Nacktschnecken können im Garten zur echten Plage werden. Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Der Schneckenforscher Michael Schrödl verrät, wie man lernt, sich mit Nacktschnecken zu arrangieren.

Hungrige Nacktschnecken sind eine Plage für jeden Gärtner und jede Gärtnerin. Viele angebliche Hausmittel können nichts gegen die Tiere ausrichten. Gibt es überhaupt irgendetwas, das wirksam hilft gegen die Plagegeister? Ein Experte gibt seine Erfahrungen weiter und hat den ein oder anderen Tipp.

Herr Schrödl, mag man als Schneckenforscher auch Nacktschnecken?

Wenn sie mir den Salat wegfressen, mag ich das natürlich auch nicht. Aber mich fasziniert es sehr, wie es diese kleinen Tiere schaffen, uns Menschen so aus der Fassung zu bringen. Und egal, wie viel Aufwand ein Gartenbesitzer betreibt, um sein Gemüse zu schützen: Ganz los wird er die Wegschnecken nie. So heißen die braun-roten Nacktschnecken, die so gefräßig sind.

Sie kennen also auch kein Allheilmittel?

Nein. Meine Frau hat mich vor einigen Jahren gezwungen, eine Lösung gegen das Schneckenproblem in unserem Garten zu finden. Also habe ich so ziemlich alles ausprobiert, was an Hausmitteln so herumgeistert und was man im Laden kaufen kann. Als Wissenschaftler mache ich so etwas sehr kritisch. Und ich habe festgestellt: Die eine Lösung gibt es nicht, es braucht für jeden Garten und jeden Gärtnertyp eine eigene, passende Strategie.

Und wie findet man die?

Die grundsätzliche Frage ist: Will ich die Wegschnecken aktiv bekämpfen, oder will ich mich irgendwie mit ihnen arrangieren? Wer in den Kampf zieht und tötet, nimmt am besten die Gartenschere, da leidet die Schnecke am wenigsten, wenn man sie im vorderen Drittel durchschneidet. Danach aber bitte im Garten vergraben, denn sonst werden neue Schnecken angelockt, die das Aas fressen.

Was ist mit Schneckenkorn?

Da leiden die Tiere auf jeden Fall mehr. Kauft man Produkte mit dem Wirkstoff Metaldehyd, wirkt das nach dem ersten Regen nicht mehr. Und es ist giftig für Vögel oder Igel, welche die toten Schnecken fressen. Wenn Schneckenkorn, dann bitte mit Eisen-III-Phosphat, das ist umweltverträglich. Die Schnecken fressen es und ziehen sich zum Sterben in die Erde zurück.

Manche Gartenbesitzer jammern, dass die Produkte mit Eisen-III-Phosphat nicht helfen.

Die Wegschnecken fressen dieses Schneckenkorn tatsächlich nicht so gern und werden davon auch nicht so gut angelockt. Aber es gibt einen super Trick: Bierkorn.

Warum nicht gleich die gute alte Bierfalle?

Weil Wegschnecken tatsächlich so auf Bier stehen, dass davon die Tiere aus der ganzen Nachbarschaft angelockt werden. Oft klettern sie wieder aus der Falle raus und machen sich dann beschwipst über den Salat her. Beim Bierkorn passiert das nicht. Man kann es häufchenweise verteilen und möglichst nicht nur im Gemüsebeet.

Aber ich will doch den Salat schützen?

Ja, aber wenn die Wegschnecken angelockt werden und dann doch kein Korn fressen, war’s das mit dem Salat. Besser verteilt man es an den Ecken, in die sich die Schnecken tagsüber zum Schlafen zurückziehen. Denn Schnecken sind nicht blöd. Sie wollen möglichst wenig Zeit mit Kriechen und möglichst viel Zeit mit Fressen verbringen.

Es gibt Menschen, die reden mit ihren Schnecken und erklären ihnen, was sie fressen dürfen im Garten und was nicht. Angeblich mit Erfolg.

