Ein Protest gegen Geldwäsche vor der österreichischen Raiffeisenbank International im Jahr 2016. Nun könnte das Institut in Russland viel Geld verlieren. Foto: dpa/Christian Bruna

Der russische Staat wird wohl bald seine Schulden nicht mehr begleichen können. Was bedeutet das für Russland und die internationalen Finanzmärkte?

Trotz theoretisch voller Staatskasse ist es sehr wahrscheinlich, dass Russland wegen der westlichen Sanktionen schon bald seine Staatsschulden nicht mehr bezahlen kann. Dies wäre nicht das erste Mal: Bereits 1998 konnte das Land nicht mehr alle seine Schulden bedienen. Damals betraf es die Binnenschulden des russischen Staates. Der Rubel stürzte massiv ab und verlor rasch drei Viertel seines Wertes.

Sanktionen gravierender als Schulden

Im Kontext des Ukraine-Krieges könnten die Folgen noch dramatischer sein. Doch die Auswirkungen einer Staatspleite werden für die Russen nur ein weiteres Element der generellen, schweren Wirtschaftskrise im Gefolge der Wirtschaftssanktionen sein.

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Unter einem Zahlungsausfall würden auch einige deutsche Investoren leiden, sagte der Präsident des Berliner DIW-Instituts, Marcel Fratzscher. Auch die Finanzmärkte dürfte eine Schuldenkrise kräftig erschüttern. Russland hat insgesamt etwa 49 Milliarden Dollar Staatsschulden im Ausland.

In dieser Zahl sind also die angesichts der sanktionsbedingt ins Wackeln geratenen Auslandsschulden aus der russischen Wirtschaft noch gar nicht enthalten. Anfang April etwa werden Schulden gleich in Höhe von zwei Milliarden Dollar fällig. Den Devisenhandel und den Zugriff von Russen auf ausländische Währungen hat die russische Zentralbank bereits drastisch eingeschränkt.

Das Geld wäre da – aber kann nicht fließen

Die Lage heute ist paradox: Eigentlich hat Russland wegen der hohen Erlöse aus Öl- und Gasverkäufen genügend Devisen. Doch die Staatsbank kommt wegen der Sanktionen nicht an das Geld. Nominell könnte das Land seine Schulden weiterhin begleichen, gegebenenfalls in Rubel. Doch die ausländischen Anleger kämen nicht an ihr Geld. Außerdem haben russische Anleihen im Kleingedruckten der Verträge einen schlechten Anlegerschutz.

Ein Monat Gnadenfrist

Erste kleinere Anleihezahlungen im Volumen von 100 Millionen Euro sind schon kommende Woche fällig. Wenn sie ausbleiben, bedeutet das aber noch nicht unmittelbar die Staatspleite. Es gibt dann noch eine einmonatige, letzte Frist. Genau genommen wäre das noch keine echte Insolvenz: Im Prinzip hat Russland ja das Geld, es kann nur bei den Empfängern nicht ankommen. Gläubiger können unter Umständen darauf setzen, dass sie russische Vermögenswerte im Ausland pfänden können. Aber hier ist die Rechtslage komplex.

Ausländische Banken kaum betroffen

Sorgen um das Bankensystem muss man sich nicht machen. Dazu ist die Rolle Russlands auf den globalen Finanzmärkten zu gering. Die meisten Finanzinstitute haben nur wenige russische Anleihen in ihrem Portfolio. Deutsche Banken sind kaum betroffen. Institute in Italien und Frankreich haben etwas mehr investiert.

Wirklich betroffen ist vor allem etwa die österreichische Raiffeisenbank International , die 40 Prozent ihrer Gewinne in Russland, aber auch in der Ukraine macht. Diese Bank würde wohl durch andere österreichische Banken aufgefangen werden. Und hier wird auch sichtbar, dass die Ukraine eine weitere Risikoquelle ist: Auch der Kurs der Staatsanleihen dieses Landes ist zurzeit im freien Fall.