Hexentanz auf dem Brocken im Harz (Gemälde um 1935). Foto: Imago/Arkivi

In der Nacht zum 1. Mai, dem Gedenktag der heiligen Walburga, versammeln sich nach altem Volksglauben die Hexen auf dem Blocksberg im Harz und feiern Hexensabbat. Wir erklären Ursprung und Bedeutung der Walpurgisnacht.

In alten Geschichten heißt es: In der Walpurgisnacht vom 30. April auf den 1. Mai fliegen viele Hexen auf den Brocken, auch als Blocksberg bekannt. Dort oben kommen sie um ein loderndes Feuer zusammen, tanzen und feiern mit dem Teufel. Mit viel Geschrei treiben sie den Winter aus und begrüßen den Frühling.

„Walpurgisnacht. Der Aufbruch der Hexen“, Ölgemälde von Luis Ricardo Falero (1878): In der Walpurgisnacht sollen Hexen auf Besen, Katzen oder Ziegenböcken auf den Blocksberg im Harz reiten, um am großen Hexentanz teilzunehmen. Foto: Imago/H.Tschanz-Hofmann

Hexensabbat, Teufelstanz und Hexenlehre

Es ist die Nacht des Hexensabbat oder Teufelstanz. Sogenannte Hexentheoretiker in der frühen Neuzeit bezeichneten damit ein regelmäßiges, geheimes, nächtliches, festartiges Treffen von Hexen und Hexern einer Region mit dem Teufel an einem bestimmten, meist abgelegenen Ort - dem Hexentanzplatz.

Mit dem Hexenflug und Teufelspakt, der Teufelsbuhlschaft und dem Schadenzauber gehört der Hexensabbat zu den fünf Hauptelementen der Hexenlehre, die sich um das Jahr 1430 zuerst in der Westschweiz auszuformen begann und sich dann in ganz Europa rasant ausbreitete. Diese Elemente bildeten im 16. und 17. Jahrhundert auch die häufigsten Anklagepunkte in den meist von weltlichen Gerichten durchgeführten Hexenprozessen, die in der Regel für die Angeklagten tödlich endeten.

Eine Ausgabe des „Malleus Maleficarum“. Foto: Imago/Cover-Images

Im „Malleus Maleficarum“ – „Der Hexenhammer“ – heißt es: „Hairesis maxima est opera maleficarum non credere” – „Es ist eine sehr große Häresie, nicht an das Wirken von Hexen zu glauben.“ „Der Hexenhammmer“ ist ein Werk des deutschen Theologen und Inquisitors Heinrich Kramer (1430-1505), das die Hexenverfolgung legitimierte und entscheidend förderte. Das 1486 erstmals in Speyer gedruckte Buch erschien bis zum Ende des 17. Jahrhunderts in rund 30.000 Exemplaren und 29 Auflagen.

Heidnische Frühjahrsbräuche

An die alten Sagen vom Hexensabbat erinnern jedes Jahr Tausende Menschen. Sie reisen in die Orte rund um den Brocken im Harz und feiern dort. Einige verkleiden sich als Hexen und Teufel. Sie malen sich zum Beispiel die Gesichter an oder kleben sich große Nasen und Warzen auf. Zu dem Fest gehören auch Umzüge, Feuerwerke und Musik.

Ihre Wurzel hat die Walpurgisnacht in heidnischen Frühjahrsbräuchen, bei denen die Ankunft des Frühlings mit nächtlichen Freudenfeuern gefeiert wurde. Nach altem Volksglauben vertreiben in dieser Nacht die germanischen Götter Wotan und Freya die Winter-Dämonen und zeugen den Frühling.

Eine Hexengestalt sitzt vor einem Walpurgisfeuer auf dem Hexentanzplatz in Thale (Sachsen-Anhalt). Foto: dpa/Matthias Bein

Keltisches Fest Beltane

Ursprünglich wurde in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai mit dem keltischen Beltane eines der größten heidnischen Frühlingsfeste gefeiert. Ganze Dorfgemeinschaften trafen sich aus diesem Anlass zum Tanzen und Schmausen an bestimmten Orten im Wald oder auf einem Hügel.

Nachdem seitens der kirchlichen Obrigkeit derartige Feste als verwerflicher „Heidenspuk“ verboten worden waren, wurden sie im Mittelalter zum Hexensabbat umgemünzt, den jeder ehrbare Mensch fortan zu meiden und zu fürchten hatte.

Walpurgisnacht auf dem Erfurter Domplatz. Foto: dpa/Martin Schutt

Hexenritt auf dem Blocksberg

Dem Volksmund nach trafen sich die Hexen zunächst am Hexentanzplatz in Thale im Harz und ritten dann auf ihren Besen hinauf zum Brocken, dem höchsten Gipfel Nordeutschlands, um mit dem Teufel zu tanzen.