Na ja, effizient ist das nicht. Aber es kann tatsächlich etwas bringen. Schnecken verstehen zwar nicht, was wir sagen. Aber sie sind lernfähig. Wenn ich so ein Tier morgens vom Salatblatt runterhebe und in die Sonne halte zum Reden, dann ist das unangenehm. Und danach setzt man die Schnecke auch noch weit weg vom Salat wieder aus. Sie merkt sich, dass sie im Salatbeet beim Fressen gestört wurde und kriecht das nächste Mal vielleicht woanders hin. Schnecken können

Nahrung bis zu 40 Meter weit riechen.

Was kann ich machen, wenn ich nicht der Typ Schnecken-Töter bin?

Dann sollte man sich mal in die Wegschnecken hineinversetzen. Sie brauchen ein feuchtes Versteck zum Wohnen, einen Komposthaufen oder eine Hecke etwa. Und sie brauchen etwas zu fressen. Kurz gemähter Rasen schmeckt ihnen nicht, also kriechen sie weiter Richtung Gemüse- oder Blumenbeet. Wenn ich dagegen eine Blumenwiese habe, finden sie auch dort leckere Häppchen. Je naturnäher der Garten ist, umso mehr natürliche Feinde der Schnecke wie Vögel, Igel, Spitzmäuse oder Blindschleichen wohnen auch dort.

Viele schwören auf Hochbeete gegen Schnecken.

Der Weg ins Hochbeet hinein ist für die Schnecken meist schon beschwerlicher, vor allem, wenn das Beet mit Abstand zu einer Hecke steht und man außen herum Schotter oder Rindenmulch auslegt. Je länger die Kriechzeit der Schnecke, umso kürzer ist die Fresszeit, die Platzwahl vom Hochbeet ist also entscheidend. Komplett schneckenfrei wird es trotzdem nicht sein.

Was ist mit Pflanzen, die Schnecken angeblich nicht mögen?

Ach, wenn Schnecken Hunger haben, gehen sie fast überall hin. Sie bevorzugen vielleicht Salat. Aber wenn man stattdessen Kartoffeln oder Tomaten pflanzt, fressen sie eben das.

Hilft Trockenheit dabei, den Wegschnecken das Leben schwerer zu machen?

Nur bedingt. Die Wegschnecke ist sehr zäh und hat eine klebrige Hautschicht, die sie gut schützt. Genügend Feuchtigkeit bekommt sie übers Fressen, dazu braucht sie keinen Regen. Und wenn die Winter dann auch noch mild sind, dann überleben viele Eier und Jungtiere. Man muss also davon ausgehen, dass die Wegschnecken vom Klimawandel eher noch profitieren werden.

Sind Wegschnecken eigentlich zu irgendetwas gut –außer als Futter für Igel oder Vögel?

Absolut. Wegschnecken sind tolle Verwerter im Kompost. Und die Geier der Gärten. Wenn tote Tiere rumliegen, fressen sie das Aas. Und sie verschmähen selbst Hundekot nicht. Nur essen sollte man sie wirklich nicht, anders als Weinbergschnecken sind sie echt ungenießbar, auch das habe ich probiert.

Der Schneckenkenner

Leben
 Michael Schrödl wurde 1967 in München geboren. Seit 1999 ist er Konservator für Weichtiere an der Zoologischen Staatssammlung München, seit 2009 Zoologie-Professor an der LMU München.

Bücher
 Schrödl ist Autor mehrerer Bücher zu Natur- und Umweltschutzthemen – auch zu Schnecken. In „Schneckenplage muss nicht sein“ (Verlag BoD) stellt er verschiedene Strategien vor, um im Garten mit den Schnecken leben zu können. Sein neuestes Werk ist ein Schneckenforscher-Roman („Der Herr der Nacktschnecken“, Verlag BoD).