Wie schnell vollzieht sich der digitale Wandel der baden-württembergischen Wirtschaft? Umfragen für die Landesregierung und die IHK führen zu konträren Resultaten. Der Digitalgipfel Wirtschaft 4.0 soll weiteren Schwung bringen.
Gemessen an den Erkenntnissen der Landesregierung ist die Wirtschaft im Land bei der Digitalisierung auf einem guten Weg. „Die Unternehmen in Baden-Württemberg haben jetzt schon den Digitalisierungsgrad erreicht, den sie sich eigentlich erst für 2025 zum Ziel gesetzt hatten“, lobt Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) gegenüber unserer Zeitung. Vor allem der Mittelstand sei in den vergangenen drei Jahren deutlich digitaler geworden.
Belege liefert ihr der Monitoring Report Wirtschaft Digital 2023, für den 1120 Unternehmen repräsentativ von der Kantar Group befragt wurden – dies zum dritten Mal nach 2017 und 2020, als sich noch eine Stagnation gezeigt hatte. Der Report wird an diesem Donnerstag beim dritten Digitalgipfel Wirtschaft 4.0 in der Porsche-Arena vor teils hochkarätigen Teilnehmern aus Unternehmen, Forschung und Politik präsentiert. Demnach weist die Branche der Informations- und Kommunikationstechnologie als Vorreiter erwartungsgemäß den höchsten Digitalisierungsgrad auf, während Logistik und Gastgewerbe schnell aufholen und auch das Handwerk deutlich digitaler geworden ist. Der Maschinen- und Fahrzeugbau, die Bauwirtschaft und das sonstiges Verarbeitende Gewerbe liegen dagegen unter dem Durchschnitt des Digitalisierungsindex.
Wirtschaftsministerin sieht „Luft nach oben“
Immerhin: 81 Prozent der Befragten sehen Digitalisierung als wichtig für ihr Unternehmen an – und bis 2028 wollen mehr als ein Drittel Teile ihres Umsatzes (mehr als zehn Prozent) auf diesem Feld investieren. Die Gewerbliche Wirtschaft sei deutlich digitaler als noch 2020, sagt Hoffmeister-Kraut – der Report zeige aber, dass in einigen Branchen mehr Fortschritte möglich seien.
IHK stellt Wandel im Schneckentempo fest
Ein eher konträres Bild zeichnet eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Demnach läuft der digitale Wandel gerade bei den kleinen und mittleren Unternehmen schleppend an. Die gut 4000 beteiligten Unternehmen bewerten den eigenen Digitalisierungsgrad im Durchschnitt lediglich mit der Schulnote „befriedigend“ (2,9). Eine sprunghafte Verbesserung fällt schwer: 37 Prozent der Firmen nennen einen Mangel an Zeit und 34 Prozent einen Mangel an finanziellen Ressourcen als Haupthürden des Umbruchs. Die Ergebnisse seien auf das Land übertragbar, heißt es.
„Die regionale Wirtschaft macht im Bereich Digitalisierung ihre Hausaufgaben“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre. „Wir sehen aber auch, dass es gerade bei klein- und mittelständischen Unternehmen noch Luft nach oben gibt.“ Vor allem die rechtlichen Vorgaben in Bezug auf Datenschutz sähen viele Betriebe als Hemmnis. „Hier braucht es seitens der Politik klare Regularien und weniger Bürokratie auf allen Ebenen“, fordert Herre. Zudem fehlten bei den Behörden vereinfachte digitale Verfahren – die Digitalisierung der öffentlichen Hand weise noch Lücken auf. Gerade dort lägen aber erhebliche Entlastungspotenziale für die Betriebe als Nutzer. Große Herausforderungen seien auch die fehlenden Fachkräfte vor allem im IT-Bereich und die (Weiter-)Qualifizierung in den Unternehmen.