Energie dort erzeugen, wo sie gebraucht ist, lautet das Motto des Projektentwicklers iTerra aus Gießen, der im Heckengäu einen Windpark errichten will. Foto: imago/Westend61/Stefan Schurr

Ein Gießener Projektentwickler will einen „Windpark Heckengäu“ errichten und ist mithilfe der Kommunen auf der Suche nach geeigneten Flächen. In den Gemeinderäten Heimsheim und Rutesheim stellt das Unternehmen iTerra die Idee vor und stößt vorwiegend auf positive Resonanz.

Vor vier Wochen hat die Stadt Heimsheim dem Regionalverband Nordschwarzwald seine Stellungnahme abgegeben, wo sie sich im Rahmen der Teilfortschreibung des Regionalplans Standorte für Windkraft-Anlagen vorstellen könnte. Damals konnte sich der Gemeinderat ganz knapp darauf einigen, dass ein ausgewiesenes Waldgebiet nördlich der Autobahn A 8 als geeignet für das Aufstellen von Windrädern angesehen wird. Nun kam der Projektentwickler iTerra energy GmbH aus dem hessischen Gießen mit konkreten Vorschlägen in die jüngste Gemeinderatssitzung.

Unmittelbar davor hatte er in der Nachbarstadt Rutesheim seine Pläne für mögliche Windkraftanlagen vorgestellt. Im Mai war das Unternehmen mit seinen Plänen in Mönsheim vorstellig geworden und nach Aussagen der Projektleiter Lukas Cislaghi und Isabel Erbe steht auch noch Weissach auf ihrer Liste.

Bis zu zwölf Anlagen könnten es werden

Der rührige Projektentwickler, der sich nach eigenen Angaben seit über 30 Jahren mit Windenergie befasst und 40 Mitarbeiter an mehreren Standorten beschäftigt, bietet an, sämtliche Schritte zu begleiten, von der Standortentwicklung über Planung und Bau bis zum Betrieb der Anlagen. Er möchte einen „Windpark Heckengäu“ errichten und ist dafür zunächst auf der Suche nach geeigneten kommunalen Potenzialflächen. Insgesamt könnten es in den oben genannten Gemeinden bis zu zwölf Anlagen werden, so die Vorstellung der Windenergiefirma. Die Aufstellung eines Windrads kostet von der Planung bis zur Realisierung rund zehn Millionen Euro. Etwa ein Hektar Wald muss dafür jeweils gerodet werden, wenn ein möglicher Standort in Waldgebiet fällt. Nach dem Bau wird an Ort und Stelle ein halber Hektar wieder aufgeforstet, der Rest an anderen geeigneten Stellen, erklären Erbe und Cislaghi.

Das Unternehmen sagt zu, mindestens 1000 Meter Abstand bis zur nächsten Wohnbebauung einzuhalten und besondere Schutzgebiete als Standorte auszuklammern. Für Schwachwindstandorte wie in dieser Region müssen besonders hohe Windräder gebaut werden. Konkret bedeutet das eine Nabenhöhe von 199 Metern und eine Gesamthöhe von 285 Metern. Die Höhe habe aber auch den Vorteil, dass dadurch das Risiko von Vogelschlag verringert bis verhindert werde. Die Planungs- und Bauzeit beträgt laut den Projektleitern rund sechs Jahre, sodass die Anlagen frühestens 2029 Strom erzeugen könnten. Die Kommune, die ihre Flächen zur Verfügung stellt, erhalte pro Standort mindestens 130 000 Euro Pacht jährlich, anteilige Gewerbesteuern sowie Abgaben von 0,2 Cent pro Kilowattstunde.

Unterschiedliche Meinungen in Heimsheim

Im Gemeinderat gab es Befürworter und Gegner. „Ich seh bei uns die Windräder nicht an erster Stelle“, sagte Gaby Wulff (Bürger für Heimsheim). „Wo sind die Photovoltaik-Anlagen über den Parkplätzen?“ fragte sie. Und zwölf Anlagen im direkten Umfeld seien „schon eine Hausnummer“. Sie forderte, wie andere Stadträte auch, einen Überblick, wo genau in der Nachbarschaft Anlagen gebaut werden sollen. Andere Stadträte kritisierten das Abholzen von Waldflächen. Uwe Braun (CDU) sagte, er halte die Standorte nördlich der Autobahn für geeignet und könne dem Vorschlag zustimmen. „Wir müssen unseren Beitrag zur Energiewende leisten“, so Braun. Der Bürgermeister Jürgen Troll fügte hinzu, dass er noch die Einschätzung des Forstes, welche Waldflächen geeignet seien, ergänzen möchte. „Wenn die Anlagen einen akzeptablen Abstand zur Wohnbebauung haben, sind wir offen für Überlegungen“, so der Bürgermeister. Der Gemeinderat stimmte schließlich mehrheitlich dafür, mit dem Projektentwickler einen Entwurf für einen Nutzungsvertrag auszuarbeiten.

Die Rutesheimer sind sich einig

Einigkeit über alle Parteien hinweg herrschte hingegen im Rutesheimer Gemeinderat. Das Gremium stimmte – bei einer Enthaltung – dem Vorhaben des Unternehmens iTerra zu, einen Windpark Heckengäu zu planen, zu entwickeln und bestenfalls auch zu errichten und zu betreiben. Mit der Neuauflage des Windatlas 2019 haben sich in der Region Stuttgart einige Flächen aufgetan, die zuvor für die Errichtung eines Windrads nie in Frage gekommen wären. Eine potenzielle Fläche davon ist die sogenannte „Exklave Perouse“ in der Nähe des Autobahnparkplatzes Heckengäu. „Dieser Bereich hat die Vorteile, dass er in allen Himmelsrichtungen weit genug von den bebauten Ortslagen von Perouse, Heimsheim und Flacht entfernt liegt und zudem frei von Wald ist“, sagte Bürgermeisterin Susanne Widmaier. Projektleiter Lukas Cislaghi sprach bei der Vorstellung im Sitzungssaal des Rathauses von maximal drei Windkrafträdern in diesem Bereich. Inwieweit das Projekt tatsächlich verwirklicht werden kann, hängt von dem jetzt anstehenden Prozess ab, der naturschutzfachliche Untersuchungen, diverse Gutachten sowie Genehmigungsverfahren erfordert. Auch mit Grundstückseigentümern muss verhandelt werden.

Fritz Schlicher, der Fraktionsvorsitzende der Grün-Alternativen Bürgerliste, ist hellauf begeistert von den Enwicklungen in Sachen erneuerbare Energien. „Die ersten Diskussionen fanden in dern 1990er Jahren statt, für mich geht jetzt ein Traum in Erfüllung.“ Auch die Bürgerliche Wählervereinigung begrüßt dieses Projekt. „Es ist sinnvoll, Energie dort zu erzeugen, wo sie gebraucht wird“, sagte der BWV-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Diehm. Christina Almert (CDU) freut sich, „dass das Projekt nun in die Planung geht“. Und auch Harald Schaber (Unabhängige Bürger Rutesheim) begrüßen mehrheitlich den Bau.