Aktuell lebt jedes fünfte Kind in Deutschland in einem Haushalt, der von Armut betroffen ist. Foto: dpa/Christian Charisius

Sie gilt als wichtigstes familienpolitisches Projekt der Ampelregierung: Doch noch sind sich die Koalitionspartner über die Kindergrundsicherung nicht einig. Was schon feststeht – und worum gerungen wird.

Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut – also in einem Haushalt, der monatlich weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. Mit der Kindergrundsicherung will die Ampelregierung das ändern. Mit ihr sollen Familien einfacher und unkomplizierter Leistungen für Kinder beantragen können. Doch noch streiten Grüne und FDP über das Projekt. Was das Familienministerium plant, was die Kindergrundsicherung kosten soll und was daran so kompliziert ist: ein Überblick über die wichtigsten Fragen.

Was ist geplant?

Zuständig für das Projekt ist das Familienministerium, das von Lisa Paus (Grüne) geführt wird. Das Haus hat im Januar ein Papier mit Eckpunkten vorgelegt. Die zentrale Idee ist, dass die zahlreichen Leistungen für Kinder und Jugendliche künftig gebündelt ausgezahlt werden sollen.

Die neue Leistung soll nur noch aus zwei Teilen bestehen: einem Garantie- und einem Zusatzbetrag. Den Garantiebetrag soll für jedes Kind ausgezahlt werden, er wird das Kindergeld ersetzen. Der Zusatzbetrag ist hingegen einkommensabhängig: Erhalten soll ihn, wer bedürftig ist. Der Zusatzbetrag soll so berechnet sein, dass er sämtliche andere Förderungen für Kinder und Jugendliche ersetzt, die man sonst einzeln beantragen muss – zum Beispiel Geld für Bildung und Teilhabe, den Kinderzuschlag und weitere Sozialleistungen.

Außerdem will die Regierung sicherstellen, dass mehr Familien das Geld abrufen, das ihnen zusteht. Das ist momentan nämlich ein Problem, wie zum Beispiel aktuelle Zahlen des Bundesfamilienministeriums zum Kinderzuschlag zeigten: Nur ein Drittel der Familien, die im vergangenen Jahr Anspruch auf die Leistung hatte, beantragte die Unterstützung auch wirklich.

Künftig soll es den Garantiebetrag geben, sobald ein Kind geboren wird. Um das nachzuweisen, reicht die Steuer-ID des Kindes. Den Zusatzbetrag können Eltern dann über ein Onlineportal beantragen. Damit mehr Familien wissen, dass das möglich ist, will die Regierung sie direkt darüber informieren. Wenn aus den Steuerdaten einer Familie hervorgeht, dass sie einen solchen Anspruch haben könnte, soll sie ein Schreiben erhalten, das sie auf die zusätzlichen Leistungen hinweist.

Wie viel Geld soll es geben? Das lässt sich noch nicht sagen. Der Garantiebetrag soll mindestens so hoch sein wie das aktuelle Kindergeld, das wären 250 Euro. Paus‘ Ministerium will den Betrag dann künftig an den Bericht über das Existenzminimum anpassen, der alle zwei Jahre erscheint.

Wie das Existenzminimum definiert wird, soll sich laut den Eckpunkten auch ändern. Bislang orientierte sich der Betrag an dem, was ein durchschnittlicher Haushalt mit niedrigen Einkommen braucht. Jetzt aber steht in dem Ministeriumspapier: „Die Regelbedarfe sollen zukünftig stärker als bisher an den Haushaltsausgaben der gesellschaftlichen Mitte ausgerichtet werden.“ Das bedeutet, dass sich das Existenzminimum an einem Haushalt orientieren würde, der ein mittleres Einkommen hat. Demnach müsste der Betrag höher ausfallen – und dementsprechend auch das, was bei der Kindergrundsicherung ausgezahlt wird.

Worüber wird gestritten?

Alle Koalitionspartner sind sich einig, dass die Kindergrundsicherung kommen soll. Unklar ist aber, was sie kosten darf – und ob künftig wirklich höhere Leistungen an Familien ausgezahlt werden oder ob es nur einfacher werden soll, diese abzurufen.

Um letzteres geht es vor allem der FDP. Noch am Wochenende verwies Parteichef und Bundesfinanzminister Christian Lindner darauf, dass die Regierung bereits viel für Familien mit Kindern getan habe. Die FDP argumentiert, dass das Kindergeld kürzlich erst erhöht worden sei – und dass die Leistungen für Kinder in Haushalten mit niedrigen Einkommen bereits hoch genug veranschlagt seien.

Familienministerin Paus sieht das anders. Um Kinderarmut zu bekämpfen, will sie die Leistungen auch höher veranschlagen – indem das Existenzminimum anders definiert wird, wie es nun in dem Eckpunktepapier steht. 12 Milliarden Euro jährlich verlangt die Grünen-Politikerin dafür vom Finanzminister.

Da bislang nur Eckpunkte vorliegen und ein detaillierter Gesetzentwurf noch aussteht, sind noch viele Fragen offen. Zentral wird wohl die Frage sein, wie sichergestellt werden soll, dass Haushalte, die Sozialleistungen beziehen, nicht letztlich mehr Geld zur Verfügung haben als diejenigen, deren Einkommen knapp zu hoch für die Unterstützung sind.

Wann soll das kommen?

Laut dem Eckpunktepapier will das Familienministerium nach der Sommerpause mit dem Gesetzgebungsverfahren beginnen. In Kraft treten soll das neue Gesetz dann im Jahr 2025.