Ein Bullenhai schwimmt zwischen anderen Fischen. Haie üben auf Menschen in aller Welt eine gewaltige Faszination aus. Foto: Aussie Bubbles/dpa/Duncan Heuer

Seit Steven Spielbergs Film-Schocker „Der weiße Hai“ gelten Haie als Schrecken der Meere. Immer wieder, wenn auch selten, kommt es zu Attacken der Raubfische auf Menschen. New Smyrna Beach im US-Bundesstaat Florida trägt den unrühmlichen Titel „Welthauptstadt der Hai-Bisse“.

Während auf der Nordhalbkugel der Erde der Frühling langsam Einzug hält und in besonders warmen Regionen schon die ersten Sonnenhungrigen an den Stränden liegen, brandmarken Schlagzeilen Florida als "Haiangriff-Hotspot der Welt".

Florida: 69 unprovozierte Haiangriffe, 135 Millionen Badegäste

Tatsächlich ereignete sich laut Experten ein Viertel aller im vergangenen Jahr registrierten Haiangriffe in dem US-Bundesstaat. Wissenschaftler versuchen gegen die mediale Panikmache anzukämpfen: Das Risiko, von einem Hai gebissen zu werden, sei selbst in Florida äußerst gering, argumentieren sie.

Weltweit 69 unprovozierte Haiangriffe zählte die Universität von Florida im vergangenen Jahr in ihrer Statistik, 16 davon vor den Küsten des US-Bundesstaats. Angesichts der laut offizieller Statistik 135 Millionen Badegäste an Floridas Stränden im vergangenen Jahr ist diese Zahl denoch sehr klein.

Tief sitzende Angst vor den Raubfischen

Trotz der statistisch geringen Gefahr, von einem Hai gebissen zu werden, sitzt die Angst vor den Raubfischen mit den scharfen Zähnen tief. Filme wie „Der weiße Hai“ („Jaws“, 1975) von US-Regisseur Steven Spielberg und die seit Jahrzehnten laufende US-Dokuserie „Shark Week“ befeuern sie weiter.

„Wenn Haie im Wasser Fische jagen, kommen ihnen hin und wieder Menschen in die Quere, und die Haie machen einen Fehler“, sagt Gavin Naylor, Hai-Experte an der Universität von Florida und einer der Verfasser des jährlichen Haiberichts.

Wollten Haie Menschen wirklich angreifen, wäre das für sie ein Kinderspiel, schildert Naylor: „Menschen sind im Prinzip so etwas wie im Wasser treibende Würstchen.“ Doch statt zu attackieren, gingen Haie den Menschen grundsätzlich aus dem Weg.

New Smyrna Beach: „Welthauptstadt der Hai-Bisse“

Die flachen subtropischen Gewässer vor den Stränden Floridas sind reich an Nährstoffen und damit auch an Beutefischen, deshalb locken sie viele Haie an. Vor der Küste von New Smyrna Beach im County Volusia wurden vergangenes Jahr acht Menschen von Haien angegriffen.

Das brachte dem Ort den unrühmlichen (und angesichts der Fakten und Zahlen geradezu idiotischen Beinamen) „The shark bite capital?“ – „Welthauptstadt der Hai-Bisse“ ein. Das Meer dort ist bei Surfern beliebt, doch das trübe Wasser schränkt die Sicht der Raubfische ein, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie versehentlich nach einem Menschen schnappen.

Ein Hai schwimmt durch flaches Wasser am Illetes Strand auf Mallorca und erschreckt Badegäste (Archivbild). Foto: Angela & Tim Prottey-Jones/dpa

Haibisse – so selten wie Flugabstürze

Hai-Bisse seien wie Flugzeugabstürze – schockierend, aber selten, sagt Bruce Adams, der in New Smyrna Beach wohnt und beim Surfen selbst mehrmals den Raubfischen begegnete. Der schlechte Ruf der Tiere sei die Folge von Sensationsmache, bedauert er: „Damit wird der Verkauf angekurbelt“ kommentiert er die Umtriebe findiger Verkäufer, die in New Smyrna Beach T-Shirts mit der Aufschrift „Shark Bite Capital of The Word“ anbieten.

