Uwe Kalkhoff wird als Spätstarter zum Medaillensammler der TSG Steinheim. Foto: Werner Kuhnle

Tischtennis eröffnet Uwe Kalkhoff und anderen Patienten in Steinheim eine neue Dimension der Therapie und wirkt gleichzeitig als sozialer Anker.

Uwe Kalkhoff war wieder einmal zu ungeduldig, konnte dem Drang, den Ballwechsel möglichst schnell abzuschließen nicht widerstehen und verlor letztlich den Punkt. Da zeigte sich in der Sporthalle in Steinheim wieder einmal der Ehrgeiz des 50-jährigen Tischtennisspielers, der an diesem Abend mit einer ganz besonderen Gruppe trainiert. Sie trifft sich hier, um gegen einen gemeinsamen Feind zu spielen: die Parkinson-Krankheit.

Entweder man verzweifelt oder man kämpft

Kalkhoff, der in Esslingen lebt, bekam die Diagnose 2013 – zwei Jahre später wurde er erwerbsunfähig, ist finanziell aber abgesichert. Wenn man so eine Nachricht erhält, hat man zwei Möglichkeiten. Man verzweifelt oder man kämpft. „Ich habe mich fürs Kämpfen entschieden und das Tischtennisspielen für mich entdeckt“, sagt Kalkhoff. Früher war er Fußballer. Jetzt begeistert er sich für kleine Bälle und ist als Spätstarter im Umgang damit durchaus erfolgreich.

Seit 2022 ist er Mitglied bei der TSG Steinheim, spielt in der aktiven Mannschaft und in der PingPongParkinson (PPP)-Gruppe. Anfang 2020 wurde PPP in Deutschland gegründet. Heute hat der Verein mehr als 1100 Mitglieder an 170 Stützpunkten, Tendenz wachsend. Einer befindet sich in Steinheim. „Uwe ist sehr ehrgeizig, tüftelt ständig mit Hölzern und Belägen an seinem Schläger herum“, sagt der Stützpunktleiter Jan Schmauder, der gleichzeitig der Regionalleiter PPP für den Großraum Stuttgart ist. Nur die „Freibadschläge“ müsse er ihm noch abgewöhnen.

Großer Erfolg bei der Weltmeisterschaft

Das Training mit Schmauder und der Gruppe hat sich für Kalkhoff schon ausgezeichnet. Zusammen mit seiner Mixed-Partnerin Elke Busch-de Groot holte er kürzlich bei der PPP-Weltmeisterschaft in Wels Bronze in der Leistungsklasse 2. Zusätzlich setze er sich im Doppel der Leistungsklasse 1 mit Martin Schiefer an die Spitze der Trostrunde.

„Wenn ich an der Platte stehe, vergesse ich die Krankheit“, sagt er. Sein Befinden teilt er in zwei Phasen ein: „On“, das bedeutet, dass er sich gut bewegen kann, „off“ heißt dass sich sein Körper steif, langsam und zitterig anfühlt. Im Moment befindet er sich gerade in einem Übergangszustand und muss demnächst wieder eine Tablette nehmen.

Wie hilft der Sport gegen die Krankheit?

„Durch den Sport bin ich aber immer wieder in einer anderen Welt, und natürlich freue ich mich auch über Medaillen“. Der Tischtennissport eröffnet ihm und vielen Patienten eine neue Dimension der Therapie. Gegen die fortschreitende Bewegungsverarmung helfen nämlich nicht nur nicht nur Medikamente, sondern auch Sport. Doch wie kann der Sport bei einer Krankheit helfen, bei der Nervenzellen im Gehirn geschädigt werden?

Das konzentrierte, feinmotorische Agieren am Tisch hilft. Während der Ballwechsel wird das Zittern weniger die Motorik insgesamt flüssiger. Man muss sich in alle möglichen Richtungen bewegen, es gibt schnelle Ballwechsel und somit werden auch die Hand-Augen-Koordination sowie Reflexe trainiert.

Der Sport wirkt aber auch als sozialer Anker. „Uns tut der Austausch gut mit Menschen, die ähnliche Sorgen haben“, sagt Michaela Leitenberger aus Rielingshausen, die seit Juni in der Gruppe spielt. Manfred Wolf ist zum vierten Mal am Start und sagt: „Für mich ist das quasi eine sportliche Selbsthilfegruppe.“ Ziel ist es an diesem Abend nicht in erster Linie, sich auszuspielen, sondern gemeinsam zu versuchen, den Ball im Spiel zu halten. Nur Uwe Kalkhoff kann nicht aus seiner Haut.