Montenegro: Schon zum zwölften Mal steigt derzeit der nationale Faulenzer-Wettbewerb. Foto: imago//FellowNekox

Die Montenegriner gelten bei ihren Nachbarn auf dem Balkan als extrem ausgeruht. Doch Selbstspott ist ihnen nicht fremd. Zum zwölften Mal steigt der nationale Faulenzer-Wettbewerb.

Vielleicht ist es die heiße Sonne, die im Adriastaat Montenegro die ermatteten Schritte so träge und jede Bewegung so schwer macht. Glaubt man den Witzeleien ihrer Nachbarn, liegen die als besonders faul verrufenen Bewohner des Kleinstaates am liebsten im Bett, legen auch bei der Arbeit gerne ausgiebige Kunstpausen ein – und verlassen nur widerwillig den Schatten ihrer ständig frequentierten Café-Terrassen.

Doch auch Selbstspott ist dem Küstenvolk keineswegs fremd. Schon zum zwölften Mal steigt derzeit im Ethno-Dorf „Montenegro-Brezna“ bei Niksic der nationale Faulenzer-Wettbewerb. Unermüdlich liegend kämpfen fünf verbliebene Teilnehmer um einen der begehrtesten Titel des Landes – und brechen in diesem Jahr alle Rekorde. Lag der Liegerekord bisher bei etwas mehr als fünf Tagen, haben die beharrlich chillenden Konkurrenten nun bereits über einen Liegemonat auf ihren Faulenzer-Buckeln.

Die Regeln der Dauersiesta sind simpel

Wer ist der Faulste im ganzen Land? Die Regeln der Dauersiesta sind zwar härter als die unermüdlich frequentierten Matratzen, aber simpel: liegen, sich nicht bewegen – und ausruhen. Immerhin haben die Organisatoren vor zwei Jahren eine erleichternde Neuregelung eingeführt, die die Dauer von Montenegros „Faulenzer-Olympiade“ merklich verlängert hat: Alle acht Stunden dürfen die Teilnehmer für zehn Minuten die Toilette aufsuchen und sich auch zur Nahrungsaufnahme an einen Tisch setzen. „Klingt interessant“, kommentierte in diesem Jahr ein heimischer Webwitzbold den Startschuss zum Wettbewerb: „Aber ich bin zu faul, mich anzumelden.“

Die gut versorgten Faulenzer-Hoffnungsträger der Nation, die sich auch in diesem Jahr zu dem Kräftemessen aufraffen konnten, lungern tagsüber auf einem Matratzenlager im Schatten eines mächtigen Ahornbaumes und nachts in ihren Betten des gemeinsamen Schlafsaals.

Eine „Super-Equipe“ streitet um die Titelehren

Mobiltelefone und Bücher sind die wichtigsten Requisiten. Das Dauersurfen im Web sei ihr allerdings schon nach vier, fünf Tagen langweilig geworden, bekennt die Köchin Dubravka Aksic aus Podgorica, die den Titel schon einmal gewann: „Wir verbringen mehr Zeit mit Gesprächen miteinander als am Telefon.“

Unter dem Ahornbaum könne sie sich endlich einmal richtig ausruhen, begründet Aksic ihre erneute Teilnahme. Der „psychologische“ Wettbewerb mit Teilnehmern aus Montenegro, Serbien, Bosnien, Russland und der Ukraine sei ein „Vergnügen“ und eine „Art Wiedergeburt“ für alle Beteiligten, versichert Organisator Mica Blagojevic. Dieses Jahr streite eine „Super-Equipe“ um die Titelehren: Einige der entstandenen Freundschaften würden sicher bestehen bleiben.

Mancher nimmt den Spaßwettstreit zu ernst

Doch auch die Erhöhung des Preisgelds auf 1000 Euro dürfte bei der auf 21 gekletterten Rekordteilnehmerzahl und der vergrößerten Ausdauer eine Rolle spielen. Während sich die ausgedünnte Konkurrenz unter dem Ahornbaum noch immer entspannt zeigt, nahm in der Vergangenheit mancher Mitstreiter den Spaßwettstreit zu ernst.

So demolierte der 28-jährige Zarko P. nach seinem Triumph im letzten Jahr die Redaktionsräume der Lokalzeitung. Das Blatt hatte ihn in ihrer Schlagzeile als den „größten Faulenzer“ des Landes bezeichnet.