Thabo Bester wurde in Südafrika zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt und täuschte seinen Tod im Gefängnis vor. Foto: Polizei Tansania

Die Geschichte von Thabo Besters Gefängnisausbruch ist so unglaublich, dass keiner sie erfinden würde – und dermaßen haarsträubend, dass sie sich nur in einem Gangsterstaat abspielen konnte.

Die Geschichte von Thabo Besters unglaublichem Gefängnisausbruch beginnt wie viel zu viele Geschichten in Südafrika: mit einer Vergewaltigung. Genau genommen mit einer ganzen Serie an Vergewaltigungen, die der 35-jährige Thabo Bester vor mehr als zehn Jahren nach immer demselben Muster beging. Er kontaktierte junge Frauen über Facebook und überredete sie unter dem Vorwand, Models für eine internationale Agentur zu suchen, zu einem Treffen. In dessen Verlauf vergewaltigte er seine Opfer mit vorgehaltenem Messer; seine Freundin, ein tatsächliches Modell, brachte er um. Für seine Verbrechen wurde er 2012 zu lebenslanger Haft verurteilt.

Von Bester war erst wieder im Mai 2022 die Rede, als er sich im Mangaung-Gefängnis der Provinzhauptstadt Bloemfontein angeblich das Leben nahm. Er habe seine Matratze angezündet und sei bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, so die Gefängnisleitung. Noch heute beharrt der Betreiber der zweitgrößten privat geführten Haftanstalt der Welt, der Konzern G4S, darauf, dass Bester damals verbrannte – auch wenn eine Obduktion ergab, dass der Tote 25 Zentimeter kleiner als Bester und bereits vor seiner Verbrennung durch einen harten Schlag auf den Schädel umgebracht worden war. Allerdings blieb der Obduktionsbericht unter Verschluss: Der damalige Vizeminister für das Gefängniswesen bestritt fälschlich, ihn jemals zu Gesicht bekommen zu haben.

Kampf um Leichnam entbrannte

Unterdessen entbrannte auch ein Kampf um Besters angeblichen Leichnam. Zunächst sicherte ihn sich Besters vermeintliche Frau Nandipha Magudumana, musste ihn allerdings alsbald wieder zurückgeben. Daraufhin forderte ihn die vermeintliche Mutter ein: Doch deren DNA stimmte nicht mit derjenigen der Leiche überein. Wo die verkohlten Überreste des nur 145 Zentimeter großen Toten heute sind, ist nicht bekannt.

Journalisten deckten Geschichte auf

Inzwischen hatten auch Journalisten des Internet-Dienstes Ground Up von den merkwürdigen Vorgängen um Besters Leiche erfahren: Die Möglichkeit, dass sich dieser durch die Vortäuschung seines Todes die Freiheit ergaunert haben könnte, hielten sie nach eigenen Worten zunächst für „äußerst unwahrscheinlich“. Im Verlauf ihrer Recherchen drängten sich jedoch immer mehr Fragen auf: Warum wurde Bester kurz vor dem Brand in eine Einzelzelle verlegt? Warum waren auf den Überwachungskameras der Haftanstalt zwei ebenfalls kurz vor dem Brand aus dem Gefängnis eilende Gestalten zu sehen? Und warum verfügte die Polizei selbst zehn Monate nach dem Vorfall über keine Resultate von Besters DNA-Test? Als den Journalisten dann auch noch der vom Ministerium verleugnete Autopsie-Bericht zugespielt wurde, verdichtete sich ihr Verdacht, dass Bester seinen Tod nur vorgetäuscht hatte. Zudem belegten dies auch Fotos, die Bester nach seinem angeblichen Tod mit seiner Partnerin, der glamourösen Celebrity-Ärztin Magudumana, im Johannesburger Luxusviertel Sandton zeigten.

Trotzdem hielt die Gefängnisbehörde an ihren Dementi fest – nur ein Sprecher des Justizministeriums meinte lakonisch: „Sollten diese Berichte wahr sein, handelt es sich um den spektakulärsten Gefängnisausbruch in der Geschichte unseres Landes.“

Und dabei blieb es nicht einmal. Die Ground-Up-Journalisten fanden außerdem heraus, dass Bester schon vor seinem vorgetäuschten Tod eine Schwindelfirma mit seiner Partnerin betrieben hatte. Dazu gab er sich regelmäßig als Geschäftsführer der New Yorker Kommunikationsunternehmens 21st Century Media aus: In Anzug und Krawatte in der Bloemfonteiner Haftanstalt gefilmt und live übers Internet verbreitet. Nach Besters Scheintod und Flucht setzte das Ganoven-Duo seine Betrügereien aus einer Villa in Sandton fort: Diesmal betrog Bester als Direktor einer Immobilienfirma Kunden um ihre Anzahlungen, während Dr. Magudumana angeblich eine Wellness-Klinik aus dem Boden stampfte. Als der Bluff Mitte März aufflog, tauchte das Gangsterpaar unter: Südafrikas Polizei vermochte lediglich eine auf Besters Nachtisch zurückgelassene Rolex sicherzustellen.

Betrüger-Pärchen wird in Tansania gefasst

Die beiden Betrüger flohen fast 4000 Kilometer weit in die tansanische Provinzstadt Arusha und wurde von der dortigen Polizei am Karfreitag festgenommen: Südafrikas Ordnungshüter behauptet, an der Verhaftung maßgeblich beteiligt gewesen zu sein. Die Regierung in Pretoria hat bereits ihre Auslieferung beantragt.