Bildung ist der Schlüssel zu einem selbstbestimmten. Foto: I/ris Stolz/Terre des hommes

In einem halben Jahrhundert haben Karl Herrigel und seine Ludwigsburger Mitstreiter von Terre des hommes vieles bewirkt. Hat sich die Arbeit des internationalen Kinderhilfswerks verändert?

Am Anfang waren da die schrecklichen Bilder aus dem Vietnam-Krieg: zum Beispiel das vom Napalm verbrannte nackte, schreiende Kind. Eine Initialzündung für die von Terre des hommes in Deutschland, als Verein Hilfe für Kinder in Not, seinerzeit 1967 in Stuttgart. Der Funke zündete auch bei Karl Herrigel, als er 1973 mit einigen Gleichgesinnten den Verein in Ludwigsburg ins Leben rief. Jetzt der Ludwigsburger Ableger sein 50-jähriges Bestehen im Kulturzentrum der Stadt.

Karl Herrigel berichtete von den vielen Aktionen, Initiativen und Veranstaltungen, mit denen Terre des hommes sich über ein halbes Jahrhundert lang für die Schwächsten der Schwachen eingesetzt hat, eben Kinder als Opfer von Krieg, Gewalt und Misshandlung. Der ursprüngliche Impuls, im Vietnam-Krieg verletzte Kinder nach Deutschland zu holen und hier behandeln zu lassen, stand am Beginn einer langen Geschichte des humanitären Engagements, das inzwischen weit über die reine Nothilfe hinausgeht. Herrigel selber hat beobachtet: „Inzwischen beschäftigen wir uns auch immer mehr mit den Ursachen der Armut und Not.“ Terre des hommes sei also politischer geworden. Und: „Wir befassen uns auch mit Ungerechtigkeiten im eigenen Land.“ Das drückt sich etwa in Initiativen zugunsten von Migrantenkindern aus.

Was ist das Ziel von Terre des hommes?

In jedem Fall, so Herrigel, waren die vielen persönlichen Begegnungen im Rahmen dieses Engagements „sehr wertvolle und berührende Erfahrungen“. Zu den härtesten Proben zählt er die Auseinandersetzung mit Vertretern des Nestle-Konzerns in den 1990-ern. Damals wurde gegen die Werbung des Unternehmens für Muttermilchersatzstoffe in armen Ländern Front gemacht. Als sehr positiv hat Herrigel die Aktivitäten gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie erlebt. Die Einführung des Markenzeichens Rugmark für Teppiche, die garantiert nicht mit Kinderarbeit hergestellt worden waren, verbuchen die Aktivisten in ihrer Erfolgsbilanz.

Woher kommt der Name Terre des hommes?

Herrigel zitierte den französischen Schriftsteller Antoine des Saint-Exupéry, dessen Buch „Terre des hommes“ – sinngemäß etwa: Eine Erde der Menschlichkeit – eine Inspiration für die Namensgebung des Werkes war: „Mensch sein, das heißt: Verantwortung fühlen, sich schämen angesichts einer Not, auch wenn man offenbar keine Mitschuld an ihr hat, stolz sein auf den Erfolg der anderen, fühlen, das man mit seinem eigenen Stein mitwirkt am Bau der Welt.“

Renate Schmetz, Erste Bürgermeisterin in Ludwigsburg, würdigte den außergewöhnlichen Einsatz von Herrigel: „Sie haben 50 Jahre lang die Initiativen und den Verein vorangebracht. Ich ziehe meinen Hut vor diesem Engagement.“ Sie wies darauf hin, dass es unverändert sehr „viele Baustellen“ gebe, wo Kinder in Not seien. „Denken wir nur an die Ukraine, dort werden Kinder verschleppt.“ Sie überreichte Herrigel als Anerkennung einen riesigen Kaffeebecher, für den Fall, dass er mit seinem Team einmal richtig groß Kaffee trinken wolle. Derzeit sind bei Terre des hommes in Ludwigsburg acht Ehrenamtliche voll dabei, die Bürgermeisterin war optimistisch: „Aus acht sollen zehn oder 15 werden.“

Viel lob für Karl Herrigel

Karl Herrigel sei eine „prägende Gestalt und das Gesicht des Vereins in der Öffentlichkeit“, sagte Daniel Hewer, Regionskoordinator Nord von Terre des hommes. „Ich wünsche, dass ihr euch noch lange für Kinder einsetzt, die es nicht so gut haben wie die Kinder hier. Macht weiter so!“

Für den musikalischen Rahmen der Feier sorgte der Kölner Liedermacher Gerd Schinkel. Seine Lieder und Texte griffen in großer Prägnanz und Klarheit die Nöte von Straßenkindern, von Flüchtlingen und auch die Klimakrise auf.

Der Abend mündete in einen weiteren musikalischen Höhepunkt, dem Jubiläumskonzert der argentinischen Sängerin Marili Machado. Mit ihrem aktuellen Programm „Die Hoffnung auf ein Wiedersehen“ zog die Künstlerin das Publikum in den Bann ihrer Lieder und lateinamerikanischer Tango- und Candobe-Rhythmen.