. Gerade das ist ja der Vorteil der Freien Wähler gegenüber anderen Parteien.

Wird die Debatte den Freien Wählern in Baden-Württemberg nutzen oder schaden?

Das kann ich noch nicht sagen. Es scheint ja auch noch nicht vorbei zu sein. Medial sind wir plötzlich da. Aber die Art, wie wir medial da sind, ist nicht immer positiv. Das merken Sie ja an diesen Fragen, die ich jetzt beantworten musste.

Die anderen Freien Wähler

Vorsitzende
 Sylvia Rolke führt seit März die Landespartei der Freien Wähler (FW). Die 44-Jährige aus Mannheim betreibt mit ihrem Mann eine der größten privaten Musikschulen im Land. Die beiden haben drei Kinder.

Abspaltung
  Rolkes Partei, die 350 Mitglieder zählt, gehört zu Hubert Aiwangers Bundesverband, von dem sich die eigentlichen Freien Wähler – der Freie-Wähler-Verband – abgespalten haben.  

Kommunal
 Der Freie-Wähler-Verband, der sich nur an kommunalen Wahlen beteiligt, hat 9000 Mitglieder. Sein Vorsitzender, der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt, sagt zum Fall Aiwanger: „Wir kommentieren keine Vorgänge in anderen Parteien.“