Titel

Seit 1970 ist die Zahl der Haie einer aktuellen Studie zufolge weltweit um 70 Prozent zurückgegangen. Foto: Sam's Tours/Wendy Capili-Wilkie/dpa
Der Weiße Hai gehört mit einer durchschnittlichen Länge von vier Metern und einer maximalen Länge von über sieben Metern zu den größten Haiarten. Foto: David Doubilet/National Geographic/AP/dpa

Die meisten Badegäste in Florida seinen wahrscheinlich schon einmal mit Haien im Wasser gewesen ohne es zu wissen, betont Haiforscher Joe Miguez, ein weiterer Autor des Jahresberichts. „Sie wollen nicht wirklich etwas mit uns zu tun haben.“ Einige Menschen betreiben sogar großen Aufwand, um den Raubfischen zu begegnen.

Mehr scheue Hundewelpen als furchterregende Monster

In Jupiter, etwa 150 Kilometer nördlich von Miami, hat Jonathan Campbell schon mehr als 500 Tauchgänge mit Leuten unternommen, die mit Haien schwimmen wollten. „Man sieht Haie in Filmen, und da sind sie furchterregende Monster. Aber im Wasser sind sie eher wie scheue Hundewelpen.“

Seit 1970 ist die Zahl der Haie einer aktuellen Studie zufolge weltweit um 70 Prozent zurückgegangen. Vielleicht ist der Mensch für die Raubfische eine größere Gefahr als sie für ihn. „Wir sollten uns mehr darauf konzentrieren, diese Tiere zu schützen, statt Angst zu haben, dass sie es auf uns abgesehen haben“, fordert Forscher Miguez.

Info: Sind Haie tatsächlich so gefährlich?

Hai-Arten
Die mehr als 500 verschieden Hai-Arten gehören zur Klasse der Knorpelfische. Die meisten Haie fressen Fische und anderen Meerestiere wie Robben. Immer wieder, wenn auch selten, kommt es zu Hai-Attacken auf Menschen. Jedes Jahr werden dem „International Shark Attack File“ (ISAF) in Florida zufolge weltweit 50 bis 80 Haiangriffe auf Menschen gemeldet. Fünf bis zehn davon enden tödlich.

Isaf
Die weltweite Datenbank über Hai-Angriffe Isaf wird vom Florida Museum of Natural History der University of Florida in den USA verwaltet und existiert seit 1958. Bis heute haben die Forscher mehr als 4000 Hai-Unfälle dokumentiert, der älteste datiert aus dem Jahr 1580.

Dokumentation
Jeder bekannt gewordene Angriff von und Unfall mit Haien auf Menschen wird heute von verschiedenen maritimen Organisationen wie dem International Shark Attack File oder dem Global Shark Attack File erfasst und ausgewertet. Die Daten von Haiunfällen sind durch das Shark Accident Victim Network im Internet allen Usern verfügbar.

Lebensraum
Haie leben in allen Weltmeeren und marinen Lebensräumen. Sie halten sich häufig in Küstennähe und flachen Küstengewässern auf, weil dort das Nahrungsangebot besonders verlockend ist. Sie leben aber auch in der hohen und tiefen See.

Regionen
Wer in südlichen Gefilden Urlaub machen will, sollte sich genau überlegen, an welchen Traumstränden er ins Wasser geht. In folgenden Küstengewässern fühlen sich Haie besonders wohl:

• New Smyrna Beach, Florida (USA)

• Bolinas Beach, Kalifornien (USA)

• Kahana, West Maui (Hawaii)

• North Shore, Oahu (Hawaii)

• Brisbane (Australien)

• „Shark Alley“, Gansbaai (Südafrika)

• Kosi Bay (Südafrika)


Umhlanga Rocks, KwaZulu Natal (Südafrika)


Recife (Brasilien)