Das Amtsgericht Böblingen spricht im Prozess um einen Überfall auf ein Wettbüro Haftstrafen und Arbeitsauflagen aus. Das Trio räumt die Tat voll umfänglich ein.
Eine nach vier Monaten immer noch sichtlich schockierte Geschädigte und drei Täter, die das ohnehin Offensichtliche voll umfänglich zugeben – mildernde Umstände hat das Jugendgericht keine gesehen bei der Verhandlung am Dienstagvormittag um den nächtlichen Raubüberfall eines Trios auf ein Böblinger Wettbüro am 20. Oktober 2022.
Mit Messer gedroht, um Tageseinnahmen zu bekommen
Zwei Jahre und sechs Monate Haftstrafe gab’s für einen 24-Jährigen aus Gärtringen, einziger Erwachsener auf der Anklagebank, zwei Jahre sowie ein Jahr und acht Monate auf Bewährung für die beiden zum Tatzeitpunkt 17 und 15 Jahre alten jugendlichen Komplizen aus dem Kreis Ludwigsburg. Lediglich die Absprache zur schweren räuberischen Erpressung blieb nach widersprüchlichen Einlassungen im Dunkeln.
Die geschädigte Zeugin, Kassenangestellte im Wettbüro, sprach aber aus, was auch Richter Ralf Rose und die beiden Schöffen beim Urteilsspruch, der noch über den Antrag des Staatsanwalts hinausging, offenbar bewegte. Der Ältere, der draußen Schmiere stand, habe die beiden Jüngeren in Erwartung geringerer Strafen beim Scheitern der Tat zum Überfall in den Laden vorgeschickt. Auf den Videos mehrerer Kameras war zu erkennen, wie der 15-Jährige unter Vorhalt eines Messers das Öffnen der Kasse erzwang und sich daraus gut 3000 Euro Bargeld griff. Er und der zweite, ebenso wie der erwachsene Tatbeteiligte mit Pfefferspray bewaffnete Kumpan, verließen anschließend fluchtartig die Räumlichkeiten in der Böblinger Poststraße und stürmten zu dritt davon.
Ruhig geblieben bei der Festnahme
Als eher atypisch wertete der verantwortliche Polizeibeamte dagegen die anschließende Festnahme der drei am Kaufmännischen Schulzentrum in Böblingen. Ruhig, ja geradezu „gechillt“ hätten sie dagesessen. Weggetreten habe aber keiner aus dem Trio gewirkt, wie es insbesondere der Älteste nach vorheriger Drogeneinnahme für sich reklamierte. Dafür wurden geringe Mengen Haschisch bei ihm und dem 17-Jährigen sichergestellt und auch Tatwerkzeuge und Handschuhe sowie die Beute in der Nähe recht bald aufgefunden.
Biografien von Flucht und Vertreibung
Alle machten im Verfahren Angaben zur Person. Dabei spielte immer die Flucht von Syrien in den Irak und mit dem Schlauchboot über die Ägäis bis nach Deutschland eine Rolle. „Ich bin fast ertrunken“, erklärte der Mittlere der drei. Während er nach Festnahme und Untersuchungshaft nur noch sporadisch die Schule besuchte und sein Hauptschulabschluss in den Sternen steht, berichtete der Jüngste von einem geordneten Tagesablauf ohne Drogen, dafür mit Joggen vor der Schule und Training im Ringerverein.
Der Erwachsene muss nicht zum ersten Mal ins Gefängnis
Fragen zum eigentlichen Tatablauf aber beantwortete nur der Erwachsene, als einziger aus dem Trio vorbestraft und mit Hafterfahrung. Die beiden anderen ließen trotz guter Deutschkenntnisse Erklärungen von ihren Anwältinnen verlesen, der 17-Jährige auch zu einem weiteren Vorfall aus dem September vergangenen Jahres, bei dem er nach einem Familienstreit Polizeibeamte tätlich angriff und verletzte. Alle drei jedoch entschuldigten sich bei den Geschädigten für ihre Verfehlungen. Insgesamt „weder eine gute Idee, noch ein angemessenes Verhalten“, wie die Anwältin des 17-Jährigen unumwunden einräumte.
Sein Haftbefehl wurde im Unterschied zu dem des einzigen erwachsenen Täters aufgehoben. Für die Jugendlichen kommen 120 sowie 80 Arbeitsstunden und die Auflagen des Besuchs der Drogenberatung und eines Sozialtrainings hinzu. „Wer mit 15 oder 17 eine solche Tat begeht, muss sehen, dass das Maß voll ist“, gab Ralf Rose ihnen nicht nur angesichts der dreijährigen Bewährungszeit mit auf den weiteren Lebensweg.