Ex-Audi-Chef Rupert Stadler vor dem Landgericht München: Legt er ein Geständnis ab? Foto: dpa/Sven Hoppe

Es ist das erste Geständnis eines früheren Topmanagers aus dem VW-Konzern im Diesel-Abgasskandal. Ob es ihm Haft erspart, ist unklar. Der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler feilscht noch.

Jahrelang hat Wolfgang Hatz jede Beteiligung am VW-Abgasbetrug vehement abgestritten. Weil dem früheren Chef der Motorenentwicklung im gesamten VW-Konzern nun im Münchner Betrugsprozess eine Haftstrafe droht, gesteht er, um dieser vielleicht noch zu entgehen.

Das erste Geständnis eines einstigen VW-Topmanagers verliest dessen Anwalt vor dem Landgericht München. „Ich räume die Vorwürfe vollumfänglich ein“, sagt dieser im Namen seines Mandanten. Es sei zutreffend, dass er eine Betrugssoftware, die nur am Prüfstand für saubere Abgase gesorgt hat, aber im Straßenbetrieb meistens abgeschaltet blieb, zusammen mit Mittätern „veranlasst“ habe. Das Risiko, dass das von Behörden als illegale Vorrichtung eingestuft würde, sei ihm dabei bewusst gewesen.

Rupert Stadler dagegen als prominentester Angeklagter des Diesel-Abgasprozesses ziert sich noch. Beim früheren Audi-Chef geht es ums Geld. Denn Teil einer Einigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Stadler zu einer mutmaßlichen Bewährungsstrafe für ihn ist eine zusätzliche Geldauflage – laut Staatsanwälten eine siebenstellige Summe. Eine Millionensumme aber will Stadler nicht zahlen. Auch das Gericht hält einige hunderttausend Euro für angemessen. Um diesen Punkt wird nun weiter gefeilscht, was aber rasch beendet sein könnte.

Staatsanwaltschaft signalisiert Entgegenkommen

Schon am Mittwoch als nächstem Prozesstag könnte auch ein Geständnis Stadlers folgen. So er gesteht, habe die Staatsanwaltschaft signalisiert, mit einer Bewährungsstrafe Stadlers zwischen eineinhalb und zwei Jahren leben zu können, falls er zusätzlich eine Millionensumme zahlt, teilt Richter Stefan Weickert mit. Nach seinen vier Monaten Untersuchungshaft müsste der 60-jährige damit bei einem Geständnis nicht erneut ins Gefängnis. Finanziell verkraftbar wäre für ihn auch die Zahlung einer Millionensumme als Teil eines Urteils. Allein in seinen letzten Amtsjahren als Audi-Chef hat Stadler zwischen sechs und acht Millionen Euro kassiert, merkt die Staatsanwaltschaft an.

Ob sein Ex-Kollege Hatz dagegen am Ende ebenfalls mit einer Bewährungsstrafe davonkommt, ist trotz erfolgtem Geständnis unklar. Bei ihm hat die Staatsanwaltschaft einer Bewährung widersprochen. Sein Geständnis komme zu spät. Zudem habe Hatz „in sehr hoher Position erheblichen Beitrag“ zur Betrugssoftware geleistet. Dessen wird Stadler nicht beschuldigt. Er hat nach Erkenntnis des Gerichts aber nicht unterbunden, dass Diesel-Modelle mit Betrugssoftware verkauft wurden. Das gilt als Betrug durch Unterlassung.

Ankläger will Gefängnisstrafe

Hatz muss nach Ansicht der Staatsanwälte indessen trotz Geständnis ins Gefängnis. Über zwei Jahre käme der 64-jährige, der schon neun Monate in Untersuchungshaft saß, damit hinter Gitter.

Würde Richter Weickert ihn dennoch nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilen, ist damit zu rechnen, dass die Staatsanwaltschaft Revision einlegt. Bei einer Geldauflage als Teil eines Urteils, sind sich dagegen im Fall von Hatz alle Beteiligten einig. Er soll demnach 400 000 Euro zahlen.

VW hatte seinerseits bei einem Vergleich mit Hatz, Stadler und anderen Topmanagern deutlich mehr Geld verlangt. Mit Stadler hatte sich der Konzern 2021 auf 4,1 Millionen Euro Schadenersatz geeinigt, mit Hatz auf 1,5 Millionen Euro. Beide Summen sind von Geständnissen oder Verurteilungen unabhängig, wie zu hören ist. Die Vergleiche seien fix und enthielten keine Klauseln für den Fall des späteren Nachweises oder Eingeständnisses einer Straftat. Auch seitens der Managerhaftpflichtversicherung, die VW seinerzeit im Zuge des Diesel-Skandals 270 Millionen Euro gezahlt hatte, drohe keine Gefahr, heißt es aus dem Verteidigerkreis. Die zahlt üblicherweise nur unter der Prämisse, dass nicht gegen Gesetze verstoßen wurde. Aber angeblich müssen die Manager dennoch nicht mit finanziellen Forderungen von dieser Seite rechnen.

Für die beiden anderen Angeklagten des vor Gericht stehenden Quartetts ist es schon ausgestanden. Das waren zwei Techniker aus der vierten Hierarchieebene der VW-Tochter Audi, die die Betrugssoftware maßgeblich mitentwickelt hatten. Gegen den einen von ihnen, ist der Prozess schon beendet – Ingenieur Henning L., der von Anfang an alles gestanden und als Kronzeuge fungiert hatte. Zweieinhalb Jahre Prozessdauer und eine Geldauflage von 25 000 Euro blieben ihm dennoch nicht erspart. Teils geständig war auch sein Technikerkollege Giovanni P. Auch er hat nun wie Hatz ein volles Geständnis abgelegt. Das Gericht stellte ihm deshalb ebenfalls eine Bewährungsstrafe nebst 50 000 Euro Geldauflage in Aussicht.

30 Milliarden Euro an Strafen

Damit nähert sich ein erstes Kapitel der strafrechtlichen Aufarbeitung des Diesel-Abgasskandals bei VW in Deutschland ihrem Ende. Dabei stand deren Ursprung im Fokus. Denn erfunden wurde die Betrugssoftware bei Audi und dann später verbaut nicht nur in eigene Diesel-Modelle sondern auch solche der Konzernmarken VW und Porsche. Weil vor allem Gerichte und Behörden in den USA im Abgasbetrug scharf geurteilt haben, hat der Skandal VW gut 30 Milliarden Euro an Strafen und Schadenersatz gekostet. Daran gemessen können sich Stadler und Hatz gegen die sich abzeichnenden Urteile gegen sie nicht beschweren. Sie tun es auch nicht.