Wolfgang Hermle (links) folgt auf Rolf Dettinger (Mitte), der in Ruhestand geht. Der Chef des Aufsichtsrats, OB Stefan Belz, freut sich über den guten Übergang. Foto: Eibner-Pressefoto/Roger Buerke

Nach mehr als 27 Jahren geht der Geschäftsführer der Therme, Rolf Dettinger, im April in den Ruhestand. Der Neue kommt aus der Region.

An diesem Sonntag sind es 27 Jahre, die Rolf Dettinger die Mineraltherme Böblingen als Geschäftsführer leitet. Doch seine Tage an der Spitze des Thermalbades sind gezählt. Spätestens am 1. April übernimmt Wolfgang Hermle, und Dettinger geht in den Ruhestand. Der Neue steht schon in den Startlöchern – und er ist in Böblingen kein Unbekannter.

Man merkt Rolf Dettinger an, wie sehr er für seine Mineraltherme brennt, auch noch nach so langer Zeit. „Ich weiß noch genau, wie ich die Therme das erste Mal betreten habe“, sagt er. Das war am Tag der offenen Tür zur Eröffnung der Einrichtung im Dezember 1989. „Da war ich noch ein recht junger Mitarbeiter der Stadt. Ich war beeindruckt von der Architektur, sie berührt mich heute noch.“

Therme für mehrere Millionen ausgebaut

In den folgenden Jahren ist das Thermalbad zu dem geworden, was seine Besucher heute kennen und schätzen. Ein großer Schritt war der Schritt zur Mineraltherme durch die Eröffnung von Saunagarten und Gastronomie. 3,5 Millionen Euro kostete ersterer damals. Immer wieder wurden Millionenbeträge in die Therme gesteckt.

Mit Erfolg, ist Böblingens Oberbürgermeister Stefan Belz sicher, der als Aufsichtsratschef der Böblinger Tochtergesellschaft die Staffelübergabe mit vorbereitet hat. „Die Therme ist ein gewichtiger Sympathiefaktor für Böblingen“, sagt er. Umso wichtiger sei es, dass der Übergang zum neuen Geschäftsführer harmonisch und weich gestaltet wird.

Rückkehr aus dem Exil

Wolfgang Hermle, der aktuell noch Bäderleiter bei den Stadtwerken Osnabrück ist, ist für das Gremium, das sich um die Nachfolge Dettingers gekümmert hat, der perfekte Kandidat. Der gebürtige Tübinger hat dort die Neuausrichtung der Bäderlandschaft von sieben auf drei Bäder mit klarem Profil verantwortet. Und auch in der Region hat sich der 60-Jährige seine Sporen schon verdient, indem er um die Jahrtausendwende das Fildorado in Filderstadt modernisiert hat. „Da hatte man den Fehler gemacht, sich auf dem Erfolg der 1970er Jahre auszuruhen“, sagt er.

Auch der Kreis Böblingen ist für Hernle, der um ein Haar Sportlehrer in Namibia geworden wäre, ein bekanntes Pflaster. Als sportbegeisterter Jugendlicher habe er öfter im Glaspalast gekickt. Und mit Erlangen des Führerscheins sei dann das Seestudio in Böblingen zu einer beliebten Adresse für ihn und seinen Freundeskreis geworden. Nicht zuletzt über den SV Böblingen hat Hernle Verbindungen in die Stadt. Er habe einige Jahre das Sportstudio im Kaufhaus Knoll geleitet. „Die Therme kannte man natürlich als eine Art Leuchtturm – nicht nur, weil sie auf dem Hexenbuckel so erhaben liegt“, sagt Hermle. In den vergangenen Monaten habe er die Therme dann einige Male undercover besucht. Als Gast, nicht als zukünftiger Geschäftsführer, wie er betont. Hermle ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter. Er habe Osnabrück durchaus schön und liebenswert gefunden, aber gerade aufgrund der familiären und freundschaftlichen Verbindungen in die Region sei es für ihn zu verlockend gewesen, als das Angebot aus der Heimat gekommen sei, zurückzukehren – „nach 13 Jahren im Exil“, wie er scherzt.

Harte Jahre

Bei allem Lob für die Entwicklung der Mineraltherme, in den vergangenen Jahren habe es das Unternehmen schwer gehabt, sagt Dettinger. „Seit März 2020 steht das Krisenmanagement im Vordergrund.“ Zuerst die Pandemie, in der die Therme zweimal fünf Monate am Stück geschlossen werden musste. Und dann die Energiekrise mit vervierfachten Heizkosten. „Über die ganze Zeit haben die Mineraltherme und damit auch ich ein hohes Maß an Vertrauen und Rückhalt entgegengebracht bekommen“, sagt er. Das sei nicht selbstverständlich. Auch die Belegschaft, die die Philosophie und Begeisterung auf den Platz trügen, bemüht Dettinger eine Fußball-Metapher, könne man nicht genug loben. Mittlerweile, sagt Dettinger, sei man auf Konsolidierungskurs. 90 Prozent der Besucher von vor Corona seien inzwischen zurückgekehrt. Ein guter Zeitpunkt für den Übergang, wie er findet.

Und für Hermles Amtszeit gibt es genug zu tun. „Jetzt geht es darum, die Therme fit zu machen für das nächste Jahrzehnt“, sagt OB Belz. Wie genau das Konzept „Therme 2030“ aussehen soll, ist noch nicht definiert. „Aber die großen Themen werden auch für die Therme die Megatrends der aktuellen Zeit sein“, sagt Dettinger.

Digitalisierung und Generationenwandel

Ein wichtiger Punkt sind dabei Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Da gehe es vor allem darum, das Nahwärmekonzept. Aber auch das Thema Digitalisierung müsse angegangen werden, sowohl bei im Mitarbeiter- als auch im Kundenmanagement. „In Osnabrück gibt es ein KI-gesteuertes Überwachungssystem, das dazu dient, potenziell gefährliche Situationen, die im schlimmsten Fall zum Ertrinkungstod führen könnten, frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden“, sagt Hermle. Aber auch eine datenschutzkonforme Überwachung der Beckenauslastung sei denkbar.

Ebenfalls wichtig sei der Gesundheitsaspekt, den die Mineraltherme von Anfang an als Aufgabe sieht. „Die neuen Generationen, Generation Y und Z, haben ein ganz eigenes Gesundheitsverständnis, und es wird darum gehen, das aufzugreifen und uns weiterzuentwickeln, ohne die bestehende Kundschaft zu verprellen“, sagt Hermle. Man wolle weiterhin ein Angebot für alle Altersgruppen bieten, ist man sich einig.

Die Therme in Zahlen

Eröffnung
 Nachdem 1983 entdeckt worden war, dass es in Böblingen in 775 Metern Tiefe Mineralwasser gibt, wurde im Jahr 1989 das „Mineral-Thermal-Bad“ auf dem Hexenbuckel eröffnet. Laut Webseite hilft das Wasser bei chronisch entzündlichen Erkrankungen und Rheuma sowie bei Unfallverletzungen und bei der Rekonvaleszenz nach Operationen.

Saunagarten
 Vor genau 20 Jahren wurde das heute als „Classic-Sauna“ bekannte Saunaangebot um einen großzügigen Saunagarten erweitert. Weitere Erweiterungen folgten 2010 und 2017.