An der Böblinger Käthe-Kollwitz-Schule findet schon seit 11. Januar wieder Präsenzunterricht statt Foto: Clara Kiepenheuer/KKS

Während in dieser Woche alle auf die Grundschulen schauen, findet an der Käthe-Kollwitz-Schule in Böblingen und an anderen Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) im Kreis bereits seit dem 11. Januar wieder Präsenzunterricht statt.

KREIS BÖBLINGEN - Seit Montag findet an den Grundschulen im Land wieder Präsenzunterricht statt. Während dieses Thema berechtigterweise in den Medien große Aufmerksamkeit bekommt, sind die Schüler und Lehrkräfte an einigen Schulen schon seit dem 11. Januar wieder in die Klassenräume zurückgekehrt. Die Rede ist von Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZen). Genauer gesagt geht es um Schulen mit den Förderschwerpunkten auf geistige Entwicklung und auf körperliche und motorische Entwicklung.

Neben der Böblinger Käthe-Kollwitz-Schule arbeiten im Kreis Böblingen noch die Bodelschwinghschule in Sindelfingen, die Friedrich-Fröbel-Schule in Herrenberg sowie die Karl-Georg-Haldenwang-Schule in Leonberg im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, an der Winterhaldenschule in Sindelfingen liegt der Schwerpunkt auf der motorischen Entwicklung.

Ausdrücklicher Auftrag für Förderschulen

Wie das Kultusministerium auf seiner Website mitteilt, muss ein solches SBBZ den Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen ausdrücklich fortführen. „Diese Kinder und Jugendlichen sind durch den Fernunterricht nur sehr schwer zu erreichen. Je nach den individuellen Voraussetzungen ist ein Lernen im Fernunterricht überhaupt nur mit intensiver Unterstützung von Eltern realisierbar“, argumentiert das Kultusministerium.

Die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln bedeutet schon für den Betrieb an regulären Schulen eine immense Herausforderung. In der Arbeit mit geistig und körperlich behinderten Schülern ist dies zum Teil schlichtweg unmöglich. Ursula Knauf, die kommissarische Schulleiterin an der Böblinger Käthe-Kollwitz-Schule, bestätigt dies. „Wir halten uns an die Hygienevorschriften. Aber das geht bei uns natürlich nur mehr oder weniger gut“, verweist sie auf den besonderen und sehr individuellen Betreuungsbedarf der Kinder und Jugendlichen. „Unterricht findet bei uns an der Schule in sehr unterschiedlichen Formen statt“, erklärt sie. In einigen Gruppen seien die Schüler einfach nicht in der Lage, still am Platz zu sitzen. „Die müssen sich bewegen und lernen nicht durchgängig still am Platz sitzend“, sagt die Sonderpädagogin.

Abstands- und Hygieneregeln nur schwer einhaltbar

Hinzu kommt, dass einige Schüler aus unterschiedlichsten Gründen keine Maske tragen können oder wegen ihrer Beeinträchtigungen auf eine enge körperliche Betreuung angewiesen sind. Deshalb sind beim Unterricht nicht nur Lehrkräfte mit im Raum, sondern gegebenenfalls auch Freiwillige im Sozialen Jahr beziehungsweise Bundesfreiwilligendienstler (Bufdis) sowie Schulbegleitungen.

All dies macht die Arbeit unter Pandemiebedingungen an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit den genannten Förderschwerpunkten sehr schwierig. Die Ankündigung des Kultusministeriums vom 6. Januar, dass die SBBZen geöffnet werden sollen, habe deshalb bei einem Teil der Lehrkräfte der Käthe-Kollwitz-Schule zunächst einmal große Betroffenheit ausgelöst, berichtet Ursula Knauf – zumal die Grundschulen ja weiter geschlossen blieben. Bei einigen Kolleginnen und Kollegen traf diese Entscheidung auf völliges Unverständnis. Ursula Knauf spricht von einer „emotional sehr schwierigen Situation“.

Spagat zwischen unterschiedlichen Bedürfnissen

Für sie als Schulleiterin galt es dabei den Spagat zwischen unterschiedlichen Bedürfnissen zu meistern: Auf der einen Seite stehen die betreuungsbedürftigen Kinder und Jugendlichen sowie ihre Familien, die wegen des Unterrichtsausfalls vielfach an die Belastungsgrenze kommen. Auf der anderen stehen die Lehrkräfte und Betreuer, die sich nicht nur um die eigene Gesundheit sorgen, sondern auch um die der Schüler, die teilweise ebenfalls zur Risikogruppe gehören. Weiterhin befürchtet das Kollegium ein Ansteckungsrisiko bei der Schülerbeförderung.

„Zum Glück hat die Situation sich aber mittlerweile ein bisschen beruhigt“, sagt Ursula Knauf. Das liege zum einen daran, dass die Lehrkräfte den Unterricht mittlerweile wieder als machbarer und zumutbarer erleben würden. Dafür sorgen laut Knauf bereits verinnerlichte und funktionierende Hygienemaßnahmen wie etwa getrennte Eingänge für verschiedene Schülergruppen, Kohortenbildung, keine Vermischung der Klassen in Lerngruppen und vieles mehr.

Zum anderen behalte ein Teil der Eltern ihre Kinder weiterhin zuhause und handhabe das auch in den kommenden Wochen so. Grundsätzlich herrscht zwar Schulpflicht, die Entscheidung, ob die Kinder am Präsenzunterricht teilnehmen, bleibt aber den Familien überlassen.

Laut Ursula Knauf besuchen derzeit rund 80 Prozent der Schüler den Unterricht an der Schule – Tendenz steigend. Der andere Teil werde von den Lehrkräften mit Lernangeboten zu Hause versorgt.

Eine gute Nachricht erreichte die Schulleitung bereits vor einigen Wochen vom Kultusministerium: Demnach wurde das SBBZ-Personal nach scharfem Protest vieler Lehrkräfte in eine Gruppe mit höherer Impf-Priorität aufgenommen. Konkret werden die Beschäftigten in diesem Bereich künftig der Kategorie 2 (statt bisher 3) der Impf-Verordnung zugeordnet und somit mit dem Personal in der stationären Pflege gleichgestellt. Mittlerweile nehmen die Sonderpädagogen damit aber keine Sonderstellung mehr ein: Mit der Öffnung von Grundschulen und Kindergärten zu Beginn der Woche hat das Land diese Regelung auch auf das dort tätige Personal ausgeweitet.

Schnelltests versprechen Entlastung

Eine weitere große Entlastung versprechen die Schnelltests, mit denen der Landkreis jetzt nach den Winterferien einen sicheren Schulbetrieb an den SBBZen ermöglichen will. An der Käthe-Kollwitz-Schule wurden dafür zuletzt drei Mitarbeiterinnen geschult, um die Tests fachgerecht anzuwenden. „Das ist eine ganz, ganz gute Sache“, hört man Ursula Knauf die Erleichterung in der Stimme deutlich an, „denn das gibt uns ein Stück mehr Sicherheit.“