Grüne Wiese, wo eigentlich längst gebaggert werden sollte – das Projekt Bruckäcker sorgt für Streit zwischen der Stadt Fellbach und der Firma Layher. Foto: Dirk Herrmann

Seit etwa zehn Jahren tut sich wenig auf dem ehemaligen Grundstück der Gärtnerei Langjahr. Die Stadt liegt im Clinch mit der zuständigen Immobilienfirma – und ging nun einen ungewöhnlichen Schritt.

„Es ist eine unübliche Vorlage“, sagte Fellbachs Baubürgermeisterin Beatrice Soltys zu Punkt acht auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung. Gemeint ist damit ein Bericht zum Projekt Bruckäcker, in dem die Stadt aufdröselt, was bisher geschah. Denn dort, wo vor Jahren die Gärtnerei Langjahr ihr Geschäft betrieb, sollen eigentlich Wohnungen entstehen. Eigentlich. Mit der Zusammenarbeit mit der Immobilienfirma Layher, die das Grundstück gekauft hat, ist es allerdings so eine Sache.

Ein Wohngebiet mit viel Grün

2011 schließt die Gärtnerei Langjahr den Betrieb, die Fläche im Osten der Kernstadt, in Sichtweite des Schwabenlandtowers kann somit Teil eines größeren Neugestaltungsprojekts der Stadt in diesem Gebiet werden. Auf dem Gelände soll ein Wohngebiet mit Spielplatz und Grünflächen entstehen, so die Vorstellung der Verwaltungsbeamten. Als Problem identifizieren sie die hohe Lärmbelästigung durch die viel befahrene Schorndorfer Straße und die ansässigen Gewerbebetriebe.

Nachdem der Gemeinderat 2013 eine Machbarkeitsstudie beschließt, kauft die Immobilienfirma Layher, die ihren Sitz in Besigheim hat, das Gärtnereigrundstück. Bald stellt sich heraus, dass die Vorstellungen des Unternehmens, was das zukünftige Wohnareal angeht, sich von denen der Stadt merklich unterscheiden.

Erste Unstimmigkeiten werden deutlich

Zum einen gibt es Unstimmigkeiten über die Dichte der Bebauung. Außerdem weigert sich Layher nach Aussage der Stadt, diese Flächen zur öffentlichen Nutzung abzutreten. Hinzu kommt, dass die Immobilienfirma mehr Stockwerke für die Wohnhäuser plant, als im Vorentwurf des Bebauungsplans vorgesehen ist.

Zudem weigert Layher sich, eine Mehrfachbeauftragung durchzuführen. Stattdessen legt die Firma drei Varianten ihres eigenen Architekturbüros vor, was dem Fellbacher Standard des Wettbewerbsverfahrens nicht gerecht wird. So beschließt der Gemeinderat Ende 2015, an den im Bebauungsplan festgelegten städtebaulichen Zielen festzuhalten und auch auf die Mehrfachbeauftragung zu bestehen.

Wer trägt die Verantwortung?

Es folgen mehrere Jahre, in denen gar nicht oder nur ergebnislos verhandelt wird. Im September 2022 einigen sich die Stadt und der Immobilienkonzern mündlich auf einen Zeitplan für das Wettbewerbsverfahren. In ihrem Sachstandsbericht macht die Stadt Fellbach jedoch deutlich, dass Layher danach keine weiteren Schritte in die Wege geleitet habe.

Stattdessen wirft die Firma der Stadtverwaltung vor, das Projekt unnötig in die Länge zu ziehen und verweist auf Druck der Kunden, die nun schon sehr lange warten müssten. Das Rathaus wiederum weist die Vorwürfe zurück und sieht die Verantwortung für die zeitnahe Durchführung des Wettbewerbsverfahrens bei Layher.

Eskalation des Konflikts

Den Kundendruck nennt die Firma dann auch wenige Monate später als Grund, warum sie auf dem Baugrundstück ein Schild aufgestellt hat, auf dem zu lesen ist: „100 Wohnungen für Fellbach! Seit 10 Jahren warten wir auf die Baugenehmigung!“ Das Baudezernat hingegen weist darauf hin, dass die Anzahl der Wohnungen wegen nicht vorhandener planerischer Grundlage noch überhaupt nicht feststehe.

Layher macht die Stadt für das lange Warten auf die Baugenehmigung verantwortlich. Foto: Dirk Herrmann

Im Februar 2023 legt die Stadt das Vorhaben auf Halt. Nach einem weiteren Jahr Stillstand verweist Layher in einem Schreiben auf ein Projekt in Besigheim, das ohne Mehrfachbeauftragung erfolgreich konzipiert wurde. Daraufhin erwidert die Stadt, dass es im Fall Besigheim deutliche Einschränkungen für den Investor gegeben habe.

Stadt ist weiter offen für Gespräche

So weit, so verwirrend. „Wir standen immer und stehen weiterhin für konstruktive Gespräche zur Verfügung“, betonte Oberbürgermeisterin Zull im Gemeinderat. Bedingung dafür sei jedoch, dass Layher das Schild wieder demontiere. Außerdem liege es an dem Immobilienunternehmen, das Lärmproblem zu lösen. Auch auf die Wettbewerbsdurchführung besteht die Stadt weiterhin, ist jedoch bereit, den Anteil an bezahlbarem Wohnraum innerhalb eines gewissen Rahmens zu verhandeln.

Von den Gemeinderäten bekam die Baubürgermeisterin für diesen ungewöhnlichen Vorstoß durch die Bank Unterstützung. Doch auch die Dringlichkeit einer Lösung angesichts der Wohnungsnot betonten einige Fellbacher Stadträte.

Darauf verweist auch Layher in einer Stellungnahme auf Anfrage unserer Zeitung, in der es außerdem heißt: „Warum wir nicht zum Bauen kommen, können wir nach nahezu zwölf Jahren nicht mehr nachvollziehen.“ Zudem beklagt die Firma, noch immer keine Baugenehmigung erhalten zu haben, kündigt aber auch an: „Wir machen nun einen neuen Anlauf und hoffen, dass wir gemeinsam mit der Stadt Fellbach endlich weiterkommen und mit dem Bau so schnell wie möglich beginnen können.“

Der Fall Bruckäcker könnte dabei gar nicht so ungewöhnlich sein, hat sich die Firma Layher doch in der Vergangenheit einen gewissen Ruf erarbeitet. Angeblich kaufe das Unternehmen oft Flächen inmitten von Baugebieten, die ihnen dann ein gewisses Mitspracherecht bei der Gestaltung garantierten. Das will Fellbach offenbar nicht mit sich machen lassen.