Richter des Stuttgarter Oberlandesgerichts entlassen den siebten von elf Inhaftierten der mutmaßlichen Rechtsterrorgruppe S. aus der Untersuchungshaft. Ein Urteil in dem Prozess wird noch vor Weihnachten erwartet.
Der Prozess gegen die mutmaßliche Rechtsterrorgruppe S. scheint nach mehr als 170. Verhandlungstagen zu Ende zu gehen: Herbert Anderer, Vorsitzender Richter des 5. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart, forderte die Verteidiger auf, ihre letzten Beweisanträge zu stellen und legte bereits die Reihenfolge für deren Schlussvorträge fest. Prozessbeteiligte gehen davon aus, dass die beiden Bundesanwälte und 24 Verteidiger ab Oktober ihre Plädoyers halten werden. Ein Urteil würde dann noch vor Weihnachten gesprochen.
Unterdessen wurde der siebte von ursprünglich elf inhaftierten Angeklagten aus der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim entlassen. Frank H. kam vor allem deshalb frei, weil er an einem Aussteigerprogramm für Extremisten teilgenommen hatte.
Der Generalbundesanwalt wirft der Gruppe S. vor, eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben. Diese habe sich bewaffnen wollen, um Anschläge auf Moscheen in Deutschland zu verüben. Durch Gegenreaktionen sollte so ein Bürgerkrieg entfacht werden, der schlussendlich zum Sturz der Bundesregierung führen sollte. Ähnliche Vorwürfe erhebt die Bundesanwaltschaft auch gegen eine Gruppe um den Prinzen Heinrich XIII. Reuß. Mutmaßliche Mitglieder dieser überwiegend aus sogenannten Reichsbürgern bestehenden Gruppe werden seit vergangenem Dezember immer wieder deutschlandweit festgenommen.
Ermittlungen basierten auf Aussagen eines lügenden Spitzels
Im Fall der Gruppe S. hatte die Polizei ihre Ermittlungen im Frühsommer 2019 auf der Grundlage von Aussagen eines Spitzels aufgenommen. Diese entpuppten sich im Laufe des Prozesses größtenteils als unwahr und frei erfunden. Die Richter machten mehrfach deutlich, dass sie diesen Aussagen nur dort Glauben schenken, wo sie durch andere Tatsachen belegt sind. Als einziger Angeklagter wurde Paul-Ludwig U. bei einer bundesweiten Razzia am 14. Februar 2020 nicht festgenommen.
Vier Angeklagte befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft. Die Verteidiger gehen davon aus, dass die bereits verbüßte Haftzeit aller Inhaftierten in etwa der zu erwartenden Strafe entspricht, die die Richterinnen und Richter verhängen könnten. Einer der im Februar 2020 verhafteten Beschuldigten nahm sich im Sommer desselben Jahres das Leben in Untersuchungshaft. Der, den die Ermittler für unschuldig hielten.