Munition für ukrainische Artillerie wird knapp. Foto: dpa/Dan Levy

In Brüssel wird erwogen, den Kauf der Munition gemeinsam zu organisieren. Sorge bereitet den Außenministern China.

Der wichtigste Gast fehlte. Als der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Montagvormittag überraschend sein Treffen mit den Außenministern der EU-Staaten in Brüssel absagte, war das Erstaunen groß. „Herr Kuleba hat andere Verpflichtungen“, erklärte Schwedens Außenminister Tobias Billström kurz vor der Sitzung, ohne Details zu nennen. Schnell machte dann aber die Nachricht die Runde, dass US-Präsident Joe Biden Kiew besuchen würde, und so war auch das Fehlen Kulebas in Brüssel akzeptiert.

Der ukrainische Außenminister sendet ein deutliches Zeichen nach Europa

Der ukrainische Außenminister sendete damit allerdings auch ein deutliches Zeichen an die Europäer: In diesem Krieg vertraut Kiew eher auf die Hilfe der Vereinigten Staaten. Dabei ging es in Brüssel vor allem um weitere Hilfe für die Ukraine.

Schon im Vorfeld des Treffens hatte Dmytro Kuleba die Europäische Union zur verstärkten Lieferung von Munition an sein Land gedrängt. In einem ersten Schritt könnten „die EU-Mitgliedstaaten eine Million Geschosse vom Kaliber 155 mm an die Ukraine liefern“, schrieb Kuleba am Montag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Der ukrainische Außenminister griff damit einen Vorschlag Estlands auf, die Munition im Rahmen der Europäischen Union gemeinsam zu beschaffen – ähnlich wie beim gemeinsamen Einkauf von Corona-Impfstoffen während der Pandemie. „Wir unterstützen diese Initiative ausdrücklich und drängen auf ihre Umsetzung“, betonte der ukrainische Chefdiplomat auf Twitter.

Der Verbrauch an Munition in der Ukraine ist immens

„Heute haben wir die Situation, dass Russland an einem Tag so viel Geschosse nutzt wie in der EU in einem Monat produziert werden“, begründete der estnische Außenminister Urmas Reinsalu am Rande des Brüsseler Treffens den Vorschlag seines Landes. Die derzeitigen Produktionskapazitäten der europäischen Rüstungsindustrie seien „absolut inakzeptabel“.

Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell machte sich für diesen Weg stark, die Ukraine mit Munition zu versorgen. Für einen gemeinsamen Einkauf könne beispielsweise Geld aus der sogenannten Europäischen Friedensfazilität genutzt werden. Dabei handelt es sich um ein Finanzierungsinstrument, über das die EU bereits heute Waffen und Ausrüstung liefert sowie die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte fördert. Bislang wurden dafür 3,6 Milliarden Euro freigegeben.

Sorgen bereitet den Außenministern der EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit, dass China seinen Verbündeten Russland mit Waffen beliefern könnte. Damit wäre „eine rote Linie“ überschritten, sagte der EU-Chefdiplomat Josep Borrell. Dies habe er dem chinesischen Außenpolitiker Wang Yi deutlich gemacht. Dieser habe versichert, China habe „keine Absicht, dies zu tun“.

Außenministerin Baerbock erinnert China an die Rolle im Sicherheitsrat

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat an China appelliert, Russland keine Waffen für den Krieg gegen die Ukraine zu liefern. Sie habe bei der Münchner Sicherheitskonferenz in Gesprächen mit der chinesischen Delegation deutlich gemacht, dass China als Sicherheitsratsmitglied für den Weltfrieden verantwortlich sei. „Das bedeutet natürlich auch, dass China keine Waffen – und dazu zählen auch Dual-Use-Güter – an Russland liefern darf. Das habe ich in meinen Gesprächen intensiv unterstrichen.“