Gent zählt mit seiner historischen Innenstadt zu den schönsten Städten Europas. Foto: Krohn/Krohn

Die belgische Stadt ist ein Touristenmagnet. Nun sollen die größten Auswüchse eingedämmt werden.

Kommen Sie nicht nach Gent! Mit diesem erstaunlichen Slogan wirbt das Tourismusamt der flämischen Metropole. Die Erklärung folgt in dem kurzen Video allerdings auf dem Fuße. Die Stadt sei viel zu schön, um nur einen Tag in ihr zu verbringen. „Wir wollen weniger Selfie-Tourismus und mehr Pyjama-Tourismus“, bringt es Bram Van Braeckevelt auf den Punkt. Der Grünen-Politiker ist in Gent verantwortlich für den Tourismus eines malerischen Ortes, der allmählich an seinem eigenen Erfolg zu ersticken droht.

Die rund 260 000 Einwohner zählende Stadt wird jedes Jahr von Millionen Touristen förmlich überschwemmt. Allein 1,5 Millionen Übernachtungen wurden 2022 gezählt – Tendenz stark steigend. Fast 10 000 Menschen arbeiten direkt im Tourismusbereich. Zu einem immer größeren Problem werden allerdings die Tagestouristen, die an schönen Tagen die engen Gassen verstopfen und im Vergleich zu den Übernachtungsgästen wenig Geld ausgeben.

Den Touristenstrom kanalisieren

Die Stadtverwaltung versucht diesen Strom nun etwas zu kanalisieren. So sollen in Zukunft die Reisebusse nicht mehr bis ins Zentrum zur Sint-Jacobskerk fahren dürfen, sondern müssen die Touristen am Bahnhof Dampoort aussteigen lassen, etwa zehn Gehminuten vom Zentrum entfernt. Großes Kopfzerbrechen bereiten den Verantwortlichen auch die Flusskreuzfahrten. Vor der Corona-Krise legten an Spitzentagen bis zu zwölf Schiffe im Hafen an, jetzt ist deren Zahl auf fünf beschränkt.

Eine Umfrage hat ergeben, dass diese Gäste ihre Vollpension auf dem Schiff genießen und die örtliche Gastronomie kaum profitiert. Die Besucher gehen nach dem Anlegen an Land, machen vor den zahlreichen Sehenswürdigkeiten ein Selfie und gehen wieder an Bord. Auch wird für diese Passagiere in Gent keine Übernachtungssteuer fällig, die mit jährlich weit über drei Millionen Euro für den Stadtsäckel ein wichtiger Einnahmefaktor ist. Daraus wird etwa die Instandhaltung der historischen Gebäude finanziert, deren Schönheit dann noch mehr Touristen anzieht.

Der Charakter der Stadt verändert sich

Ins Visier der Stadtverwaltung rücken auch die zahlreichen „illegalen Unterkünfte“ von Privatpersonen. Sie sind nicht nur eine unliebsame Konkurrenz der Hotels in Gent, sie verändern auch den Charakter der Stadt. Viele Einheimischen können sich keine Wohnung mehr leisten, weil manche Eigentümer lieber an Touristen vermieten. Aus diesem Grund werden inzwischen keine Genehmigungen mehr erteilt, normale Wohnungen in Ferienwohnungen umzuwandeln. Auch werden privat vermietete Wohnung ab 2024 zur Zahlung einer Kurtaxe verpflichtet.

Zudem sollen die Touristen animiert werden, die ausgetreten Pfade zu verlassen und auf diese Weise die historische Innenstadt etwas zu entlasten. Dazu werden die Gebäude im früher als Armenviertel verschrienen „Dok Noord“ renoviert. Es entstehen trendige Lofts, zahlreiche Bars für junge Leute und ein Einkaufskomplex. An der Kaimauer liegen mehrere zu Restaurants umgebaut Lastkähne, ein Start-up bietet Kajak-Touren durch die historische Innenstadt an. Erklärtes Ziel der Umstrukturierungen der kommenden Jahre sei es, betont der Stadtpolitiker Bram Van Braeckevelt, die Seele von Gent für dessen Einwohner zu bewahren und die Stadt nicht vollständig an die Touristen zu verkaufen.