Im Glück: Novak Djokovic Foto: dpa/Christophe Ena

Der Serbe krönt sich zum erfolgreichsten Tennisspieler der Geschichte. Bei den French Open feiert er seinen 23. Grand-Slam-Titel und hält allein den Rekord.

Novak Djokovic war mit Anfang Zwanzig gerade in die Tennis-Weltklasse aufgestiegen, da war er nahe dran, seine ganze Karriere auch schon wieder hinzuschmeißen. Damals verlor der aufstrebende, schon extrem ehrgeizige Djokovic immer wieder die alles entscheidenden Matches gegen Rafael Nadal und Roger Federer. Er habe halt nicht „irgendjemanden“ auf der Tennistour schlagen wollen, so Djokovic, sondern Nadal und Federer, die übermächtigen Superhelden jener Zeit. Djokovic schüttelte seine Zweifel, seine Wut und die Frustrationen dann doch ab, er trainierte viel härter, er stellte seine Ernährung komplett um, er wurde zum Vorzeige-Athleten und professionellsten aller Profiakteure überhaupt.

Er wurde der Djokovic, wie man ihn jetzt kennt. Und er wurde jener Djokovic, der nun, mit dem Stichtag 11. Juni 2023, sportlich seine beiden größten Rivalen übertrumpft und wohl für immer hinter sich gelassen hat, Nadal und Federer. Als Djokovic am Sonntagabend um 18.24 Uhr in die rote Centre-Court-Erde von Paris sank, hatte er seinen bisher prägendsten Tennismoment und ein sporthistorisches Datum zugleich festgeschrieben – er war mit jetzt 23 Major-Titeln zum erfolgreichsten Herrenspieler der Geschichte geworden, dank seines 7:6 (7:1), 6:3, 7:5-Sieges bei den French Open über den tapferen Norweger Christian Ruud.

Was im Frühling 2004 im kroatischen Umag begann, mit Novak Djokovics allererstem Tourmatch gegen den Italiener Filippo Volandri, was danach erste markante Höhepunkte mit dem Australian Open-Sieg 2008 und mit dem erstmaligen Sprung an die Weltranglisten-Spitze 2011 erlebte – diese brillante Ausnahmekarriere gipfelte nun nach knapp neunzehn Profijahren im Allzeit-Rekord des 36-jährigen Meisterspielers aus Belgrad.

Schwer gerührt

Ehre, wem Ehre gebührte: Als Zeremonienmeister überreichte Yannick Noah, der letzte heimische Champion, dem glückstrunkenen, schwer gerührten Djokovic den Musketier-Cup. „Es ist unglaublich, diesen emotionalen Moment hier erleben zu dürfen. Dieses Turnier war immer am schwersten für mich zu gewinnen“, sagte Novak Djokovic, „diesen Tag werde ich nie vergessen. Es ist ein fantastisches Gefühl, wenn Träume wahr werden.“

Unverwüstlich und unbeirrt sicherte er sich in seinem 34. Grand-Slam-Finale auch den Eintrag in die Geschichtsbücher als ältester Roland-Garros-Champion. Und auch dies war ein Novum, ein Bestwert: Als erster männlicher Topstar gewann Djokovic alle vier Grand Slams nun mindestens drei Mal, bisher hatten das nur bei den Frauen Margaret Court, Steffi Graf und Serena Williams geschafft. „Dass ich so weit gekommen bin, ist ein Wunder für mich, ein Märchen“, sagte Djokovic, „auf dem langen Weg hätte ich auch tausend Mal scheitern können.“

Störenfried und Partyschreck

Djokovic war einst der Störenfried, der Partyschreck und der Spielverderber für das Establishment des Wanderzirkus’, allem voran für die Granden Federer und Nadal. Er machte der Zweiteilung der Macht ein Ende, er sorgte dafür, dass der Begriff der „Großen Drei“ im Welttennis entstand. Nun, im Jahr 2023, ist er der letzte der ehrenwerten Gentlemen, der im Alltagsgeschäft übrig geblieben ist – und immer noch und immer wieder als Nummer eins aufscheint. Der geschmeidige Bewegungskünstler, ein Star mit Ecken und Kanten, bleibt das Maß aller Dinge, der jung gebliebene „Spiderman“, der den Takt und Rhythmus auf der Tour vorgibt – auch gegen die viel jüngeren Gegner wie etwa seinen Finalgegner Ruud, satte zwölf Jahre nach Djokovic geboren.

Was sein ehemaliger Trainer Boris Becker für das Pariser Finale des Jahres 2023 feststellte, nämlich, „dass „Novak sieben Leben hat und nie, nie, nie abgeschrieben werden darf“, gilt eben auch auch für die gesamte Karriere und Lebensleistung des Kriegskindes vom Balkan. Novak Djokovic wächst an Widerständen, an Herausforderungen, an Schwierigkeiten. Nun hält er die Ära der Großen Drei als Solist am Leben.