Schwarze Hose, schwarzer Koller, schwarzer Hut: Trotz seiner düsteren Erscheinung lässt man sich vom Schornsteinfeger gerne aufs Dach steigen. Foto: imago/Markus van Offern

Schornsteinfeger gelten traditionell als Glücksbringer zum Jahreswechsel, auch diesmal, wenn sich die Einführung der neuen Regeln für Schornsteinfegerarbeiten zum zehnten Mal jährt. Der Schornsteinfegermeister Peter Gsandner aus Ditzingen hat von Berufs wegen Erfahrung mit beiden Phänomenen.

Jetzt stehen sie wieder in den Konditoreien und Bäckereien: die winzigen Schweinchen, die vierblättrigen Kleeblätter, manchmal ein paar Marienkäfer, Hufeisen und oft die Miniatur-Schornsteinfeger – als Kuchenschmuck oder aus Marzipan. Die Verwendung eines Berufsstandes als Glücksbringer zum Jahreswechsel kommt daher, dass der klassische Schornsteinfeger gewissermaßen qua Amtes Glück in der Variante Abwesenheit von Unglück brachte, indem er durch seine Reinigungstätigkeit die Hausbewohner vor Ruß- und Hausbrand oder dem Erstickungstod bewahrte: „Er hat dafür gesorgt, dass die Häuser und Städte nicht abgebrannt sind“, sagt Peter Gsandner (56), Schornsteinfeger seit 40 Jahren und zugleich Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr an seinem Wohnort Ditzingen. Doch seine Runden führen ihn auch in den Kreis Böblingen, wo ein Teil seines Kehrbezirks liegt.

Es komme immer noch manchmal vor, dass Passanten auf seine traditionelle Rolle als Glücksbringer reagierten, erzählt Gsandner, „aber sehr, sehr wenig“. Nur noch selten würden ihm Leute über die Schulter spucken wollen oder dem schwarz gewandeten Dienstleister gegenüber bekunden: „Ich muss Sie anfassen, dann habe ich Glück!“ Die Zeiten haben sich geändert: „Vor 40 Jahren, als ich in die Lehre kam, war das noch anders. Da sind Leute gekommen und haben gesagt: ,Au, jetzt brauche ich einen Knopf und muss an meinem Knopf drehen und dann bringt mir’s Glück.‘ Das hat nachgelassen.“

Mit einem Zylinder müsste er den Kopf einziehen

Wobei sich das Erscheinungsbild des Schornsteinfeger-Meisters vor allem zum oberen Ende hin signifikant von der Anmutung des Konditoreien-Schornsteinfegers unterscheidet: „Schwarze Kleidung: ja. Koller und schwere Hose. Ich bin 40 Jahre Schornsteinfeger, habe einen Zylinder, aber bei der Arbeit noch nie einen Zylinder getragen.“ Dagegen führt Peter Gsandner gleich zwei gute Gründe an: „Mit Zylinder wäre ich weit über zwei Meter, und dann müsste ich überall den Kopf einziehen. Und der Zylinder ist im Sommer sehr sehr warm.“ Die Konsequenz: „Wir tragen Baseballkappen.“ Ein Meisterschulkollege von Gsandner bei Offenburg trage hingegen nur Zylinder.

Völlig unabhängig von ihrer Kopfbedeckung markiert der kommende Jahreswechsel für Schornsteinfeger ein Jubiläum. Denn am 1. Januar 2013 traten hierzulande neue Regeln für Schornsteinfegerarbeiten in Kraft. Vor zehn Jahren wurde das sogenannte Kehrmonopol in weiten Teilen aufgehoben.

Hausbesitzer sind seither für die meisten einschlägigen Arbeiten nicht mehr an den Bezirksschornsteinfeger gebunden, Schornsteinfeger für die meisten einschlägigen Arbeiten nicht mehr an die Gebührenordnung. Eine Folge für den in zwei Landkreisen aktiven Peter Gsandner: „Wenn ich damals Ende Dezember nicht alle Gebäude in meinem Kehrbezirk abgearbeitet hätte, dann wäre ich in der Verantwortung gewesen. Inzwischen ist der Kunde in der Verantwortung, dass er die Termine, die auf dem Feuerstellenbescheid gesetzt werden, einhält.“

„Schlechter geworden ist es nicht“

Als Bezirksschornsteinfeger führt Gsandner weiterhin die sogenannten hoheitlichen Tätigkeiten durch: „In sieben Jahren zweimal die Feuerstellenschau und die Bauabnahme. Dafür gibt es eine Gebührenordnung. Aber Kehr- und Überprüfungstätigkeiten können wir inzwischen frei kalkulieren. Und es gibt Kunden, die mehr Dienstleistung wollen und bereit sind, dafür zu zahlen.“ Bei der Einführung vor zehn Jahren habe er die neuen Regeln „ein bisschen skeptisch gesehen“, erinnert sich Gsandner, „bei uns war ja alles geregelt“. Nach einem Jahrzehnt bilanziert er: „Schlechter geworden ist es nicht.“

Früher seien den Bezirksschornsteinfegern etwa Nebentätigkeiten untersagt gewesen, nun könne er zum Beispiel auch Rauchmelder verbauen. Dazu kommt: Liegen der Kunde und sein Schornsteinfeger partout nicht auf einer Wellenlänge, hat der Kunde heute die Möglichkeit, einen anderen Schornsteinfeger zu verpflichten. „Wenn ich mit einem Kunden unbedingt nicht kann, kann ich ihm sagen: ,Sie haben das Recht, sich einen Schornsteinfeger auszusuchen.‘ Früher hat man als Schornsteinfeger den Kunden bedienen müssen, ob er einem gefallen hat oder nicht.“

Peter Gsandner wartet freilich nicht, bis der Kunde anruft, sondern hängt wie früher seine „Zettele“ mit Terminvorschlag hin, „und der Kunde sagt Ja oder Nein.“Damit möglichst viele Ja sagen, muss er zum Jahreswechsel keine Glücksbringer verschenken: „Wir verschenken das ganze Jahr über kleine Schornsteinfeger an die Kundschaft, vor allem an Kinder, so Plastikdinger.“

Ursprung und Aberglaube

Geschichte
 Die Zuschreibung des Glücksbringers geht bis in Mittelalter zurück, als wandernde Handwerksgesellen ihre Dienstleistung anboten. Da die Arbeit des Schornsteinfegers schmutzig und schwierig war, nahmen die Bewohner das Angebot gerne an. Der Schornsteinfeger war ein willkommener Gast, denn er brachte Sicherheit und damit Glück ins Haus.

Mythos
Mit seiner dunklen Kleidung und dem rußgeschwärzten Gesicht wirkte der Wandergeselle gleichzeitig ein wenig unheimlich. Hinter vorgehaltener Hand hieß es, der schwarze Mann könne böse Geister und sogar den Teufel bezwingen. Solche abergläubischen Geschichten trugen ebenfalls dazu bei, dass der Schornsteinfeger als Glücksbringer angesehen wurde.