Bitcoin im Höhenflug. Foto: Parilov - stock.adobe.com/PARILOV EGENIY

Die älteste und bekannteste Cyberwährung Bitcoin steigt und steigt. Lohnt sich der Einstieg für Anleger noch? Wir geben einen Überblick.

Mehr als 60 Prozent Kursplus seit Jahresbeginn, über 200 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten – selbst im aktuellen Überschwang der Finanzmärkte sticht die Bitcoin-Bonanza heraus. Anfang März knackte die älteste und bekannteste Digitalwährung ihr Rekordhoch bei 69 000 Dollar. Andere Kryptowerte wie Ether sind dieses Jahr sogar noch stärker im Kurs gestiegen. Was verbirgt sich hinter der atemberaubenden Rallye? Welche Rolle spielt das Bitcoin-Halving? Wie geht es weiter? Welche Risiken müssen Anleger beachten? Fragen und Antworten.

Warum ist der Bitcoin-Preis so stark gestiegen?

„Die wichtigsten Faktoren sind die Zulassung neuer Bitcoin-ETFs, das allgemeine risikofreudige Marktumfeld und die Spekulation, dass das im April anstehende ‚Bitcoin Halving’ den Preis erneut anheizen könnte“, erklärt Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank. Vor allem die Genehmigung neuer börsengehandelter US-Indexfonds (Exchange Traded Funds, kurz ETFs), die direkt in die Digitalwährung investieren, fachte die Euphorie am Kryptomarkt an. Seitdem die US-Börsenaufsicht SEC am 10. Januar grünes Licht gab, haben die neuen Anlagevehikel gewaltige Dimensionen erreicht.

Nach Berechnungen von Deutsche-Bank-Analystin Marion Laboure sammelten die Bitcoin-ETFs der großen US-Vermögensverwalter Blackrock und Fidelity 9,2 Milliarden beziehungsweise 5,3 Milliarden Dollar ein. Insgesamt gibt es in den USA inzwischen elf solcher ETF-Fonds, deren enorme Zuflüsse sich in einer höheren Nachfrage nach Bitcoin niederschlagen. Experte de la Rubia veranschaulicht die Entwicklung anhand eines einzelnen Handelstages: „Am 5. März sind allein in den Blackrock ETF 788,3 Millionen Dollar geflossen – das bedeutet, der Fonds musste rund 11 000 Bitcoin kaufen“.


Steigen Bitcoin & Co. noch weiter?

Zumindest sehen Fachleute Potenzial. „Wir erwarten, dass der Preis dieses Jahr sogar noch weiter steigt“, heißt es in der Studie von Deutsche-Bank-Expertin Laboure. So profitierten Kryptoanlagen generell von steigender Risikofreude, die wiederum stark mit der Hoffnung auf sinkende Zinsen einhergehe. Angesichts der nachlassenden Inflation dürften die großen Notenbanken ihren Kurs bald lockern, wodurch auch mehr Anlegergeld auf der Suche nach höheren Renditen auf die Kapitalmärkte komme. Die Nachfrage nach Alternativen zu festverzinslichen Anlagen etwa werde steigen. „Das könnte die laufende Rallye bei digitalen Währungen weiter unterstützen.“

Kryptoexperte Guido Zimmermann von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) nennt gegenüber unserer Zeitung zudem das Phänomen FOMO (Fear of missing out – frei übersetzt: Angst etwas zu verpassen) als möglichen Grund für steigende Kurse. Vor allem private Kleinanleger könnten das Gefühl haben, dass ihnen eine Gelegenheit entgeht. Zudem machen vergangene Muster und Zyklen am Markt Mut – so platzte bislang zwar jede Bitcoin-Blase irgendwann, allerdings stabilisierte sich der Preis danach stets auf einem höheren Niveau als vorher. Bei der Frage nach weiterem Kurspotenzial kommt auch immer wieder das sogenannte Halving auf.

Bitcoin-Halving was ist das?

