Dirk Boll ist Präsident des Auktionsunternehmens Christie’s Foto: Christie’/Christie’s

„Becoming Famous“ heißt die aktuelle Schau zu Peter Paul Rubens in der Staatsgalerie Stuttgart. Was macht ihn zum Star? Wir fragen Christie’s-Präsident Dirk Boll.

Stuttgart - Noch bis zum 20. Februar zeigt die Staatsgalerie Stuttgart die Große Landesausstellung „Becoming Famous. Peter Paul Rubens“. Bis zu 80 Millionen Euro kostet ein echter Rubens heute. Will und kann sich der Kunstmarkt gegen Fälschungen absichern? Dirk Boll, Präsident des Auktionsunternehmen Christie’s, antwortet.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Gestatten, Europas Mr. Rubens

Herr Boll, der Name Rubens steht für erhoffte Millionenwerte sowie Sammlungsruhm und persönlichen Ruhm von Sammlerinnen und Sammlern. Wenn Sie ein Angebot mit der Angabe „Rubens“ erreicht – klingeln da eher die Alarmglocken oder die Freudenglocken?

Nicht umsonst heißt es im Kunsthandel „Je höher der Stapel der Beweise, desto größer die Wahrscheinlichkeit einer Fälschung“. Üblicherweise hat man es mit historischen Zuschreibungen zu tun, die von der heutigen Kunstwissenschaft nicht mehr getragen werden. Und dann wird aus dem Rubens ein Werk eines Schülers oder Nachfolgers, mit entsprechender Folge für das Preisniveau.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Wie wird man als Künstler zum Weltstar?

Der Kunstmarkt arbeitet gerade bei dieser Kunst mit Experten aus Museen und Spezialinstituten zusammen. Ist das aber nicht Anlass zu ständiger Spannung? Sie erhoffen möglichst eine Authentifizierung, der Gegenseite geht es eher um das Einbinden des jeweiligen Werkes in das Gesamtschaffen ….

Die Kunstmärkte sind froh und dankbar, dass die Wissenschaft mit ihrer Forschung die Basis unserer Arbeit schafft. Und wenn es ein Werkverzeichnis gibt, dann ist die Wort der Werkverzeichnisführenden Gesetz, selbst wenn einzelne Experten anderer Meinung sein mögen. Nicht jeder Eigentümer hat dafür Verständnis. Das Oeuvre von Rubens wird im Rubenianum in Antwerpen erforscht, die Werke werden nach Themenbereichen geordnet publiziert – das erleichtert die Abklärung und schafft Sicherheit.

Unmittelbare Wirkung

Was ist für Sie eigentlich das Besondere an der Bildwelt von Peter Paul Rubens?

Rubens war wohl der wichtigste Barockmaler Nordeuropas. Seine Werke sind so dynamisch und unmittelbar, dass man sich und seine Lebenswelten darin wiederfindet – manchmal ganz direkt, dann wieder subtil und eher „gefühlt“.

Begehrte Ölskizzen

Und deshalb sind seine Werke so teuer?

Wie immer ist die kunsthistorische Bewertung die Basis des Preisgefüges, und die Rarität addiert dazu. Bei den Gemälden wird sehr genau unterschieden, wie groß der Anteil seiner Werkstatt war. Die Ölskizzen hingegen stammen regelmäßig zur Gänze von der Hand des Künstlers und sind auch deswegen so begehrt – und beinahe so teuer – wie die Gemälde.

Dirk Boll und die Rubens-Schau

Dirk Boll,
1970 in Kassel geboren, studierte Jura und Kulturmanagement in Freiburg und Ludwigsburg und promovierte über die Organisationsformen des Kunstmarkts. Seit 1998 arbeitet er für das Auktionshaus Christie’s. Seit 2017 ist er Präsident von Christie’s EMERI (Europe & UK, Middle East, Russia & India). Sein jüngstes Buch heißt „Was ist diesmal anders? Wirtschaftskrisen und die neuen Kunstmärkte“ und erschien im Verlag HatjeCantz.

„Becoming Famous“
ist als Sonderausstellung zu Peter Paul Rubens noch bis zum 20. Februar in der Staatsgalerie Stuttgart zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch und Freitag 10 bis 17 Uhr, Donnerstag 10 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag 10 bis 18 Uhr. Tickets kosten 12 Euro (ermäßigt 10 Euro) Sammlung und Graphik-Kabinett, 11,50 Euro (ermäßigt 9,50 Euro) ohne Sammlung und Graphik-Kabinett. Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche bis einschließlich 20 Jahre – ermöglicht durch die L-Bank.