Wie unzählige Legenden und Sagen berichten, sollen sie in der Walpurgisnacht auch auf Katzen oder Ziegenböcken auf den Blocksberg reiten, um am großen Hexentanz teilzunehmen. Bevor sie jedoch dort und auf vielen anderen – zumeist nur in der jeweiligen Region bekannten – „Hexentanzplätzen“ mit dem Teufel das Tanzbein schwingen, treiben sie auf ihrer Reise allerlei Schabernack und richten so manchen Schaden an.

Richtig populär wurde die Walpurgisnacht durch Johann Wolfgang von Goethes „Faust“. Darin überredet Mephisto Faust, an einer Hexenfeier teilzunehmen. „Dort strömt die Menge zu dem Bösen; da muss sich manches Rätsel lösen“, hofft der verzweifelte Faust.

Als Hexen und Teufel Kostümierte feiern im Kurpark in Braunlage (Sachsen-Anhalt) Walpurgis. Foto: dpa/Matthias Bein

Namensgeberin Walburga

Die Volkskundler des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) sind sich allerdings sicher, dass die Walpurgisnacht ursprünglich nichts mit Hexen zu tun hatte. Nach ihren Recherchen wurde der 1. Mai seit dem achten Jahrhundert als Tag der Waffenschau der Wehrfähigen begangen. Mit diesem Musterungstermin könnte das Recht zusammenhängen, vor dem Eintritt in den Militärdienst noch einmal ausgiebig „über die Stränge zu schlagen“.

Fest steht, dass die Nacht zum 1. Mai zwar ihren Namen von der heiligen Walburga bekam, sonst aber nichts mit ihr zu tun hat. Die aus England stammende und 779 oder 780 gestorbene Heidenheimer Äbtissin Walburga, deren Gebeine in Eichstätt bestattet sind, wurde durch Papst Hadrian II. (867 bis 872) heiliggesprochen.

Walpurgisnacht im Volksglauben

Um ihrem dämonischen Treiben ein wenig Einhalt zu gebieten, wurde in der Walpurgisnacht vielerorts mit den als geweiht geltenden Glocken geläutet. Der Klang sollte die Hexen vertreiben und sie davon abhalten, von den Kirchenglocken ein Stück abzubeißen.

Thale: Eine Teufelsskulptur blickt auf ein Feuer. Foto: dpa/Matthias Bein

Dennoch – so warnte der Volksglaube – sind in dieser Nacht alle Zaubermächte entfesselt: Menschen können ganz nach Belieben gewandelt oder verwandelt werden. Pflanzen stellen ihr Wachstum ein, und Wasser kann zu Wein werden.

Besonderen Gefahren sind die Kühe im Stall ausgesetzt, da die nächtlichen Besucherinnen versuchen, die Milch zu verhexen. Um das zu verhindern, stellten die Bauern zwei gekreuzte Besen vor die Stalltüren. Sie galten als unüberwindbare Barriere für umherziehende Hexen. Ein einzelner Besen durfte indes nicht auf dem Hof oder vor dem Haus zurückbleiben. Er hätte ansonsten einer Hexe als Transportmittel dienen können.

Frauen über Jahrhunderte als Hexen verfolgt

Die Alte, die Zauberin, die Magierin – es gibt einige Synonyme für Hexe, die wohl stets eine Wissende war, mit Kräutern heilen und vielleicht nicht hellsehen, aber doch Zusammenhänge deuten konnte. Wissen aber beanspruchte einzig und allein der Klerus für sich. Deshalb wurden wissende Frauen als Hexen dämonisiert und verfolgt.

Mythische Gestalten sitzen vor einem Walpurgisfeuer auf dem Hexentanzplatz in Thale. Foto: dpa/Matthias Bein

Sogar Hebammen wurden als Hexen diffamiert und als Hexen verbrannt. So erging es vielen wissenden Frauen im ganzen Land, besonders aber im Harz, einem Schwerpunkt der Hexenverfolgung. In ganz Europa geht man von rund 50 000 Frauen aus, die dämonisiert und als Hexen verbrannt wurden.

Tatsächlich war die vermeintliche Teilnahme an solch einem „Hexensabbat“ ein Hauptanklagepunkt bei zahlreichen Hexenprozessen der frühen Neuzeit. Nach heutigen Schätzungen fielen dem Hexenwahn bis zu 60 000 Frauen, Männer, sogar Kinder zum Opfer, fast die Hälfte davon in Deutschland.