Am Montag startet die Schule wieder – bisher ohne pandemiebedingte Einschränkungen. Foto: dpa/Frank Leonhardt

Schon zum Start des neuen Schuljahres ist an den Bildungseinrichtungen im Rems-Murr-Kreis keine Vertretungsreserve vorhanden. Dabei wäre eine bessere Personalausstattung zurzeit aus mehreren Gründen wichtig.

Die gute Nachricht vorweg: Alle Schulen im Zuständigkeitsbereich des Staatlichen Schulamts Backnang – und das sind alle im Rems-Murr-Kreis außer den Gymnasien – können am Montag ihren Regelbetrieb aufnehmen. Klar ist aber auch: Die Personalausstattung ist mehr als auf Kante genäht.

Mehr als 100 neue Junglehrer

Zwar sind am Freitag im Bildungszentrum im Weissacher Tal 107 neue Junglehrerinnen und -lehrer auf ihr Amt vereidigt und ungefähr noch einmal so viele befristete Verträge mit Quereinsteigern oder Ehemaligen abgeschlossen worden, doch das reicht nicht aus, um den Bedarf der Schulen an Personal vollständig decken zu können. Weil es schon zum Start keinerlei Vertretungsreserven gibt, rechnet das Staatliche Schulamt zwangsläufig damit, dass es schon in den nächsten Monaten wegen Krankheit oder Schwangerschaften immer wieder zu Unterrichtsausfällen kommen wird. „Die zentrale Herausforderung bei der Unterrichtsversorgung insgesamt wird in diesem Schuljahr darin bestehen, dass möglichst viel Unterricht bis zum Ende des Schuljahres durch Lehrkräfte versorgt werden kann“, erklärt die Schulamtsleiterin Sabine Hagenmüller-Gehring. Dabei haben die Unterrichtsplaner vermutlich ein sich ständig veränderndes Puzzle zu bearbeiten.

Besonders groß ist der Personalmangel bei den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren und den Schulkindergärten. In diesem Bereich konnte nur die Hälfte der ausgeschriebenen Stellen besetzt werden. Auch bei inklusiven Bildungsangeboten führe das zu großen Problemen. Und noch eine Erkenntnis, die die Unterrichtsplaner gewonnen haben: Die Defizite sind regional zum Teil sehr unterschiedlich. „Unsere ,Problemregion‘ ist Murrhardt“, sagt Mark Keller, Fachbereichsleiter Unterrichtsversorgung am Staatlichen Schulamt.

Die Verschärfung der auch schon in früheren Jahren angespannten Personalsituation kommt freilich zur Unzeit, denn nach zwei Jahren Pandemie müssten vielfach Lernrückstände oder -versäumnisse aufgeholt werden. Geld für entsprechende Förderprogramme sei reichlich vorhanden, lässt die Schulamtsleiterin durchblicken, doch auch hierfür fehle es an Personal. Dennoch hätten die meisten Schulen im Laufe des vergangenen Schuljahres Lernförderangebote installiert und würden solche dann auch im laufenden anbieten.

Angebote für ukrainische Flüchtlingskinder

Als eine weitere große Aufgabe sieht Hagenmüller-Gehring die Bereitstellung von Bildungsangeboten für ukrainische Flüchtlingskinder. Besonders schwer sei hier zu kalkulieren, wie sich der Bedarf entwickelt. Während es zu Beginn des vergangenen Schuljahres im Rems-Murr-Kreis noch 43 spezielle Klassen gab, in denen Kinder von Geflüchteten vornehmlich mit Deutschunterricht auf die Regelschule vorbereitet werden, startet das neue Schuljahr nun bereits mit 71. „Inwieweit die vorhandenen Kapazitäten für diese wichtigen Bildungsangebote ausreichen können oder noch ausgebaut werden müssen, wird uns sicher das ganze Schuljahr über immer wieder beschäftigen“, so Markus Keller.

Froh ist die Behördenleiterin hingegen, dass die Schulen in diesem Jahr ohne pandemiebedingte Einschränkungen in das neue Schuljahr starten können. Sie hoffe natürlich, dass es bei der aktuellen Normalität bleibe, sie sei aber auch zuversichtlich, dass die Schulen die Situation gut meistern werden, sollte das Coronavirus verstärkt zurückkehren. Schließlich könne man mittlerweile auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen. „Wir wissen jetzt, dass vieles möglich ist, was wir uns vor zweieinhalb Jahren noch nicht hätten vorstellen können.“

Hochmotiviert in die Gesamtlehrerkonferenz

Junglehrer wie Alexander, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, weil er sonst befürchtet, seinen Sportskameraden einen Kasten Bier spendieren zu müssen, sind jedenfalls hochmotiviert. Gleich nach der Vereidigung geht es zur Gesamtlehrerkonferenz nach Schwaikheim. Zwar muss der 26-Jährige dort an der Gemeinschaftsschule noch andere Fächer als Sport unterrichten, aber er dürfe seine Leidenschaft mit dem Job kombinieren und dabei mit jungen Menschen arbeiten – was wolle man mehr?

Grundschule ohne Noten

Teilnehmer
Gleich mit drei Grundschulen ist der Rems-Murr-Kreis ab dem kommenden Schuljahr an einem Schulversuch mit dem Titel „Lernförderliche Leistungsrückmeldungen der Grundschule“ beteiligt: der Plaisirschule und der Gemeinschaftsschule in der Taus in Backnang sowie der Walterichschule in Murrhardt.

Projekt
Über einen Zeitraum von vier Jahren sollen alternative Formen der Leistungsbewertung unter Verzicht auf Ziffernnoten erprobt werden. Statt klassischer Noten sollen sich differenzierte und kontinuierliche Leistungsrückmeldungen positiv auf die Lernmotivation auswirken. Mindestens am Ende jedes Schulhalbjahres wird mit den Kindern und ihren Eltern darüber hinaus ein Lernentwicklungsgespräch geführt.

Dauer
Der Schulversuch wird im kommenden Schuljahr 2022/2023 in den Klassen 1 und 2 beginnen. Er ist auf vier Jahre ausgelegt. Landesweit nehmen 37 Grundschulen daran teil.