Trauer und Fassungslosigkeit bei den schwedischen Fans Foto: AFP/JOHN THYS

Zwei Schweden werden am Montagabend vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Belgien in Brüssel erschossen. Die schwedischen Anhänger müssen bis tief in die Nacht im Stadion ausharren.

Für die letzten der schwedischen Fußball-Fans dauerte der Alptraum im König-Baudouin-Stadion bis 4 Uhr in der Nacht an. Die rund 400 Anhänger der Tre Kronors mussten nach dem tödlichen Anschlag auf zwei Schweden in Brüssel am Montagabend aus Sicherheitsgründen sehr lange im Stadion ausharren, ehe auch sie mit der Polizei zu ihren Hotels eskortiert worden. Die schwedische Nationalmannschaft hatte zu der Zeit nach dem abgebrochenen EM-Qualifikationsspiel per Charterflieger die belgische Hauptstadt bereits verlassen.

Das Spiel, das zur Halbzeit beim Stand von 1:1 abgebrochen wurde, war da schon längst zur Nebensache verkommen. Zuvor waren in Brüssel zwei schwedische Fans von einem offenbar 45-jährigen Tunesier erschossen sowie eine weitere Person verwundet worden. Der mutmaßliche Täter wurde am Dienstagmorgen von der Polizei niedergeschossen und starb. Bei ihm wurde eine Waffe gefunden, die die des Anschlags sein könne.

Höchste Terror-Warnstufe in Brüssel

Der Tatort am Montag lag nur rund fünf Kilometer vom früheren Heysel-Stadion entfernt. Angepfiffen wurde das Spiel trotzdem, weil den Behörden die Arena als sicherer Ort erschien. Die schwedische Mannschaft erfuhr in der Halbzeitpause von den Vorfällen. „In der Pause sollte ich mich gut mit den Spielern unterhalten, aber als ich das hörte, fing ich fast an zu weinen. Wir waren uns hundertprozentig einig, dass wir aus Respekt vor den Opfern und ihren Familien nicht weitermachen wollten“, sagte Nationaltrainer Janne Andersson und fügte an: „Wir wollten mit Familie und Freunden in Kontakt treten.“

Zum schwedischen Team gehörten auch die drei Bundesligaprofis Emil Forsberg (RB Leipzig), Mattias Svanberg (VfL Wolfsburg) und Hugo Larsson (Eintracht Frankfurt). Schwedens Kapitän Victor Lindelöf begründete den Spielabbruch auch damit, dass Belgien bereits für die EM qualifiziert sei und man selbst darauf keine Chance mehr habe. „Daher sehe ich keinen Grund zu spielen. Wir wollten hier sofort Kontakt zu Familie und Freunden aufnehmen, um zu sehen, ob es ihnen gut geht“, sagte der Abwehrspieler von Manchester United.

Bei dem Täter handele es sich um einen Tunesier, der im November 2019 in Belgien Asyl beantragt habe, sagte Justizminister Vincent van Quickenborne. Die Ermittler gehen Hinweisen auf ein islamistisches Motiv nach. Er sei der Polizei im Zusammenhang mit Menschenhandel, illegalem Aufenthalt und Gefährdung der Staatssicherheit aufgefallen. Der Mann war am Montagabend auf der Flucht, entsprechend herrschte in Brüssel die höchste Terror-Warnstufe.

„In was für einer Welt leben wir?“

Im Nachbarland Frankreich wurden unterdessen für das am Dienstag angesetzte Länderspiel gegen Schottland in Lille die Sicherheitskräfte verdoppelt, wie Innenminister Gérald Darmanin ankündigte. In Frankreich sind die Pariser Terroranschläge vom 13. November 2015 noch in Erinnerung, als sich unter anderem drei Selbstmordattentäter am Stade de France während eines Länderspiels zwischen Deutschland und Frankreich in die Luft sprengten.

„In was für einer Welt leben wir?“, sagte Andersson. „Menschen werden heute in Schweden auf eine Weise erschossen, die unwirklich ist. Auch schwedische Anhänger, die Schweden im Ausland unterstützen, sind offenbar zur Zielscheibe geworden. Das macht mich traurig.“

Die Hotels, in denen die rund 400 schwedischen Fans einquartiert waren, standen in der Nacht unter Polizeischutz. „Die Zusammenarbeit zwischen Fans, Verbänden und Behörden hat in einer extrem angespannten Situation sehr gut funktioniert. Insgesamt haben rund 400 Schweden im Laufe des Abends und der Nacht Hilfe erhalten“, sagte der schwedische Sicherheitschef Martin Fredman am Rande des Spiels.

Den Anhängern wurde nahegelegt, keine schwedischen Flaggen in der Öffentlichkeit zu zeigen. Gleichzeitig erhielten sie das Angebot, bei ihrer Rückreise zum Flughafen eskortiert zu werden. „Alles ist so surreal, jenseits aller Realität. Alle wollen einfach so schnell wie möglich von hier weg, sagte Andreas Richt von der schwedischen Fan-Organisation Gula Väggen der Zeitung „Aftonbladet“.