Immer mehr Menschen schnüren seit der Pandemie die Wanderschuhe. Foto: Eibner-Pressefoto / Hommes/Mario Hommes /Eibner-Pressefoto

Dieter Buck hat in der Pandemie einen Nachfrageboom erlebt. Darüber und über vieles andere spricht der Wanderautor.

Dieter Buck ist bei den Wanderern des Landes bekannt wie ein bunter Grenzstein im Wald. Rund 170 Bücher übers Wandern hat er geschrieben: Für Senioren, für Städteliebhaber, für solche, die Ruhe suchen, für andere, die was erleben wollen. Während der Pandemie ist das halbe Land gewandert, was ist davon geblieben? Der Stuttgarter gibt interessante Einblicke.

Herr Buck, warum soll der Mensch überhaupt wandern?

Wandern macht einfach sehr viel Spaß. Man ist am umweltschonendsten überhaupt auf Reisen, natürlich etwas anhängig von der Anfahrt. Es ist erholsam, man sieht viel, und es ist sehr gesund. Nicht nur die Bewegung, wer etwa im Wald wandert, könnte nebenbei auch mal das Waldbaden testen.

Muss man allein wandern?

Ich selbst bin schon meist allein unterwegs. Und es geht mir immer so: In den ersten Minuten rauschen mir 1000 Sachen durch den Kopf und dann: Auf einmal ist alles weg. Da döse ich fast meditativ vor mich hin. Der Kopf wird frei. Zu zweit oder mit vielen wird es unterhaltsamer, auch das ist schön.

Begegnen Ihnen viele Menschen auf Ihren Touren?

Das kommt natürlich darauf an. Wenn ich zum Uracher Wasserfall gehe, ist es wie auf dem Volksfest. Das ist eben auf Premiumwegen oder solchen mit Sehenswürdigkeiten so. Aber ich gehe ja oft bewusst auf nicht so ausgetretenen Pfaden – das funktioniert übrigens auch mitten beziehungsweise rund um Stuttgart – da kann es sein, dass ich keiner Menschenseele über den Weg laufe. Ich arbeite gerade wieder an einem Buch mit Touren auf eher stillen, einsamen Wegen – denn ich habe den Eindruck, das suchen die Leute.

Das ist wohl der eine Trend, der andere ist doch auch derjenige, den wir täglich auf Plattformen wie Instagram sehen: Wer lässt sich am gefährlichsten und begehrtesten Spot ablichten?

Das stimmt, da stehen die Leute Schlage, um es nachher auf dem Selfie aussehen zu lassen, als ob sie da allein wären. Ich frage mich nur manchmal, warum ich mir das hundertste solche Foto von derselben Stelle ansehen sollte. Aber die Leute haben ihre Follower, das ist ja in Ordnung.

Wandern hat in den Zeiten der Pandemie einen Aufwind erfahren, wie haben sie diesen Boom erlebt?

Wir in Baden-Württemberg hatten ja keine Ausgangssperre, und so viele Leute, wie ich damals unter der Woche draußen im Wald getroffen habe – das gab es noch nie. Natürlich, da waren viele darunter, die gar nicht arbeiten konnten, oder im Homeoffice waren. Wer nicht auf das Telefon angewiesen war, ist vielleicht tagsüber raus und hat abends gearbeitet. Wir erlebten natürlich auch einen Boom bei den Wanderführern. Das ist auch wieder zurückgegangen, aber das Niveau ist höher als vor Corona. Wer erlebt hat, wie schön es hier bei uns ist, der macht das weiter.

Hat sich das Erlebnis Natur verändert, weil mehr Menschen draußen sind? Zum Beispiel, was die Hinterlassenschaften betrifft?

Ich würde sagen, dass es über die Jahre gesehen sogar besser wurde – natürlich etwas abhängig wieder von den extrem vollen Ecken. Ich merke, dass das Gewissen da eine Rolle spielt: Die Leute sind nicht mehr so unbedarft wie früher. In den 60er Jahren schmiss man das Butterbrotpapier hinter sich, das vergeht doch, dachte man vielleicht. Es ist aber wie häufig: Wenn einer seinen Müll wegwirft, machen es andere auch. Wenn jeder sorgsam aufpasst, steckt das auch an.

Erinnern Sie sich an ein Beispiel?

Ja, das ist einige Zeit her, da bin ich tatsächlich an einem Montagmorgen zu den Uracher Wasserfällen gelaufen. Da muss tags davor auf dem Parkplatz einer Erdbeeren in solchen Pappschalen verkauft haben – der Weg zum Wasserfall war gepflastert damit. Die ersten stopften ihre Schalen noch in die Mülleimer, aber natürlich, ohne sie klein zu drücken, so waren die schnell voll. Der Rest flog daneben. Als ich zurücklief, waren die Müllleute schon unterwegs, um sauber zu machen. Das scheint also häufiger vorgekommen zu sein und ist natürlich ein abschreckendes Beispiel.

Wie sieht es den mit den tierischen Hinterlassenschaften aus?

Das ist in der Tat mehr geworden. Ich habe jüngst ein Foto aus dem schwäbischen Wald mit einer übervollen Beutelstation auf meinem Instergramkanal gepostet. Ich muss zugeben, so viele Reaktionen bekomme ich nicht oft auf ein Foto.

Wissen Sie, wie viel Sie beruflich bisher in Ihrem Leben gelaufen sind?

Ich weiß es nicht, aber ich kann es in etwa ausrechnen: Ich habe rund 4300 Wanderungen gemacht, im Schnitt zehn Kilometer – dann sind das 43 000 Kilometer, tatsächlich einmal um die Erde.