Warum in die Ferne schweifen: Solides Rockhandwerk gibt es auch in Sindelfingen zu hören – wie The Cube beweisen. Foto: Bernd Epple

Jimi Hendrix, Chuck Berry und Van Morrison: Im Pavillon kommen Größen der Rockmusik zu Ehren – und hiesige Bands zu Auftritten.

Regionalen Bands eine Bühne geben – das ist der Vorsatz, den die ehrenamtlichen Organisatoren der IG Kultur aus Sindelfingen gefasst und auch umgesetzt haben. Mit Erfolg. Nicht nur bei regionalen Bands kommt das neue Format „Rocknight“ gut an, auch beim Publikum. Der Auftakt vor Christi Himmelfahrt war bestens besucht, die Konzerte um Pfingsten waren gefragt – und die dritte Veranstaltung, am Mittwoch vor Fronleichnam ebenso.

Solides Rockhandwerk

Rund 50 Besucher kamen in den Pavillon am Calwer Knoten, wo an diesem Abend Jett-Set und The Cube aufspielten. Hilmar Kallweit vom Vorstand der IG Kultur und Mitarbeiter Pit Bäuerle waren sich einig: „Wir sehen es als Teil unseres Auftrages, die lokale Kultur zu stärken und nicht nur die ,Großen’ auf die Bühne zu holen“. Bäuerle war diesmal selbst einer der Akteure die zeigen konnten, dass man nicht in die Ferne schweifen muss, um solides Rockhandwerk in Sindelfingen erleben zu können.

Im klassischen Rock-Trio à la Jimi Hendrix oder Cream griff er mit einer Fender Stratocaster-Gitarre gemeinsam mit Bassist Klaus Muth in die Saiten. Ihm zur Seite standen Dieter Ben Kauffmann, Ex-Drummer der einstigen Sindelfinger Kultband Baobab, die in den 70ern den Jazzrock in die Daimlerstadt brachte. Neu dabei bei The Cube war die Sängerin Cora Schuppel, die Bäuerles raue Bluesstimme mit sonorem Timbre ergänzte.

Doch erst mal mussten sich die Fans dieser Local Heroes gedulden, denn Jett-Set aus Jettingen eröffnete den rund zweistündigen Reigen der Oldies. Die fünf Herren um die 60, die im vergangenen Jahr das 50-jährige Bestehen des Gemeindezusammenschlusses von Unter- und Oberjettingen musikalisch umrahmen durften, hatten die Besucher umgehend auf ihrer Seite.

Zurück in die Sixties

Mit Songs wie „Brown Eyed Girl“ (Van Morrison), „Looking Out My Back Door“ (CCR), „Route 66“ (Chuck Berry), „Hoochy Coochy Man“ (Muddy Waters) oder „Born To Be Wild“ (Steppenwolf) spielten sie sich direkt in die Tanzbeine und Herzen der Besucher und Besucherinnen. Drei tolle Stimmen und diverse Blues-Harps taten ein Übriges. Mit der Besetzung zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug und Stage-Piano waren sie stilistisch sehr variabel aufgestellt und versprühten jede Menge Spielfreude. Das kam an und umgehend sah man sich in die „Good Old Sixties and Seventies“ zurückversetzt.

Nach diesem gelungenen Auftakt durfte The Cube ran. Die Zeitmaschine verweilte nur allzu gerne in genannten Dekaden, denn auch Bäuerle und seine Mitspieler zeigten wo der Rock-Barthel den Most holt. Mit „Substitute“ (The Who), „Wild Thing“ (The Troggs) oder „You Really Got Me” (The Kinks) fuhren sie allerdings eine härtere Gangart als ihre Vorgänger. Seine Liebe zur Rocklegende Jimi Hendrix („Hey Joe“ / „Red House“) beschrieb der knapp 72-jährige Bäuerle folgendermaßen: „Dank Gnade der frühen Geburt, durfte ich diese Ikone vor seinem allzu frühen Tod zweimal erleben, und als wir vor vielen Jahren in Frankreich auf einem Stadtteilfest spielten, tanzten zwei ältere Damen zu „Red House“ einen Stehblues; also tut euch keinen Zwang an“.

Fortsetzung folgt

Zwei ältere Damen, die eine zweite Auflage hätten liefern können, gab es im Publikum offensichtlich nicht. Dennoch war die Freude an solidem Rockhandwerk auch auf die Besucher übergeschwappt. Jörg Hamms Fazit etwa klang so: „Diese Reihe hätte man schon länger einführen können!“

Aber: Besser jetzt als nie. Corona hat natürlich auch Amateurbands mächtig ausgebremst. Umso engagierter gehen sie und auch Veranstalter wie die IG Kultur nun ans Werk. Am heutigen Samstag um 20 Uhr beschließt Remedy aus Kornwestheim die Frühjahrsstaffel des neuen Formats. Freunde des Rock-Grooves dürfen sich aber schon auf weitere Rocknights im Herbst freuen.