Die Landwirte haben immer häufiger mit Dürren, wie hier in Brandenburg, zu kämpfen. Ein Gesetz zur Renaturierung soll Linderung bringen, doch im Europaparlament wird darum heftig gestritten. Foto: dpa/Patrick Pleul

Im Umweltausschuss des Europaparlaments findet sich auch nach langen Verhandlungen keine Mehrheit für ein geplantes Gesetz zur Renaturierung.

Knapper kann eine Abstimmung nicht sein. Mit 44 zu 44 Stimmen kommt im Umweltschuss des Europaparlaments am Dienstag keine Mehrheit für das seit Monaten heftig umstrittene Gesetz zur Renaturierung zustande. Nun wird voraussichtlich im Juli im Plenum des EU-Parlaments über das Vorhaben abgestimmt. Sollte es auch dort keine Mehrheit geben, könnte der Green Deal, der Umbau Europas zu einem klimaneutralen Kontinent, auf Jahre hinaus ins Stocken geraten.

CDU bestreitet Vorwurf der Blockade

Entsprechend hoch schlagen die Emotionen unter den Parlamentariern. Vor allem die konservative EVP-Fraktion muss sich den heftigen Vorwurf der Blockadepolitik gefallen lassen. Die CDU-Europaabgeordnete Christine Schneider betonte aber nach der Abstimmung, dass es gute Gründe gebe, sich gegen das geplante Gesetz zu stemmen. Die EU-Kommission habe einen „vollkommen falschen Ansatz gewählt“, sagte sie. Die Konservative befürchtet einem Rückgang der land- und forstwirtschaftlichen Flächen, der „unsere Ernährungssicherheit gefährden“ würde. Dem widerspricht die Grünen-Politikerin Jutta Paulus vehement. Dieses „EU-Gesetz zur Rettung der Natur“ könne zum „Schutz vor Dürren, Bränden und Flutkatastrophen“ beitragen und dadurch langfristig für die Ernährungssicherheit sorgen.

Erklärtes Ziel des Gesetzes ist es, die Ökosysteme vor dem Kollaps zu bewahren. Dabei zielt es etwa darauf, trockengelegte Moore wieder zu vernässen, Wälder aufzuforsten und mehr Grün in Städte zu bringen. Damit soll unter anderem der Klimawandel eingedämmt und dem voranschreitenden Artensterben begegnet werden.

Die Bauern sind auf den Barrikaden

Das aber bringt viele Bauernverbände auf die Barrikaden, die sich um ihre Zukunft Sorgen machen. Nun machen sich die Konservativen im Europaparlament zu deren Anwalt. So betont Christine Schneider, dass die Interessen der Landwirtschaft in dem Gesetz nicht genügend berücksichtigt würden. Nach Aussagen von Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten, gehe es der EVP-Fraktion und deren Chef Manfred Weber bei der Ablehnung des Gesetzes vor allem um eine „Machtdemonstration“. Dazu suche er in diesem Fall sogar die Unterstützung des extremen rechten Randes im Parlament.

Offensichtlich wird in diesen Tagen auch, dass sich die Konservativen bereits für die Europawahl im Juni 2024 rüsten. Auf der Suche nach zündenden Themen ist vor allem den deutschen CDU/CSU-Vertretern die aktuelle Schwäche der Grünen in Deutschland ins Auge gefallen. Deutliche Signale kommen auch aus den Niederlanden. Dort konnte die rechts-konservative Bauern-Bürger-Bewegung (BBB) nach heftigen Protesten gegen verschärfte Stickstoffgrenzwerte bei den Provinzwahlen erdrutschartig Stimmen einfahren. Die EVP hat daraus ihre Schlüsse gezogen und verabschiedete jüngst ein Positionspapier, das die Klima- und Umweltschutzgesetze der EU massiv ausbremsen könnte.

Der Kampf ist noch nicht vorbei

Um dieses Ziel durchzudrücken, greife die Fraktion auch zu zweifelhaften Methoden. So erklärt nicht nur Jutta Paulus, dass EVP-Chef Weber vor der aktuellen Abstimmung mehrere Parlamentarier im Umweltausschuss durch „linientreue Parteisoldaten“ ausgetauscht habe. Ihre Hoffnung setzt sie nun auf die offene Auseinandersetzung im Plenum. Paulus: „Der Kampf zur Rettung der Natur ist heute noch nicht entschieden, denn das letzte Wort liegt beim Europäischen Parlament“.