Die marode alte TSV-Halle beim Wasenstadion hätte dem neuen Sportvereinszentrum weichen müssen. Daraus wird nichts. Foto: Werner Kuhnle

Der Gemeinderat in Freiberg lehnt das vom TuS Freiberg und der Stadtverwaltung geplante, vielschichtige Projekt ab. Damit kommt auch kein Baugebiet.

Gut besucht wie lange nicht mehr war die Gemeinderatssitzung im Freiberger Rathaus am Dienstagabend. Der Grund: auf der Tagesordnung stand der mögliche Bau eines Vereinssportzentrums des TuS Freiberg und der Stadt Freiberg am Wasen mit Gymnastikräumen und einer Ein-Feld-Halle. Hüben saßen Vereinsmitglieder, die nach fünfjähriger ehrenamtlicher Vorplanung auf eine erste Zustimmung für das Projekt hofften. Drüben saßen Anwohner, die darüber klagten, dass die Verkehrssituation rund ums Wasenstadion bereits jetzt „die Hölle“ sei. Nachdem die Lebensqualität deshalb abgestürzt sei befürchtete ein Anwohner, dass der Wasen „weiter vollgestopft“ werde.

Der Bedarf an einem Sportzentrum ist da

Der Gemeinderat hatte über den Grundsatz zu entscheiden, ob die Stadt beabsichtigt, das Vorhaben „vorbehaltlich der finanziellen Rahmenbedingungen zu realisieren“. Ein frühes Stadium, an das sich die Detailplanung zu Finanzen und Verkehr sowie der finale Baubeschluss erst noch angeschlossen hätten. „Um das Projekt weiter zu konkretisieren braucht es jetzt erste Beschlüsse“, so Bürgermeister Dirk Schaible. Die Absprache zwischen Stadt und Verein: zeichnet sich im weiteren Verlauf klar ab, dass die Kosten explodieren und die Kostenneutralität nicht erreichbar ist, wird das Projekt in beiderseitigem Interesse nicht realisiert.

Doch diese Frage wird sich gar nicht mehr stellen: Der Gemeinderat votierte bereits jetzt mit 11:7 Stimmen bei einer Enthaltung gegen die weitere Planung. Das Vorhaben Vereinssportzentrum ist gestoppt. Die Räte betonten in ihren Wortbeiträgen, die Initiative des TuS durchaus gutzuheißen und den Bedarf eines Sportzentrums zu sehen.

Das Verkehrsaufkommen ist ein Knackpunkt

Die Risiken überwogen für die Mehrheit der Stadträte aber doch. Vor allem bei der Frage, ob das Projekt tatsächlich kostenneutral umzusetzen ist. Geplant war, die sanierungsbedürftige Lugaufhalle in Geisingen abzureißen, das Areal für Wohnungsbau freizumachen – und aus dem Erlös der Grundstücksverkäufe wie auch mit den dann eingesparten Sanierungskosten von vier Millionen Euro das Vereinssportzentrum im Stadtteil Beihingen mitzufinanzieren. Die Gymnastikräume hätte der TuS betrieben, die Ein-Feld-Halle die Stadt, womit dringend benötigte Kapazitäten für Sporttreibende geschaffen worden wäre.

„Die Entscheidung fällt schwer, aber das bisherige Konzept ist so nicht akzeptabel“, sagte Udo Schimke von den beim Votum zwiegespaltenen Freien Wähler. Es handele sich um einen hohen finanziellen Zuschuss an den TuS, da die Stadt für einen Großteil der Kosten aufkäme. „Wir sollten uns auf die anderen Großprojekte konzentrieren, für die wir einen Spielraum benötigen.“ Zudem, so Schimke, sei der Standort Wasen wegen des schon jetzt viel zu hohen Verkehrsaufkommens ungeeignet.

