Regen und Stromausfall: Die Besucher von „Sindelfingen rockt“ kann das nicht schocken. Sie erleben einen tollen Abend.
Tina Turner lebt! Zumindest dürften sich am Mittwochabend einige Besucher des gut gefüllten Sindelfinger Marktplatzes die Augen gerieben haben, um zu realisieren, dass da nicht das Original auf der Bühne stand. Doch bevor eine grandiose Show aus den Startlöchern kam, drängte sich um 18 Uhr eine übersichtliche Schar von Fans unter den Markisen der Geschäfte, die den Marktplatz umsäumen. Es goss und goss in Strömen, und die zehnköpfige „Tina – die Show“ – Band ließ sich Zeit bis es auf dem Platz etwas mehr nach Publikum aussah.
Choreografie vom Feinsten
Einstweilen harrten die Regenflüchtigen in Vorfreude im halbwegs Trockenen. Volker aus Schwäbisch Hall zum Beispiel, zum zweiten Mal bei „Sindelfingen rockt“, und Holger aus Bondorf, der sich als Stammbesucher der Reihe zu erkennen gibt. Das Besondere für ihn ist die Location, wo das Leben pulsiert. Und er ist froh, dass die Konzerte inzwischen wieder im Zentrum der Stadt stattfinden. „Der Regen ist mir egal. Nass ist nass und fertig!“, hat er beschlossen. Man könne ja immer noch in Kneipen oder ins Stern-Center gehen, wenn es zu krass werden würde, fügt Volker hinzu.
Doch soweit sollte es nicht kommen. Die beschirmten Fans füllen schließlich doch noch das Terrain, und es kann losgehen. Zwei Keyboarder, zwei Gitarristen, eine Bassistin, ein Schlagzeuger, ein Saxofonist und schließlich drei Damen, nehmen ihren Platz auf der Bühne ein. Die Stimme Tinas wird von Julia Ivanova perfekt intoniert, die beiden Background-Sängerinnen bieten eine Choreografie vom Feinsten, und auch der Rest der Formation klingt, wie eine Rockband klingen muss, wenn die Musik in die Tanzbeine gehen soll.
Beschwingte Stimmung wohin man schaut. Viele, die vielleicht nur mal kurz was einkaufen wollten, können sich dem Sog nicht entziehen, bleiben stehen, tanzen und vergessen den Alltag. Vom Kinderwagen bis zur Gehhilfe – alles ist zu sehen. Eine Altersbegrenzung gibt es nicht.
Irrer Tonumfang, heiße Tremoli
Tina Turner hat ein großes Erbe hinterlassen, und man kann sich keine bessere Interpretin ihrer Songs wünschen als die in Wien wohnhafte Julia Ivanova. Ihre fantastische Stimme, mit irrem Tonumfang und heißen Tremoli, setzt sie auf eine Stufe mit der legendären Rockröhre. Sie selbst sagt: „Während wir um Tinas Tod am 24. Mai 2023 trauern, ist es mir eine Ehre, ins Rampenlicht zu treten und ihr außergewöhnliches Talent und ihre beispiellose Bühnenpräsenz zu würdigen. Wir halten den Geist von Tina Turner am Leben und stellen sicher, dass ihre Musik auch in den kommenden Jahren beim Publikum Anklang findet.“
Das ist zweifelsohne gelungen, wie die Show in Sindelfingen beweist. Ein halbes Jahrhundert Rockgeschichte gibt es innerhalb von vier Stunden auf die Ohren und in die Tanzbeine. Passend zum Wetter Turners Titel „I can’t stand the Rain“ (Ich kann Regen nicht ausstehen). Das bringt dann, mit Blick zum Himmel, einige zum Schmunzeln. Und als bei „What’s Love got to do with it” (Was hat das mit Liebe zu tun) der Strom ausfällt, bleibt nicht mehr als ein Achselzucken.
Stromausfall fordert Techniker
Stromausfall und Liebesfragen – da fällt es schon schwerer, eine Verbindung herzustellen. Eine knappe halbe Stunde haben die Techniker zu werkeln, bis es weitergehen kann. Dafür hat inzwischen der Regen nachgelassen und ein wunderschöner Regenbogen spannt sich über das alte Rathaus. Mit der einbrechenden Dämmerung erstrahlen nicht nur die Spotlights auf der Bühne, sondern auch immer mehr die Minen der Fans.
Schließlich erklingen die schönsten Hits und man darf in guten alten Zeiten schwelgen. Volker und Holger fassen es so zusammen: „Wir sind mit dieser Musik groß geworden. Tina hat immer ihr Bestes gegeben („Simply the Best“). Ihr gebührt allergrößter Respekt!“