Die Abgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg setzt sich auf europäischer Ebene für Fahrradfahrer ein. Foto: dpa/Michael Reichel

In den Mobilitätsplänen der EU spielt das Fahrrad bislang kaum eine Rolle. Die Stuttgarter Abgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg will das ändern und stimmt für den ersten EU-Fahrradplan. Was die Abgeordneten fordern.

Wenn es in der Europäischen Union um das Thema Mobilität geht, dann wird dem Fahrrad bislang kaum Beachtung geschenkt. Das weiß auch die EU-Abgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg (Bündnis 90/Die Grünen). Die Stuttgarterin stimmte – wie die große Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments – im Februar dieses Jahres für den ersten EU-Fahrradplan, 2024 soll zum „Europäischen Jahr des Fahrrads“ erklärt werden.

In seinem Entschließungsantrag fordert das Parlament die Kommission – die als einzige EU-Institution Gesetzentwürfe machen kann – dazu auf, eine eigene europäische Radverkehrsstrategie zu entwickeln. Ziel der Strategie soll es sein, die Zahl der in Europa mit dem Rad zurückgelegten Kilometer bis 2030 auf mehr als 300 Milliarden zu verdoppeln. Ein ambitioniertes Ziel, das Deparnay-Grunenberg dennoch für erreichbar hält. So gebe es in der EU viele Länder, in denen das Potenzial des Fahrrads nicht ausgeschöpft werde.

Ausbau von Fahrradinfrastruktur als Schlüssel

Um es tatsächlich ausschöpfen zu können, fehlt es vielen EU-Mitgliedstaaten an Radwegen. Der vorgestellte Fahrradplan sieht deshalb den Ausbau der Fahrradinfrastruktur vor und ermutigt die EU-Regierungen und lokalen Behörden, deutlich mehr Geld als bislang in den Bau von vom Straßenverkehr abgegrenzten Radwegen zu investieren. Zur Infrastruktur zählen dabei nicht nur Radwege, es geht auch um die bessere Anbindung an andere Verkehrsträger wie Bus und Bahn sowie um sichere Abstellplätze, die flächendeckend zur Verfügung stehen sollen.

So sind der Mangel an gesonderten Radwegen neben dem Mangel an sicheren Stellplätzen und unzureichenden Maßnahmen zur Verhinderung von Diebstahl laut dem Entschließungsantrag des Parlaments einige der Gründe, die verhindern, dass mehr Menschen in Städten das Fahrrad nutzen.

Parlament will Sicherheit der Radfahrer erhöhen

In ihrem Fahrradplan fordert das Parlament die Kommission und die Mitgliedstaaten auch auf, die Produktion von Fahrrädern und Fahrradteilen „made in Europe“ zu unterstützen. Damit sich möglichst viele Menschen die in der EU hergestellten Fahrräder und Fahrzeugteile leisten können, ermutigt das Parlament die Mitgliedstaaten dazu, die Mehrwertsteuersätze für die Lieferung, Vermietung und Reparatur von Fahrrädern und E-Bikes zu senken.

Des Weiteren fordert das Parlament die Europäische Kommission dazu auf, Leitlinien für sicheres Radfahren vorzuschlagen, etwa was das Tragen eines Helms. Eine unionsweite Helmpflicht ist im Parlament aber bislang kein Thema, sagt Deparnay-Grunenberg und ist darüber sogar froh: „Die Diskussion würde nur von den wirklich wichtigen Themen wie getrennte Fahrradinfrastruktur, Fahrradmitnahme und Fahrradgaragen ablenken.“

E-Bike soll Fahrrad bleiben

Das EU-Parlament sieht in dem E-Bike großes Potenzial zur Steigerung des Radverkehrs. „Wir kämpfen mit Blick auf die Zulassung darum, dass es ein Fahrrad bleibt und somit die Fahrradinfrastruktur weiter uneingeschränkt nutzen kann“, so Deparnay-Grunenberg. In seinem Vorschlag ermutigt das Parlament Unternehmen, Fahrradabstellplätze mit Ladegeräten zu schaffen, und Kommunen, Ladekapazitäten für E-Bikes bei der Wohnbauplanung zu berücksichtigen.

Um Radfahren auch in ländlichen Gebieten attraktiver zu machen, fordert das Parlament ferner, den Ausbau des „Euro-Velo“-Netzes zu beschleunigen. Das ist ein europäisches Radnetz, das regionale und nationale Radwege miteinander verbindet. Es umfasst derzeit siebzehn Radrouten, die insgesamt 45 000 Kilometer lang sind. „Vor allem in den Städten entlang der Eurorouten muss es mehr Ladestationen für E-Bikes geben“, sagt Deparnay-Grunenberg, die wie viele Radfahrer aus Stuttgart auf eine neue Euroroute hofft, die durch Stuttgart verläuft.

Noch hat die EU-Kommission dem Parlament und den Mitgliedstaaten keine Strategie für den Radverkehr in der EU vorgelegt. Dass dies noch dieses Jahr passieren wird, glaubt Deparnay-Grunenberg nicht. Und dennoch ist sich die EU-Angeordnete sicher: „Es wird früher oder später eine unionsweite Fahrradstrategie geben.“