Im Mittelpunkt stand alte Autobauerkunst aus Neckarsulm: NSU feiert den 150. Geburtstag. Foto: Stefanie Schlecht

Auch wenn die ganz alten Oldtimer bei dem ungewissen Wetter lieber in der Garage blieben, versammelten sich auf dem Flugfeld Autos aus einer Zeit, in der noch echte Charaktere auf der Straße unterwegs waren.

Alte Auto und gutes Wetter – das muss passen. Am Sonntag gab’s in diesem Verhältnis noch viel Luft nach oben. Kurz nach der Mittagszeit waren daher noch genügend Parkplätze frei für rollende Senioren vor der Motorworld. Es schien so, als ob viele Besitzer sich genau überlegten angesichts ungewisser Wettervorhersagen ihre vierrädrigen Schätze aus der Garage zu holen. Die echten Greise unter den Oldies blieben lieber zuhause, die meisten Autos, die sich zur Schau stellten, stammten aus den 1960er bis 1980er Jahren.

Reinfalten Wenn dieser Flitzer nicht so sportiv daher käme, könnte man ihn fast übersehen. Flach wie eine Flunder hat sich ein Lotus Europa Special zwischen all die anderen betagten Blechkisten geduckt. Wer sich hinters Steuer dieses Autos falten möchte, muss mindestens Kniebeuge können. Ein Meter und sieben Zentimeter ist dieser Renner hoch, der zwischen 1967 und 1975 gebaut wurde. Statt Stauraum gibt es einen Motorraum und reichlich Platz für Rennsport-Feeling mit dem Hintern knapp über dem Asphalt.

Kfz-Kultur Mindestens 30 Jahre alt muss sein, wer an diesem Tag dabei sein möchte. Alter ist am Sonntag vor der Motorworld Trumpf. Einrollen dürfen nur die Autos, bei denen ein „H“ am Ende des Kennzeichens steht. Heißt: Das Geburtsdatum muss vor 1994 sein, Karosse und Motor durften nicht wesentlich verändert worden sein. Dann ist das Auto nicht nur auf dem Flugfeld an diesem Tag gern gesehener Gast. Auch auf bundesdeutschen Straßen ist es dann willkommen – zur „Pflege kraftfahrzeugtechnischen Kulturguts“. Dafür gibt’s vom Staat eine Steuerermäßigung und die Befreiung von Umweltauflagen.

Dienstflitzer Da kann sogar die Polizei mithalten. Die Freunde und Helfer haben zwei grün-weiß gestreifte Bewohner ihres Museums hergekarrt. Der Porsche 944 aus dem Jahr 1982 war in spezieller Mission unterwegs. Bis 1990 zählte er zum Sicherheitskonvoi, der den damaligen Generalbundesanwalt Kurt Rebmann vor Anschlägen und Entführungen schützen sollte. 164 PS brachte der Sportwagen auf die Straße – Ganoven heutzutage würden diesem Dienstflitzer mit dem Kleinwagen auf der Überholspur kalt lächelnd die Rücklichter zeigen.

Konturen und Charakter Eine ganze Halle voller NSU. Die Marke mit Sitz im benachbarten Neckarsulm feiert 150. Geburtstag. Etwa 30 NSU-Oldies präsentierten sich aus diesem Anlass in der Legendenhalle – vom knuffigen „Prinz“ über den sportiven 30-PS- „Spider“ bis hin zum kultig- progressiven RO 80. Rostiger Garagenfund, biederes Stadtauto oder die aufgemotzte Rallye-Variante gaben Einblicke in eine Zeit als Autos made in Germany noch Konturen und Charakter besaßen – und Stoff für Erinnerungen: „Damit ist unsere Familie immer in den Urlaub gefahren“, erzählt ein Böblinger als er einen RO 80 betrachtet, der mit seinem kühnen Oval-Design und den Chrom-Stoßstangen in den wolkenverhangenen Himmel blitzt.

Automobile Übersicht Und ach, den gibt es ja auch noch. Der Renault 4, rollender Quader mit kastenhaften Auftritt und legendärer Pistolenschaltung, zählte vor 40 Jahren noch zu jedem besseren deutschen Stadtbild. Mittlerweile ist das Wägelchen Geschichte und erinnert höchstens noch an eine Gauloise in knorrigem Franzosen-Gesicht. Und daran, dass Autos in prä-digitalen Zeiten auch einmal mechanische Wesen waren. Vergaser, Zylinder, Luftfilter und viel Platz: Als die Motorhaube aufgeht, macht diese den Blick frei in die automobile Übersichtlichkeit einer längst vergangenen Ära.

Alt hilft jung Ein Auspuff, der wie ein Regenrohr an der Karosserie entlang führt, ein Röhren, das die Luft vibrieren lässt und zwei Jungs – Vollbart im Gesicht und Schiebermütze auf dem Kopf – , die den satten Sound sichtlich genießen, den ihr Ford Spider Cabrio ausspeit. Jeder Druck aufs Gaspedal bei der langsamen Fahrt durch die Besucherschar ist ein kleiner Booster fürs Ego. Alte Autos sind auch gut für junge Menschen: Das wird an diesem Tag ebenfalls deutlich.