Winfried Kretschmann ist gegen mehr Mitbestimmung der Eltern. Foto: dpa/Marijan Murat

Wie weit sollen Eltern mitreden dürfen, wenn es um Schulangelegenheiten geht? Der Landeselternbeirat hatte zuletzt mehr Mitbestimmung in der Schulpolitik gefordert. Ministerpräsident Kretschmann, selbst einst Lehrer, hält davon nichts.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält mehr Mitbestimmung der Elternschaft in der Schulpolitik für nicht notwendig. „Wir brauchen keine stärkere formalisierte Mitbestimmung der Elternverbände über das hinaus, was wir schon haben“, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Zudem ist die Rolle der Eltern schon verfassungsrechtlich eine sehr starke.“ Entscheidend sei vielmehr, dass Elternhaus und Lehrerschaft am gleichen Strang zögen. „Es mangelt teilweise an Kooperation“, kritisierte Kretschmann.

„Müssen uns darüber den Kopf zerbrechen“

Das Hauptproblem für den Regierungschef, der selbst einst Lehrer war: „Wir erreichen viele bildungsferne Eltern gar nicht.“ In Deutschland hänge der Bildungserfolg zu sehr vom Elternhaus ab. „Wir müssen uns darüber den Kopf zerbrechen, wie wir besser an Eltern aus bildungsfernen Schichten rankommen - das ist unser Hauptproblem.“ Manchen Kindern werde zuhause vorgelesen, anderen nicht - das sei in der Schule kaum einholbar, sagte er. Die Kooperation von Eltern und Schule sei enorm wichtig.

Der Ministerpräsident sprach in dem Zusammenhang auch von hohen verfassungsrechtlichen Schranken. Im Grundgesetz stehe, die Erziehung sei das natürliche Recht der Eltern. Die Landesverfassung hingegen definiere die Erziehung als gemeinsame Aufgabe unter anderem von Eltern und Staat.

Werden Eltern in der Schulpolitik zu wenig gehört?

Es sei sicherlich nicht sinnvoll, dass die Eltern, die sowieso schon überengagiert seien und ihre Kinder bis ins Klassenzimmer begleiteten, dann noch präsenter seien - und die anderen, die eigentlich kommen sollten, nach wie vor nicht zum Elternabend kämen. Damit sei nichts erreicht, so Kretschmann.

Der Landeselternbeirat (LEB) hatte zuvor moniert, dass Eltern in der Schulpolitik zu wenig gehört würden und Lehrerverbände die dominanten Meinungsmacher seien. „Als Eltern wird man nicht in dem Maße gehört, wie es für einen Kunden angemessen wäre“, hatte der LEB-Vorsitzende Michael Mittelstaedt der „Schwäbischen Zeitung“ gesagt. „Auch jemand, der wenig Geld hat, vielleicht kein Deutsch kann oder einfach unsympathisch ist, muss sein Kind in der Schule abgeben können und sicher sein, dass es genauso gefördert wird wie das Akademikerkind.“

LEB-Vorsitzender fordert Veto-Recht

Die Uraufgabe eines Landeselternbeirats sollte beratend sein, sagte Mittelstaedt. „Frühzeitig eingebunden werden wir allerdings nie. Wir haben keinen wirklichen Einfluss darauf, was im Bildungssystem passiert.“ Es werde viel zu wenig auf die Kinder geschaut.

Der „Südwest Presse“ sagte der LEB-Vorsitzende zudem kurz vor Weihnachten, dass Eltern in grundlegenden Fragen der Bildungspolitik ein „Veto-Recht“ haben sollten. Wenn ein Elternbeirat eine Initiative einer Schulleitung oder der LEB eine Initiative des Kultusministeriums ablehne, passiere nichts, kritisierte er. Der Landeselternbeirat sei wie der Landesschul- und der Landesschülerbeirat auch nur ein „schmückendes Beiwerk, das in vollkommen unerheblichen Fragen mitwirken darf, indem es angehört wird“. Gemessen am Ausmaß der Probleme erreiche der LEB seit Jahrzehnten viel zu wenig. „In den vergangenen zehn Jahren ist nichts über die Tische der Eltern gelaufen, das handfeste Relevanz für eine Verbesserung der Qualität im Bildungssystem gehabt hätte.“