Einen wesentlichen Grund, warum Bitcoin als Wertspeicher attraktiv ist, sehen Anhänger in einer Art konzeptionellem Inflationsschutz. Die maximale Anzahl der digitalen Münzen, die je ausgegeben werden, ist nämlich auf 21 Millionen begrenzt. Der Herstellungsprozess von Bitcoin sieht vor, dass viele im Netzwerk verbundene Computer kryptografische Rätsel lösen – wer eines knackt, wird mit Bitcoin belohnt, sodass die Menge der Währungseinheiten steigt. Obwohl es dabei um Rechenleistung geht und nicht um physische Arbeit, wird das Verfahren in Anlehnung ans Goldgraben „Mining“ (Schürfen) genannt, so wie Bitcoin häufig als digitales Gold bezeichnet wird.

Da die maximale Bitcoin-Menge limitiert ist, wird die Belohnung für das Schürfen neuer Bitcoin regelmäßig halbiert – und damit die Menge an neuen Währungseinheiten verringert. Durch die Verknappung steigt der Bitcoin-Preis, sodass Schürfer für ihren sinkenden Ertrag kompensiert werden, so zumindest die Theorie des Bitcoin-Erfinders hinter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto. Bislang traf dies auch stets zu – die Halvings in den Jahren 2012, 2016 und 2020 gingen mit Kursgewinnen einher. Kein Wunder also, dass die Kryptoszene das nächste Halving im April 2024 herbeisehnt.

Welche Risiken müssen Anleger im Blick haben?

LBBW-Stratege Zimmermann warnt, dass die Liquidität an den Kryptomärkten aufgrund vieler passiver Investoren erstaunlich gering sei. „Damit könnte es im Zweifel auch schnell wieder nach unten gehen.“ Die starken Bitcoin-Kursschwankungen sind berüchtigt. So brach der Preis direkt nach seinem Rekordhoch am Dienstag um mehrere Tausend Dollar ein, erholte sich jedoch rasch wieder fast vollständig. Eine Garantie für dauerhafte Kursanstiege gibt es jedoch nicht – und die Rücksetzer können brutal sein. Nach dem Rekordhoch von 2021 fiel der Kurs zeitweise auf unter 16 000 Dollar.

Anleger sollten sich stets des Risikos eines Totalverlusts bewusst sein, meint Experte Zimmermann. „ Zur Erinnerung: Bitcoin ist lediglich ein Softwarecode, der eine Kombination aus Zahlen und Nummern über das Internet versendet.“ Natürlich könne dieser Code als Geld oder Vermögensspeicher angesehen werden – aber für wie lange?„Kauri Muscheln wurden von pazifischen Kulturen auch einmal als Geld angesehen.“

Bitcoin-ETFs für den Massenmarkt?

Durch die neuen ETFs in den USA ist die Anlageklasse deutlich zugänglicher und attraktiver für Profiinvestoren geworden, damit wurde auf dem Weg in den Finanzmarkt-Mainstream ein wichtiger Meilenstein erreicht. In der Gesamtbetrachtung bleiben Kryptoanlagen vorerst dennoch ein Nischenphänomen, daran ändert auch der jüngste Hype nichts. Die Marktkapitalisierung, also die Summe aller Bitcoin, liegt weiterhin deutlich unter dem Börsenwert einzelner Unternehmen wie Microsoft oder Apple. Ob die Digitalwährung es schafft, ihr Image vom Spekulationsobjekt abzulegen und eine wichtige Rolle beim Altersvorsorgesparen zu erlangen, bleibt abzuwarten.

„Gerade konservative Investoren wie Pensionsfonds oder Versicherungen könnten sich schwertun“, sagte Analyst Marcel Heinrichsmeier von der DZ Bank. Viele Anleger würden Bitcoin weiterhin als wertlos ansehen. Auch LBBW-Experte Zimmermann äußerte sich gegenüber unserer Zeitung kritisch: „Bitcoin ist eine Wette auf eine Technologie mit noch unbewiesenem Mehrwert“. Darin unterscheide sich die Kryptowährung zum Beispiel von Künstlicher Intelligenz, dem Trendthema, das die Aktienbörsen nach oben treibt. Hier gibt es ein breites Anwendungsspektrum, das Unternehmen wie dem Chiphersteller Nvidia enorme Gewinnpotenziale beschert.