Zuletzt kam es zu einem Anstieg der Verfahren zur Einschätzung des Kindeswohls in Baden-Württemberg (Symbolbild). Foto: IMAGO/Panthermedia/gmstockstudio via imago-images.d

Vernachlässigt, psychisch oder körperlich misshandelt oder sexueller Gewalt ausgesetzt – Zahlen des Statistischen Landesamtes zeigen nun, dass die Verfahren zur Einschätzung von Kindeswohlgefährdungen zunahmen.

Zum zehnten Mal hintereinander wurden im Südwesten im Jahr 2022 mehr Verfahren zur Einschätzung des Kindeswohls durchgeführt als im Vorjahr. Insgesamt sei die Zahl der Verfahren von 2012, dem Beginn der Erhebung, bis 2022 von 9.630 auf 17.583 gestiegen, teilte das Statistische Landesamt am Donnerstag in Stuttgart mit. Der Anstieg gegenüber dem Vorjahr lag bei fünf Prozent.

Der Anlass des Verfahrens ist, dass das Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung eines Kindes hat. Das Jugendamt verschafft sich daraufhin einen unmittelbaren Eindruck von betroffenen Kindern oder Jugendlichen und von ihrer persönlichen Umgebung. Bei den 17.583 durchgeführten Verfahren wurde nach der Prüfung des Verdachts in rund einem Drittel der Fälle (5.908) keine Kindeswohlgefährdung und kein Hilfebedarf festgestellt, in einem weiteren Drittel (5.929) zwar keine Kindeswohlgefährdung, aber ein Hilfebedarf. Das weitere Drittel teilt sich auf in 2.702 Fälle latenter Kindeswohlgefährdung (15 Prozent) und 3.044 Fälle akuter Kindeswohlgefährdung (17 Prozent).

Bei 31 Prozent wurde psychische Misshandlung festgestellt, bei 22 Prozent körperliche Misshandlung und bei 4 Prozent sexuelle Gewalt.

Was über das Alter der Kinder bekannt ist

Von den insgesamt 5.746 Kindern, bei denen 2022 eine akute oder latente Gefährdung festgestellt wurde, waren 18 Prozent unter drei Jahre alt. Weitere 18 Prozent waren im klassischen Kindergartenalter von drei bis sechs Jahren. 64 Prozent der Kinder waren sechs Jahre und älter. Die Verteilung zwischen Jungen (51 Prozent) und Mädchen (49 Prozent) war insgesamt fast ausgeglichen. Allerdings waren bis zum 12. Lebensjahr Jungs etwas häufiger betroffen (55 Prozent) und ab dem 13. Lebensjahr vermehrt Mädchen (58 Prozent).

Erheblich ungleicher ist die regionale Verteilung. Insgesamt wurde in Baden-Württemberg im Jahr 2022 bei 29 von 10. 000 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren eine akute oder latente Kindeswohlgefährdung festgestellt. Den höchsten Wert gab es im Stadtkreis Karlsruhe mit 103 Gefährdungen pro 10. 000 Minderjährige, hier war also etwa eines von einhundert Kindern betroffen. Die wenigsten erfassten Gefährdungen gab es im Landkreis Göppingen mit vier Fällen pro 10. 000 Kindern und Jugendlichen.