Finanzierung wird als unrealistisch angesehen

Stefan Goedeckemeyer von der CDU sah die angestrebte Kostenneutralität aufgrund der üblichen Baukostensteigerungen und des „toten“ Wohnungsmarktes als „mutig“ an. „Es ist bereits absehbar, dass es eine Deckungslücke von zwei bis drei Millionen Euro geben wird.“ Eine Zustimmung sei gegenüber dem Verein, der weiterhin ehrenamtlich Zeit investieren würde, unehrlich und unfair. So leid ihm das „Nein“ auch tue.

Der Liberale Thomas Baum sprach für sich und seine Fraktionskollegin von der „schwersten Entscheidung, die sie als Stadtrat je zu treffen gehabt hätten“. Ihm fehlten belastbare Zahlen sowie das Verkehrskonzept. „Und geben wir unser Okay, wäre die Stadt voll im finanziellen Risiko.“ Bauchschmerzen wegen der Finanzierung äußerte auch Christine Henkel von der Unabhängigen Liste, die trotz des anderslautenden Beschlusses befürchtete, dass es bei einer Zustimmung „kein Zurück mehr“ gäbe.

Viel Klärungsbedarf sah Michael Frey von der Offenen Grünen Liste, der das Hauptrisiko darin sah, dass die Stadt die Folgen tragen würde, wenn das Geschäftsmodell nicht aufgehe. Das Ruder versuchte die Liste mit Ergänzungen herumzureißen, was das Gremium mehrheitlich ablehnte. Derweil erklärte Sabine Geißer die Zustimmung der SPD für das Projekt – die offenen Fragen wolle man in den nächsten Schritten aber geklärt haben.

Enttäuschung beim TuS Freiberg

Das ist hinfällig. Die Finanzierung und ein Verkehrskonzept werden gar nicht erst im Detail erarbeitet. Bürgermeister Schaible hatte sich für das Vorhaben ausgesprochen, weil die Chancen aus seiner Sicht größer als die Risiken seien. Es gäbe aber zwei Waagschalen, keines der Argumente sei falsch. Das Ergebnis kommentierte er damit, dass es ihm für den TuS sehr leid tue. „Das ist Demokratie und das Ergebnis ist so zu akzeptieren. Zumindest hat der Verein jetzt Klarheit.“

Die Köpfe aufseiten des TuS senkten sich erst mal. „Wir sind natürlich enttäuscht. Das ist denke ich keine Überraschung“, sagt der Geschäftsführer Thorben Kurz am Tag nach dem Votum. Im Verein wolle man sich nun zusammensetzen und sondieren, ob politisch nicht doch noch irgendetwas möglich ist.

Die Ratsentscheidung zieht auch nach sich, dass die marode, alte TSV-Halle, an deren Standort gebaut worden wäre, bleibt. Wie auch die Lugaufhalle, die für eine weitere Nutzung in den nächsten Jahren saniert werden müsste. Ihr Abriss ist vom Tisch, und damit die Umwidmung des Areals in ein kleines 0,8-Hektar-Baugebiet.

Größer Sportverein in der Stadt

Breitensport
 Der Turn- und Sportverein Freiberg zählt zwölf Abteilungen von Fußball über Handball und Leichtathletik bis zu Ski, Faustball, Gymnastik und Breitensport. Die Vielfalt der Kurse beim TuS – die in den Gymnastikräumen im neuen Vereinssportzentrum hätten stattfinden sollen – reicht bis zum autogenen Training mit Meditation Outdoor, Meridian Qigong und dynamischen Yoga. Das Angebot wird insgesamt an 14  verschiedenen Sportstätten ausgeübt.

Lange Geschichte
 Mit 2200 Mitgliedern ist der TuS Freiberg der größte Sportverein in der mehr als 16 000 Einwohner zählenden Stadt. Dazu kommen rund 500 Nicht-Mitglieder, welche die Kursangebote nutzen. Gegründet wurde der TuS 1993 beim Zusammenschluss der 1899 gegründeten Vereine TSV Beihingen und TGV Geisingen