Bei Protesten von Landwirten gegen die EU-Politik in Brüssel kommt es am Montag immer wieder zu Ausschreitungen. Foto: AFP/Nicolas Maeterlinck

Die EU-Agrarminister beraten in Brüssel erneut über Antworten auf die europaweiten Bauernproteste. Das Treffen wird überschattet von gewalttätigen Ausschreitungen.

Brennende Autoreifen, Gülle auf der Straße und Pyrotechnik gegen Polizisten. Bauern haben am Montag mit fast 1000 Traktoren im Brüsseler Europaviertel teils gewaltsam gegen die Agrarpolitik der Europäischen Union protestiert. Einige durchbrachen mit ihren schweren Maschinen die Absperrungen, andere entzündeten immer neue Feuer auf den Zufahrtsstraßen zum Gebäude des Europäischen Rates, der Vertretung der EU-Staaten in Brüssel. Sicherheitskräfte rückten mit Wasserwerfern an, um die Flammen zu löschen, sie wurden mit Mist beworfen.

Seit Monaten protestieren die Bauern

Anfangs war nicht klar, ob das geplante Treffen der EU-Landwirtschaftsminister pünktlich stattfinden könnte. Im Mittelpunkt der Diskussionen standen am Montag die geplanten Lockerungen für die Bauern und der Schutz vor der Konkurrenz aus Drittstaaten. Unter dem Eindruck der seit Monaten andauernden, europaweiten Bauernproteste waren in diesen Tagen von der Politik bereits wesentliche Regeländerungen angekündigt worden.

So wurde ein Gesetzesvorhaben für weniger Einsatz von Pestiziden zurückgezogen. Auch soll der immer wieder beklagte bürokratische Aufwand für die Landwirte reduziert werden. So sollen bis zu 50 Prozent der Vor-Ort-Kontrollen durch nationale Behörden wegfallen. Stattdessen sollen laut dem EU-Vorschlag digitale Überwachungssysteme ausgebaut werden. Nachjustiert wird auch beim Ackerbau. Grundsätzlich sind Bauern in der EU gesetzlich dazu verpflichtet, vier Prozent ihrer Ackerfläche ungenutzt zu lassen. Das bleibt nun rückwirkend zum Jahresbeginn bis Ende 2024 ausgesetzt.

Minister zeigt Verständnis für die Bauern

Verständnis für die Proteste der Bauern zeigte am Montag Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, warnte aber vor „Trittbrettfahrern“, die vor allem an Randale interessiert seien. Der Grünen-Politiker sprach sich am Rande des Treffens in Brüssel dafür aus, den Verwaltungsaufwand für Landwirte deutlich zu reduzieren. Die derzeitige europäische Agrarpolitik sei „ein Bürokratiemonster“, sagte er. Viele Versprechen der Politik seien nicht eingehalten worden, erklärte Özdemir selbstkritisch. Ein Landwirt verbringe durchschnittlich ein Viertel seiner Zeit am Schreibtisch. „Feldarbeit statt Papierarbeit ist das Gebot der Stunde“, betonte der Minister.

Bei den Protesten der Bauern geht es auch um Änderungen an der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU – und damit um sehr viel Geld. Die GAP ist mit jährlich rund 55 Milliarden Euro der größte Einzelposten im Haushalt der EU. Deutschland stehen davon jährlich mehr als sechs Milliarden Euro zur Verfügung. Rund drei Viertel der Gelder gehen als Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe, der Rest ist für die Förderung ländlicher Regionen vorgesehen. Die Höhe der Direktzahlungen hängt zum großen Teil von der bewirtschafteten Fläche ab: Je größer der Betrieb, desto mehr Geld gibt es.

Die Vorschläge werden von der EU geprüft

Belgiens Landwirtschaftsminister David Clarinval sagte bei dem Treffen in Brüssel, es gebe aus den 27 Mitgliedsländern 500 Vorschläge für flexiblere und einfachere Regeln. Dann schob er einen typischen EU-Satz hinterher: Diese müssten nun eingehend geprüft werden. Das heißt, die Vorschläge werden nun zuerst dem bürokratischen und juristischen Apparat übergeben. Auch deshalb wurden bei dem Ministertreffen in Brüssel keine Beschlüsse gefällt.